Oberpfaffenhofen:Ende einer Ära

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Letzte Mission der Raumführe `Atlantis`: Astronauten und Wissenschaftler verfolgen im DLR in Oberpfaffenhofen die Landung des Spaceshuttles.

Patrizia Steipe

Um fünf vor zwölf Uhr mitteleuropäischer Zeit ist am gestrigen Donnerstag die 30-jährige Ära der Spaceshuttle zuende gegangen. Nach ihrer 13-tägigen Mission zur Internationalen Raumstation (ISS) landete die Atlantis auf dem Weltraumbahnhof der NASA in Cape Canaveral. Zum Gelingen der Landung hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) nichts beigetragen. Trotzdem haben sich deutsche Astronauten, Wissenschaftler, Journalisten und die Spitze des DLR-Forschungszentrums, Johann-Dietrich Wörner und Jutta Graf, im Columbus-Kontrollzentrum zusammengefunden, um die Landung an den Monitoren zu begleiten.

Raumfähre 'Atlantis' gelandet Letzte Landung der Raumfähre 'Atlantis': Noch bei Dunkelheit setzte die letzte aktive Raumfähre der NASA am Donnerstagmorgen auf der Bahn des Kennedy-Space-Centers auf Cape Canaveral auf. Ein Ereignis, das in Oberpfaffenhofen zahlreiche Zuschauer in das German Space Operation Center der DLR gelockt hatte. Mit dabei die beiden deutschen Astronauten Reinhold Ewald und Ulrich Walter sowie Professor Johann-Dietrich Wörner, Vorstandsvorsitzender der DLR. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Ein roter Punkt bewegt sich entlang einer gelben Linie. Die "Atlantis" ist das letzte Spaceshuttle im All. Der deutsche Astronaut Ulrich Walter fiebert mit seinen amerikanischen Kollegen mit. 1993 ist er selbst im Spaceshuttle Columbia geflogen. "Das Hauptproblem ist die Geschwindigkeit abzubauen", sagt Walter, der sich zum Abschied seinen blauen Astronauten-Overall angezogen hat. Im All fliegt der Shuttle mit 28 000 Stundenkilometern, "15 mal so schnell wie eine Pistolenkugel". Beim Aufsetzen darf der Shuttle höchstens 350 Stundenkilometer schnell sein. Wenige Minuten vor "Touch down" wird es spannend. Commander Chris Ferguson übernimmt das Steuer. "Das Ding muss er auf den Punkt genau landen", erklärt Walter. Eine zweite Chance gibt es nicht. Für dieses schwierige Manöver verlässt sich die Crew nicht auf den Autopiloten. Hier ist die Erfahrung des Commanders gefragt. Die Zuschauer in Oberpfaffenhofen bekommen die Aussicht aus dem Cockpit eingeblendet. Aus dem Dunkel der Nacht sieht man den hellen Horizont. Die Sonne geht gerade auf in Florida. Plötzlich geht es in die Tiefe, die Raumfähre strebt der Erde in einem Winkel von 20 Grad entgegen.

Das ist, als ob ein Stein vom Himmel fällt", beschreibt Walter. Ein Jumbo-Jet benötigt zum Vergleich gerade einmal drei Grad. Dann geht es schnell. Noch 150 Meter bis zur Landung, 100 Meter, "jetzt hat er aufgesetzt", freut sich Walter. Der Shuttle rast mit geöffnetem Bremsfallschirm über die Landebahn. "Eine wunderschöne Landung", lobt Walter. Im DLR beginnen die Zuschauer zu Klatschen. "Im Shuttle werden die Astronauten dem Commander auf die Schultern klopfen", mutmaßt Walter.

Bis die Männer aus ihrem engen Raumfahrzeug befreit werden, dauert es. "Im Shuttle ist es heiß wie in der Sauna und die Luft ist schlecht", weiß Walter. Der erste Atemzug mit frischer Luft sei eine Wohltat. Auch Aufstehen können die Astronauten noch nicht, sie haben mit der Schwerkraft zu kämpfen. "Man hat das Gefühl für das eigene Körpergewicht verloren". Die Astronauten könnten sogar ohnmächtig werden, weil der Körper den Blutdruck noch nicht halten kann. Deswegen werden sie liegend aus dem Shuttle geholt. "We will miss you - good bye" steht auf dem Monitor im DLR.

Der Spaceshuttle gehört jetzt zum Alteisen und soll in einigen Monaten im Kennedy Space Center ausgestellt werden. Ehrensache, dass Walter den Shuttle dort besuchen wird. Aber eigentlich zieht es ihn wieder ins All. "Haben Sie ein Ticket für mich? Ich fliege sofort", scherzt Walter. Dafür müsste er aber nun eine Sojus-Kapsel nehmen. Das ist derzeit die einzige Gelegenheit, um zur ISS zu kommen, und er bräuchte viel Geld. Für einen Passagier verlangen die Russen nämlich 60 Millionen Dollar.

© SZ vom 22.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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