Gauting:Windräder werden zum Hassobjekt

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In Buchendorf weht der Wind so schwach, dass sich die Anlagen nicht rentieren, dennoch ist der Protest groß.

Michael Berzl

Der Starnberger Kreisbaumeister Christian Kühnel ist in einer schwierigen Mission unterwegs. Seit dem vergangenen Herbst tourt er kreuz und quer durch den Landkreis und wirbt mit großer Ausdauer um Verständnis und Unterstützung für eine koordinierte Planung in Sachen Windkraft. Was ihm dabei widerfährt, muss ihm bald wie eine Naturgewalt der besonderen Art vorkommen. Kühnel wird mit schöner Regelmäßigkeit gründlich missverstanden, ganz so, als verschluckte Sturmgebraus seine Worte. So war es auch am Donnerstag bei einer Sonder-Bürgerversammlung in Gauting. Der Kreisbaumeister sah sich erneut zum Teil heftiger Kritik ausgesetzt, als würde er Standorte für Windräder in großer Zahl schaffen.

In Etzenhausen könnte schon bald ein Windrad stehen. Doch die Juristen sagen, das Urteil hat keine Folgen für die anderen Standorte aus dem übergreifenden Windkraftkonzept. (Foto: dpa)

Dabei ist das Gegenteil der Fall: Der Plan, an dem alle 14 Gemeinden im Landkreis derzeit arbeiten, begrenzt und steuert das bereits bestehende Baurecht für solche Anlagen. Ein Beispiel: Laut Gesetz dürften die Kraftwerke auf 800 Meter an Orte heran, die Landkreisgemeinden legen einen größeren Mindestabstand von einem Kilometer fest.

Doch je mehr sich die Kommunalpolitik des Themas annimmt, desto mehr wird das Windrad zum Hassobjekt. "Ich finde sie nicht schön, und ich möchte sie da nicht haben", sagte zum Beispiel eine Buchendorferin bei dem Infoabend im Gautinger Rathaus und dürfte damit der Einstellung vieler Kritiker Ausdruck verliehen haben. Das Interesse ist groß. Rund 100 Buchendorfer und damit mehr als bei jeder regulären Bürgerversammlung in dem Ortsteil waren gekommen, um sich von Kühnel über die Situation im Landkreis und von Robert Sing von den Stadtwerken München über die Rahmenbedingungen für die Nutzung dieser Technologie informieren zu lassen. Bürgermeisterin Brigitte Servatius hatte den Abend organisiert, weil bei Buchendorf eine größere Konzentrationsfläche liegt, auf der Windräder zulässig sein sollen, und daher Unruhe in dem Ort aufkam.

Positiv sah im Publikum die regenerative Energie niemand. Im Gegenteil. Die Skeptiker bemühten alle möglichen Aspekte, um ihre Ablehnung zu begründen. Sie sorgen sich um Biotope und den Tourismus, befürchten Schlagschatten und Infraschall. Selbst über die oft unmenschlichen Bedingungen beim Abbau von Metallen wie Neodym in China hatten sie sich informiert, um sie als Gegenargument ins Feld zu führen. Zudem sei die Landschaft im Fünfseenland besonders schön. Es gebe ja im Norden Münchens Gegenden, die sich besser eignen, hieß es.

Insgesamt wurde an diesem Abend deutlich, dass es auch in Buchendorf große Vorbehalte gegen Windräder gibt. Die Sorgen wurden noch geschürt durch "gezielte Falschinformationen", wie Kühnel sagte. So waren Flugblätter aufgetaucht, in denen auf die Veranstaltung hingewiesen wurde und in denen von 16 Windrädern bei Buchendorf die Rede war. Diese Zahl ist nach Aussagen der Fachleute aber völlig unrealistisch. "Vier bis fünf maximal" hält Sing für machbar. Theoretisch. Denn der Wind ist im Bereich der Konzentrationsfläche so schwach, dass sich Anlagen dort beim heutigen Stand der Technik nicht rentieren. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass dort innerhalb von vielen Jahren keine Anlage hinkommt. Es gibt bessere Standorte", so Kühnel. Die Buchendorfer könnten also beruhigt sein, zumal der Wald in besagter Fläche teils der Gemeinde teils der Waldgenossenschaft gehört, wie Servatius sagte.

Sing machte aber auch klar, dass die Nutzung von Windenergie nicht aufzuhalten sei, weil sie vom Bundesgesetzgeber gewollt sei: "Wir können uns dem Ganzen nicht entziehen. Sie können das nicht verhindern". Im Landkreis Ebersberg sei eine Klage gegen eine Anlage bereits gescheitert.

© SZ vom 03.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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