50 Jahre Raumfahrt-Kontrollzentrum:Klassentreffen der Astronauten in Oberpfaffenhofen

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400 Gäste feiern das deutsche Auge ins All - und am Ende stehen die Mitarbeiter auf und singen "Ground Control to Major Tom" von David Bowie.

Von Patrizia Steipe, Oberpfaffenhofen

"Hallo Houston, wir haben ein Problem!" Dieser Satz, den die Apollo-13-Astronauten 1970 aus dem All an das NASA-Kontrollzentrum gefunkt hatten, fiel an diesem Abend im Deutschen Forschungszentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen mehrmals, immer mit ein wenig Stolz verbunden. So etwas habe man aus dem Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum, dem German Space Operations Center (GSOC) nie vernommen. Hier wurden in den vergangenen 50 Jahren rund 70 Missionen gestartet.

Zur Geburtstagsfeier des GSOC waren sie alle nach Oberpfaffenhofen gekommen, die Wegbegleiter aus den Anfangsjahren der Kontrollstation, aber auch die deutschen Astronauten Ernst Messerschmid, Ulrich Walter, Reinhold Ewald und Thomas Reiter, die den Kindheitstraum vieler Deutschen mit ihren Raummissionen erfüllten. Fast wie ein Klassentreffen kam den rund 400 Gästen die Versammlung der ehemaligen Pioniere der Raumfahrt vor. Zum Beispiel mit Hubertus Wanke, der "im Jahr der Mondlandung" in einer Art Baracke, dem Vorläufer des heutigen GSOC, seinen Job begonnen hatte. "Wir mussten bei Null anfangen", erklärte er. Das Studium der Raumfahrttechnik habe es noch gar nicht gegeben. Ihr Knowhow mussten sich die Ingenieure, Physiker und Mathematiker selbst erarbeiten.

Klaus Hamacher, Felix Huber, die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner und Reinhold Ewald waren zur Geburtstagsfeier nach Oberpfaffenhofen gekommen. (Foto: Georgine Treybal)

Die Anfangsjahre der deutschen Raumfahrt waren mit "unglaublichen Emotionen" verbunden. "Ich sehe heute noch die grünen Zahlenkolonnen, die schlagartig auf den Bildschirmen auftauchten", erinnerte sich Wanke. Der Start des ersten deutschen Forschungssatelliten Azur 1969, dessen Signale nach bangem Warten endlich im Kontrollzentrum erschienen, bewege ihn noch heute.

"Es waren fantastische Jahre. "Wir sind gar nicht aus den Erfolgen rausgekommen", schwärmte Franz Schlude, der den DLR-Raumflugbetrieb zwischen 1988 bis 1998 geleitet hatte. Die Festzelte waren damals größer und vom Caterer wurden "ganze gebratene Ochsen" herangekarrt.

Zur Geburtstagsfeier gibt es auch eine Sonderausstellung. (Foto: Georgine Treybal)

Um Astronaut zu werden, genügte damals übrigens eine ganz normale Bewerbung. "Wir suchen Nachwuchs zur Erweiterung unseres Astronautenteams", habe in der Annonce einer Wochenzeitung gestanden. "Ich hatte das richtige Studium, den richtigen Pass und mit etwas Glück hat es geklappt", erinnerte sich Reinhold Ewald. Sein erster Raumflug war 1997 mit dem Raumschiff Sojus TM-25.

Für die deutschen Astronauten sei das deutsche Mission Control Center immer etwas Besonderes gewesen. "Damit waren wir angekommen im Kreis der anerkannten Raumfahrtnationen. Wir waren beim Schweben sozusagen auf Augenhöhe", berichtete Ewald. Der Kontakt nach Oberpfaffenhofen hatte für den Astronauten auch andere Vorteile. Ihm hatte sein Astronauten-Kollegen Ulf Merbold vom GSOC aus immer die Fußball-Bundesligaergebnisse ins All durchgegeben.

Der Eindruck, dass alles nur ein großer Spaß und ein großes Abenteuer sei, täuscht jedoch. Forschungsarbeit, Vorbereitungen auf die Missionen, Studien, Auswertungen und Weiterentwicklungen bestimmen den Alltag im GSOC. Heute sind 3300 Forscher aus 101 Ländern an der Internationalen Raumstation ISS beteiligt und es werden 320 europäische Experimente durchgeführt. Der deutsche Astronaut Alexander Gerst wird im Juni ins All geschickt. Neben dem europäischen Columbus-Modul auf der ISS steuert das Kontrollzentrum sechs Satelliten, zum Beispiel TerraSAR-X und TandDEM-X. Die beiden Radarsatelliten erstellen Höhenmodelle der Erde.

Am Schluss der Geburtstagsfeier gab es Gänsehautmomente. "Houston" war am Apparat, ob in der Festgesellschaft jemand aus der Ground Control sei, man habe ein Problem. Und plötzlich standen im ganzen Festzelt Mitarbeiter auf und stimmten ihre eigene Hymne an: "Ground Control to Major Tom" aus David Bowies Kultsong "Space Oddity". Auf der Leinwand sah man spektakuläre Aufnahmen der Missionen aus dem All und Hunderte von LED-Lampen zauberten dazu einen Sternenhimmel auf die Zeltdecke.

© SZ vom 03.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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