Umzugspläne:Mathematiker ziehen in die Frauenklinik

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  • Die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) will ihre Institute für Mathematik, Informatik und Statistik in die Isarvorstadt verlagern.
  • Voraussichtlich im Jahr 2022 soll der Umzug in das Gebäude der heutigen Frauenklinik der LMU an der Maistraße stattfinden.
  • Der Auszug der dortigen Gynäkologie und Geburtshilfe ist schon lange geplant.

Von Jakob Wetzel, München

Der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) steht ein großer Umzug bevor: Zu Beginn des nächsten Jahrzehnts sollen die Institute für Mathematik, Informatik und Statistik in die Isarvorstadt verlagert werden. Das bestätigte Uni-Präsident Bernd Huber am Dienstag. Professoren und Studenten sollen voraussichtlich im Jahr 2022 in das Gebäude der heutigen Frauenklinik der LMU an der Maistraße ziehen. Dass deren Tage gezählt sind, steht seit Jahren fest; nun zeichnet sich ab, wie es nach dem Auszug von Hebammen und Gynäkologen weitergeht.

Die letzte Entscheidung sei noch nicht getroffen, auch Details seien noch nicht beschlossen und die Kosten noch nicht seriös zu schätzen, sagt Huber. Über ein reines Gedankenspiel sei man aber hinaus. Die Universität beginne nun mit der konkreten Planung. An der Maistraße könne sie die bislang auf vier Gebäude verstreute Fakultät für Mathematik, Informatik und Statistik endlich vereinen. Außerdem bedeute der Plan ein Bekenntnis zum Standort Innenstadt: "Wir haben zuletzt viel in Großhadern und Martinsried investiert", sagt Huber. Nun wolle die LMU ähnlich wie mit ihrer Fachbibliothek Philologicum und dem Nano-Institut der Physiker am Englischen Garten, die derzeit im Bau sind, "ein paar Akzente im Zentrum" setzen.

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Die LMU profitiert dabei von den großen Plänen ihrer Uniklinik. In Großhadern errichtet diese bis 2022 eine neue Geburts- und Kinderklinik, das Neue Hauner. Parallel entsteht an der Ziemssenstraße in der Innenstadt eine Portalklinik. Sobald diese Projekte abgeschlossen sind, ist dort Platz für Gynäkologie und Geburtshilfe, und das traditionsreiche Gebäude an der Maistraße wird frei. Der genaue Umzugstermin ist deshalb abhängig davon, wie zügig die Arbeit an den verschiedenen Baustellen voranschreitet. "Das ist wie bei Dominosteinen, die einer nach dem anderen umfallen müssen", sagt Bayerns Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle (CSU). Weitere Schritte seien schon absehbar.

Dass die Mathe-Fakultät in die jetzige Frauenklinik ziehe, ergebe dabei Sinn sowohl für die Uni als auch für das Quartier, sagt Spaenle. Tatsächlich entkräften die Pläne Befürchtungen in der Nachbarschaft und im Stadtbezirk, dass sich nach dem Wegzug der Frauenklinik ein privater Investor einkaufen könnte, um in dem denkmalgeschützten Gebäude etwa teure Wohnungen in Bestlage einzurichten. Die Ängste waren laut geworden, obwohl Spaenle zufolge immer außer Frage stand, dass der Wissenschaftscharakter des Ortes gewahrt bleibe. Und auch die Befürchtung, mit dem Auszug aus der Maistraße fehlten künftig Kreißsäle in der Innenstadt, möchte die Uniklinik entkräften.

Die Frauenklinik an der Maistraße ist zwar nicht die größte Geburtsklinik in der Stadt, aber die traditionsreichste. Sie geht bis ins Jahr 1856 zurück, als an der Sonnenstraße eine der ersten deutschen Spezialkliniken für Geburtshilfe eröffnet wurde. Als dieses Gebäude, das später die Post beherbergte und heute für Veranstaltungen genutzt wird, den gestiegenen Anforderungen unter anderem an die Hygiene nicht mehr entsprach, zog die Klinik 1916 in den heutigen, von Theodor Kollmann entworfenen Bau, der von Münchnern meist nur liebevoll "die Maistraße" genannt wird.

Die Geburtshilfe in der Innenstadt soll erhalten bleiben

Nun steht der nächste Umzug bevor. Patienten müssten sich aber keine Sorgen machen, sagt ein Sprecher des Uniklinikums: Man werde die Versorgung an der Maistraße bis zum Schluss aufrechterhalten, um dann kompakt umzuziehen. Und geplant sei auch, dass die Geburtshilfe in der Innenstadt erhalten bleibt. Sobald das Neue Hauner fertiggestellt sei, ziehe zwar ein Großteil der LMU-Gynäkologie nach Großhadern; stationäre Patienten werden dann gebündelt im Münchner Südwesten betreut. Die Geburtshilfe aber wandere in die neue Portalklinik an der Ziemssenstraße; dort soll es vier Kreißsäle geben, ebenso viele wie bislang an der Maistraße. In dem Neubau soll eine ambulante gynäkologische Abteilung eingerichtet werden, die Planung ist noch nicht abgeschlossen.

Bei dem Umzug gehe es aber insgesamt weniger um die medizinische Versorgung der Münchner, sagt Wissenschaftsminister Spaenle: "Das ist Aufgabe der Kommune, nicht des Staates, und aus universitärer Sicht nachrangig. Sondern der Umzug dient dazu, die akademische Lehre und Forschung sicherzustellen." Das Wichtigste sei die Leistungsfähigkeit der Universität.

Für diese stellt sich nun die Frage, ob sie lediglich umziehen oder auch expandieren kann. Was mit den Flächen geschieht, die bislang von Mathematikern, Informatikern und Statistikern genutzt werden, müsse man noch sehen, sagt LMU-Präsident Huber. Es geht um vier Komplexe an der Ludwigstraße in Nähe des Siegestors, an der südlichen Amalienstraße, an der Oettingenstraße am Englischen Garten sowie vor allem an der Theresienstraße, unmittelbar neben den Pinakotheken und dem Museum Brandhorst. Hier müsse man zunächst sanieren, sagt Spaenle. Was danach geschieht, ist noch offen.

Die LMU würde sich "selbstverständlich" freuen, wenn sie die freiwerdenden Räume weiter nutzen könnte, sagt Huber. "Wir sind in den vergangenen Jahren ja stark gewachsen." Die Zahl der Studierenden steigt, und alleine bei der Exzellenz-Initiative habe die LMU in der Innenstadt ein Forschungscluster und zwei Graduiertenschulen eingeworben. Gerade im Bereich des Hauptgebäudes am Geschwister-Scholl-Platz sei die Lage jedoch sehr beengt. "Wir wollen im Zentrum von München bleiben", sagt Huber. "Aber das setzt voraus, dass wir expandieren können."

© SZ vom 22.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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