Universität:Was tun, wenn einem das Studium über den Kopf wächst?

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Lernen, wenn niemand sonst da ist? Viele Studierende haben Probleme, ihren Tagesablauf zu organisieren - und sich zu motivieren. (Foto: Claus Schunk)
  • Etwa 13 000 Studierende kamen 2016 in eine der Beratungsstellen des Studentenwerks in München, Freising oder Rosenheim.
  • Auffällig ist: Von den Studenten, die psychologische Beratungen aufsuchten, hatte jeder Zweite Probleme, sein Studium zu absolvieren.
  • In einem "Studierendencoaching" kann man nun lernen, mit den Herausforderungen an den Hochschulen besser umzugehen.

Von Jakob Wetzel

Oft scheitert es bereits an der Zeitplanung. Wie soll man als frischgebackener Student den Alltag strukturieren? Wann heißt es lernen, wann ist Freizeit, wie viel Zeit bleibt für den Nebenjob? Im Vergleich zur Schule lasse einem die Uni viel Freiheit, da brauche es Disziplin, sagt Juliane Heess, Beratungspsychologin beim Münchner Studentenwerk. Andernfalls würden sich die Probleme anstauen. Und wenn die Studierenden dann Hilfe suchen, dann sei es oft fast schon zu spät.

Etwa 13 000 Studierende kamen im vergangenen Jahr in eine der Beratungsstellen des Studentenwerks in München, Freising und Rosenheim. Sie kamen nicht alle wegen Problemen mit dem Studium; die Berater helfen bei verschiedensten Fragen, beim Beantragen eines Stipendiums etwa oder in juristischen Belangen.

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Doch unter denen, die mit seelischen Nöten in die Psychosoziale und Psychotherapeutische Beratungsstelle kamen, hatte jeder zweite Probleme damit, sein Studium zu absolvieren, sagt Heess: Die jungen Leute kamen mit Prüfungsangst, mit Antriebslosigkeit, mit der kurz vor dem Abschluss plötzlich akuten Frage, ob das Fach wirklich das richtige sei. Deshalb leitet die Psychologin nun ein neues Angebot des Studentenwerks, das "Studierendencoaching". Das heißt: Sie bringt Studenten bei, wie man im Studium bestehen kann.

"Ich erarbeite mit den Studierenden zunächst, was sie richtig machen, und was nicht so gut funktioniert", sagt Heess. Dabei erläutere sie etwa Methoden, wie man mit Stress fertig wird, gibt Tipps, wie man effektiver lernen kann oder Ratschläge, wie sich der Tag gliedern lässt.

Eine Regel gebe sie fast allen Studenten mit, sagt die Psychologin: die Drei-mal-acht-Regel. Ihr zufolge sollte man jeden Tag jeweils acht Stunden schlafen, lernen und Freizeit verbringen. Ein Tag in der Woche sollte komplett frei sein. Und wer einen Job habe, um sein Studium zu finanzieren, der sollte nur bis zu zehn Stunden pro Woche arbeiten, "sonst wird es schwierig".

Lernen, wie man das Leben als Student meistert, konnte man in der Vergangenheit auch. Doch bislang habe man die Ratsuchenden, an externe Coaches vermittelt, sagt Heess. Für die Studierenden konnte das zum Teil teuer werden.

Juliane Heess bringt Struktur ins Leben der Studierenden. (Foto: Oliver Sold)

Seit August bietet die Psychologin das Studierendencoaching nun für das Studentenwerk selbst an, ebenso auf Uniprobleme spezialisiert, aber eingebunden in das übrige Beratungsangebot und kostenlos. Heess führt Einzelgespräche oder leitet Gruppensitzungen, je nachdem, wie sich die Studierenden öffnen. Insgesamt plane sie für jeden fünf bis zehn Termine ein; anfangs treffe man wöchentlich zusammen, später in größeren Abständen.

Seit August zähle sie bereits 40 Anmeldungen; sie habe bereits 50 Gespräche geführt. Jeden könne sie aber nicht betreuen, dafür fehle schlicht die Kapazität. Deshalb bespricht sie mit den Studierenden auch, wo sie an ihrer Hochschule oder Universität ebenfalls Hilfe finden können.

"Studierende sollten sich bei uns melden, bevor ihnen die Situation über den Kopf wächst", sagt Heess. Dann werde geklärt, welches Angebot passt, und mit ausreichend Zeit könne man gut helfen. Leider aber kämen die Studenten häufig auf den letzten Drücker, sagt sie. Einen Satz höre sie immer wieder: "Ich hätte schon viel früher kommen sollen."

© SZ vom 07.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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