Liederabend:Der richtige Platz für den guten Geist

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Volles Haus bei Willi Sommerwerks Benefizkonzert zugunsten der Geretsrieder Brandopfer im "PapperlaPub". Das Publikum spendet 1600 Euro, und der Bürgermeister freut sich über die Solidarität.

Von Felicitas Amler, Geretsried

Abends ausgehen, alte Freunde auf ein zwei Gläschen treffen, neue Leute kennenlernen, nichts essen müssen, aber doch auch einen Happen bestellen können, und wenn's unterhaltsam ist, auch mal bis nach Mitternacht sitzen bleiben: Gar nicht so einfach, in Geretsried so einen Treff zu finden. In der mit 24 000 Einwohnern größten Stadt des Landkreises mangelt es notorisch an Kneipen. Von einer Szene gar nicht zu reden. Stephan Heinle, Sprecher der Initiative "Zukunft. Perspektive. Geretsried", hat dies kürzlich anschaulich geschildert: Auf dem Heimweg zu Fuß von einer Veranstaltung im Schulzentrum wollten seine Frau und er noch schnell irgendwo auf ein Glas einkehren - und fanden auf dem Weg bis Gartenberg nichts.

Sie hätten in die andere Richtung gehen müssen: Gar nicht weit von den Schulen an der Adalbert-Stifter-Straße gibt es das "PapperlaPub", das zumindest an vier Tagen in der Woche abends und nachts geöffnet hat. Eine karreeförmig angelegte Bar, an der man stehen und plaudern kann, 75 Sitzplätze auf zwei verschiedenen Ebenen, eine von Holz und nostalgischen Attributen - alte Uhren, Schwarz-Weiß- Fotografien und rostiges Werkzeug an den Wänden - geprägte Atmosphäre: Genau das Ambiente, das Willi Sommerwerk für sein Benefizkonzert suchte. Und der Geretsrieder Musiker hatte Glück, das PapperlaPub war rappelvoll am Samstagabend, als er mit Songs von Harry Belafonte bis Mike and the Mechanics um Spenden für die Geretsrieder Brandopfer warb. Am Ende waren 700 Euro im Sektkübel, den Sommerwerk aufgestellt hatte. Und da die jungen Wirtsleute Nicole Barth, Luca Krösche und Jens Schöller versprochen hatten, wie viel auch immer zusammenkäme - sie würden den Betrag verdoppeln, sind es 1400 Euro plus eine schon zuvor eingegangene Einzelspende von 200 Euro.

"Wir kennen den Willi. Wir finden, das ist eine super Idee."

Das Mitgefühl für die vier Mietparteien aus der Sudetenstraße, die durch den verheerenden Brand in der Silvesternacht ihre Bleibe mindestens für ein Dreivierteljahr verloren haben, ist in Geretsried groß. "Sie tun uns total leid", sagten etwa Beatrix Florek und Bernd Selent am Samstag im PapperlaPub, "wir haben in der Zeitung von dem Konzert gelesen und kennen den Willi. Wir finden, das ist eine super Idee." Florek sagte, sie stamme aus Köln: "Da gibt's Kneipen an jeder Ecke." In Geretsried fehle das "hundertprozentig"; auch ein kleines Weinlokal würde sie sich wünschen.

Ulrike Margarete Sixt ist ebenfalls eine gute Bekannte von Sommerwerk und war schon deswegen am Samstag dabei - aber auch, so sagte sie, weil sie wisse, dass zwar über zwei der vom Brand Betroffenen in den Lokalzeitungen berichtet worden sei, es aber vier seien, denen man helfen müsse.

Mondi Hattab, Andreas Moser und Kerstin Gessinger sind regelmäßig in der Kneipe im früheren Kino-Gebäude an der Adalbert-Stifter-Straße: Man treffe dort immer "die erweiterte Clique", sagten sie, und dreimal im Monat sei donnerstags Quizabend. Das Benefiz sei ein zusätzlicher Grund gewesen, am Samstag mal wieder reinzuschauen: "Ich würde mich in so einer Situation auch freuen, wenn jemand mir helfen würde", sagte Gessinger. Ihre beiden Begleiter stimmten zu: Die Leute seien schließlich unverschuldet "in eine Katastrophe" geraten.

"Das ist der Geist unseres Ortes", meinte Bürgermeister Michael Müller (CSU), der am Benefiz teilnahm und in einem kurzen Grußwort an die Solidarität aller appellierte. Unter dem Applaus des Publikums sagte er, diese Solidarität hätten die Geretsrieder bereits in der Brandnacht gezeigt: "Das macht mich stolz."

Willi Sommerwerk hatte den Abend mit den Worten eröffnet, es seien ja nicht alle da, weil sie ihm zuhören wollten, sondern eben wegen des guten Zwecks. Tatsächlich aber erreichte er mit den Liedern, die er zur eigenen Gitarre sang, einen Großteil der Zuhörer. Sei es, dass sie sich an ihre Jugend erinnert fühlten und bei der österreichischen Version der Kris-Kristofferson-Ballade "Help me make it through the night" mitsummten ("Gö, du bleibst heut Nacht bei mir"). Sei es, dass sie als Eishockeyspieler oder Fans lautstark "Es lebe der Sport" von Rainhard Fendrich mitsangen. Das PapperlaPub ist nämlich auch ein Treff der River Rats. So was immerhin gibt es in Geretsried.

Willi Sommerwerk übergibt die Spendensumme von 1600 Euro am Mittwoch im Rathaus an den Bürgermeister. Die Stadt wird dafür sorgen, dass das Geld an die vom Brand Betroffenen verteilt wird.

© SZ vom 29.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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