Naturschutz mit und für Münsinger Kinder:Was die Eisgabel gefährlich macht

Lesezeit: 2 min

Mit dem Boot der Wasserwacht erkunden die Münsinger Grundschüler ein Naturschutzgebiet mit seltenen Pflanzen am Starnberger Seeufer. (Foto: Hartmut Pöstges)

In einer Projektwoche lernen die Münsinger Grundschüler, wie Plastik Mensch und Natur schaden kann.

Von Benjamin Engel, Münsing

Fast enttäuscht wirkt der zehnjährige Jack nach zwei Stunden mit der Ammerlander Wasserwacht am Starnberger See. "Das hat Spaß gemacht", schildert der Viertklässler von der Münsinger Grundschule. "Aber leider haben wir kein Plastik gefunden." Gemeinsam mit den Mitgliedern der Wasserwacht haben die Dritt- und Viertklässler aus Münsing den See am Montag auf Plastikrückstände untersucht. Mit einem extra feinen Netz wollten sie sogar sogenanntes Mikroplastik - darunter fallen Partikel mit einem Durchmesser unter fünf Millimetern - aufspüren. Doch das blieb nach Stunden im See am Steg der Ammerlander Wasserwachtstation ohne sichtbare Rückstände.

Die Aktion ist Teil der Projektwoche zur Plastikvermeidung an der Münsinger Grundschule. Noch bis Freitag setzen sich alle Schüler mit dem Thema intensiv auseinander. Wie Rektorin Angret Pauli erklärt, habe jede Klasse ein spezifisches Projekt. Die einen stellten beispielsweise Bienenwachstücher als Ersatz für Frischhaltefolien her. Andere lernten, selbst Haarshampoos anzusetzen und in Gläser abzufüllen. Denn sogar in Kosmetika komme Mikroplastik vor. Für alle Klassen gibt es einen Informationsworkshop mit Melanie Eben vom Verein Oberland Plastikfrei.

Weil Plastikpartikel in die Nahrungskette der Lebewesen in und um die Gewässer gelangen können, sind sie so gefährlich. Damit können Tiere bei vollem Magen praktisch verhungern. Zudem nehmen die Lebewesen giftige organische Stoffe auf, die gesundheitsschädigend sind. Zu konkreten Gesundheitsgefahren von Mikroplastik gibt es bis dato noch keine Erkenntnisse.

Problematisch an Plastik ist, dass der Stoff nur sehr langsam und nicht vollständig verrottet. So kann selbst eine achtlos an der Eisdiele am Münsinger Dorfplatz weggeworfene Plastikgabel zumindest partikelweise bis ins Meer gelangen. Mit diesem praktischen Beispiel verdeutlichte Tanja Munzinger von der Wasserwacht den Kindern die Problematik. Denn über den durch Münsing fließenden Lüssbach könne es das Plastik bis in den Starnberger See spülen. Fresse es nicht vorher eine Ente oder ein Fisch, könnten Partikel über die Würm und weitere Flüsse bis in das Schwarze Meer gelangen. Daher empfiehlt Munzinger auf Plastikgabeln und -flaschen lieber zu verzichten, stattdessen welche aus umweltfreundlicheren Materialien zu verwenden.

Für den Viertklässler Jack ist das schon fast selbstverständlich. Er berichtet, dass er zum Sport immer eine Trinkflasche mitnehmen. "Nur wenn es hektisch wird, nehme ich eine Plastikflasche", sagt er. Zum Einkaufen verwende seine Mutter Stofftaschen. Sie hätten sogar Schokolade in Stoffverpackungen.

Am meisten gefiel den Schülern, als sie mit dem Boot der Wasserwacht auf dem See fahren durften. Es ging vor einen Uferstreifen in einem 800 Meter langen Naturschutzgebiet. Wie Thomas Wendler erklärt, rette die Wasserwacht zwar Leben, kümmere sich aber auch um die Umwelt. In dem kleinen abgezäunten Naturschutzgebiet wüchsen echte Pflanzen-Raritäten. Dort komme etwa das Bodensee-Vergissmeinnicht vor. Das seltene Flechtengewächs sei praktisch schon weltweit ausgestorben. An der Stelle am Starnberger Seeufer könne es wegen der besonderen mineralischen Bodenverhältnisse - hier entspringen am Gewässerboden kalte Quellen - überhaupt nur gedeihen.

Zudem wachse auch der gefährdete bunte Schachtelhalm in dem Bereich. "Das Ufer ist so natürlich, wie es früher am See gewesen ist", sagt Wendler. Rein ehrenamtlich unterstützt er die untere Naturschutzbehörde in Starnberg im Bereich zwischen Leoni und Seeshaupt. Er achte darauf, dass niemand Müll im sensiblen Uferbereich zurücklasse oder "wilde" Feuer mache.

Vor allem beeindruckte Jack und den gleichaltrigen Max, als sie von den fast schon ausgestorbenen Pflanzen am Starnberger hörten. Daher glaubt Grundschulrektorin Pauli besonders mit solchen Aktion, die Schüler für Natur- und Umweltschutz sensibilisieren zu können. In der Projektwoche gehe es darum, mit den Kindern nach Alternativen zum Plastik im Alltag zu suchen, sagt sie. Im örtlichen Supermarkt untersuchten die Schüler, welche Produkte in Plastik verpackt seien. Zudem verteilten die Kinder selbst gefertigte Stofftaschen an die Kunden. Zum Abschlussfest am Freitag führten sie ein Theaterstück auf. Darin spielten die Schüler Archäologen in der Zukunft. "Sie finden 200 Jahre alte Plastikteile im Boden, die wie neu aussehen."

© SZ vom 12.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: