Vermietung:München als Vorbild im Kampf gegen illegal vermietete Wohnungen

Lesezeit: 3 min

  • Der Freistaat hat den Menschen, die illegal ihre Wohnungen vermieten, den Kampf angesagt.
  • Das Gesetz über die Zweckentfremdung von Wohnraum läuft 2017 aus, doch der bayerische Innenminister stellt eine unbefristete Verlängerung in Aussicht.
  • Vor allem in München ist der Wohnraum ohnehin knapp - und er wird noch knapper, wenn sich Medizintouristen oder Urlauber in Wohnungen einmieten.

Von Heiner Effern und Sven Loerzer

München soll bayernweit Vorbild im Kampf gegen illegal vermietete Wohnungen werden. Das sagt der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Der Freistaat werde seinerseits die rechtliche Basis dafür schaffen. Das Gesetz über die Zweckentfremdung von Wohnraum läuft 2017 aus, doch Herrmann stellt eine unbefristete Verlängerung in Aussicht. "Dazu soll es auch künftig eine gesetzliche Grundlage geben," sagt der Innenminister. "Wir prüfen derzeit den Anpassungs- und Änderungsbedarf und stehen dabei auch in engem Kontakt mit der Landeshauptstadt München."

Für die kann es in Zukunft nur in eine Richtung gehen: Der Freistaat müsse das Gesetz noch verschärfen, sagt Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Dafür habe es bislang aber keine Anzeichen gegeben, noch im Jahr 2014 habe Herrmann das als unnötig zurückgewiesen. "Auf den entsprechenden Gesetzentwurf bin ich gespannt. Herrn Staatsminister Herrmann ist ja bekannt, dass die schon bestehenden gesetzlichen Regelungen zum Vollzug nach unseren Erfahrungen nicht ausreichend sind."

Zweckentfremdung
:München kommt nur schwer gegen Medizintourismus an

Das Geschäft mit illegalen Vermietungen scheint zu lukrativ zu sein - und der Respekt vor der Rechtsordnung zu gering.

Von Sven Loerzer

Herrmann hatte die Stadt aber schon damals aufgefordert, bis Juni 2016 über ihre Erfahrungen mit dem Gesetz zu berichten - gerade im Hinblick auf die verbotene Vermietung von Wohnungen an Touristen. Insbesondere die illegale Vermittlung von Wohnungen an Patienten bereite große Schwierigkeiten, heißt es nun von der Stadt. Der Bericht ist laut Reiter wie vereinbart an den Freistaat gegangen. "Wenn die bayerische Staatsregierung jetzt tatsächlich auf diese Linie der Landeshauptstadt München einschwenken sollte und die landesgesetzlichen Regelungen anpasst, wäre das mehr als hilfreich", sagt Reiter.

Auf Basis dieses bayerischen Gesetzes kann jede Kommune eine Satzung erlassen, mit der sie gegen illegales Vermieten vorgeht. Da die Wohnungsnot in München extrem groß ist, gehört die Stadt dabei zu den Vorreitern. Denn die Zahlen sind alarmierend: Laut einer Studie des Immobilienentwicklers GBI übernachten in München pro Jahr etwa 1,9 Millionen Besucher in gut 4300 Quartieren, die über Internetportale vermittelt werden. Möglicherweise sind die tatsächlichen Zahlen noch deutlich höher.

Das illegale Geschäft teilt sich in zwei Bereiche: Eine Gruppe professioneller Vermarkter vermittelt Wohnungen an reiche Patienten, die sich in München über mehrere Wochen oder noch länger medizinisch behandeln lassen. Oft liegen diese Unterkünfte nahe an Kliniken, zum Beispiel am Arabellapark. Viele Eigentümer stellen ihre Wohnung jedoch einfach in Internetportale wie Airbnb, Wimdu oder Fewo-direkt ein. An Touristen zu vermieten bringt oft dreimal mehr Ertrag als eine als eine reguläre, dauerhafte Vermietung. All diese Wohnungen fehlen dann aber auf dem freien Mietmarkt, was die Preise in München angesichts des ungebrochenen Zuzugs noch weiter in die Höhe treibt.

Die Bußgelder sollen erhöht werden

Um besser gegen eine solche Zweckentfremdung vorgehen zu können, setzt auch die CSU auf eine Gesetzesverschärfung. Ihr sozialpolitischer Sprecher im Rathaus, Marian Offman, macht sich jedenfalls dafür stark: "Die aktuelle steigende Zahl von Zweckentfremdungen für Feriengäste und Medizintouristen hat inzwischen eine Qualität angenommen, der mit der Novellierung des Gesetzes begegnet werden sollte." So sollte der Bußgeldrahmen für Verstöße von 50 000 Euro auf 500 000 Euro steigen. Eine Ferienwohnung anzubieten und zu bewerben, etwa in einschlägigen Internetportalen, müsse als Ordnungswidrigkeit geahndet werden können.

Wohnen in München
:Neue Sonderermittler sollen gegen Zweckentfremdung vorgehen

Die Stadt will so illegale Vermietungen auf Internetportalen wie Airbnb oder Wimdu aufdecken. Doch der Erfolg ist bislang überschaubar.

Die SPD will den Kampf gegen illegales Vermieten sogar mit einer Art Spitzelportal für Nachbarn verschärfen. Auf einer Internetplattform der Stadt soll jeder Anwohner verdächtige Wohnungen und Eigentümer melden können. An diesem Plan, der in Berlin bereits umgesetzt ist, gibt es aber auch Kritik: Die meldenden Nachbarn dürfen dies nämlich anonym tun. SPD-Sozialpolitiker Christian Müller verteidigt den Vorstoß seiner Partei. Die Anwohner müssten anonym bleiben können, weil sie sonst "Repressionen" von Nachbarn fürchten müssten. Und kein Münchner, "der sich an Recht und Gesetz hält", habe Grund zur Sorge. Sondern nur diejenigen, "die das Gemeinwohl schädigen". Denn Touristen nutzten zum Beispiel die Infrastruktur der Stadt oft mehr als die Einheimischen, ohne aber dafür zu zahlen.

Innenminister Herrmann hat bereits in Aussicht gestellt, den Bußgeldrahmen auf 100 000 Euro zu erhöhen sowie den Vollzug des Zweckentfremdungsrechts zu erleichtern. Die Gemeinden könnten zum Beispiel weitere spezielle Auskunftsrechte zu Wohnungen erhalten oder auch die Möglichkeit zu wirkungsvolleren Sanktionen, wenn sich Vermieter nicht kooperativ zeigen. "Ungenehmigte Vermietungen von Wohnungen, etwa an sogenannte Medizintouristen, sind nicht hinnehmbar, da hier dem Mietmarkt gezielt Wohnraum entzogen wird", sagt Herrmann. "Wir setzen hier auch auf konsequenten Vollzug durch die Landeshauptstadt München."

© SZ vom 15.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: