Stadtversammlung vor Stichwahl:Grüne empfehlen: Reiter wählen

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Dieter Reiter spricht bei der Grünen Stadtversammlung und wirbt für die Koalition. (Foto: Stephan Rumpf)

Der OB-Kandidat der SPD umgarnt den langjährigen Koalitionspartner mit konkreten Zusagen und dem Versprechen einer "Zusammenarbeit auf Augenhöhe". Die Grünen danken es Dieter Reiter mit einer offiziellen Wahlempfehlung.

Von Dominik Hutter

Mit einem leidenschaftlichen Plädoyer, die rot-grüne Koalition fortzuführen, hat der sozialdemokratische Oberbürgermeisterkandidat Dieter Reiter die Unterstützung der Grünen bei der Stichwahl am 30. März gewonnen. "Rot-Grün ist die Zukunft und nicht Schwarz-Rot", betonte der SPD-Politiker bei einer Stadtversammlung der Grünen.

Es gebe keinen Grund, die erfolgreiche Koalition der vergangenen Jahre zu beenden, rief Reiter, der bei seiner Rede mehrfach heftigen Beifall der knapp 200 anwesenden Grünen-Mitglieder erntete. Er sagte den bei der Stadtratswahl erstarkten Grünen eine "Zusammenarbeit auf Augenhöhe" zu. Sie revanchierten sich mit einer offiziellen Wahlempfehlung zu Reiters Gunsten: Der entsprechende Antrag bekam am Donnerstagabend eine große Mehrheit. Zudem sollen nach einem Wahlsieg Reiters Koalitionsverhandlungen mit SPD, Rosa Liste sowie ÖDP, Linken und Wählergruppe Hut aufgenommen werden.

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Im neuen Stadtrat reicht es weder für Rot-Grün noch für Schwarz-Grün. Sowohl SPD als auch CSU bräuchten mindestens einen der Kleinen für eine Mehrheit - doch nicht jedes dieser Patchwork-Bündnisse würde funktionieren.

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Zuvor hatte Reiter mehrere konkrete Zusagen gemacht: Radwege in der Rosenheimer Straße etwa - "das kann ich mir vorstellen". Die Sendlinger Straße solle komplett zur Fußgängerzone werden, und auch Fahrradparkhäuser dürften künftig kein Tabu mehr sein. Der SPD-Kandidat, der locker und souverän wirkte, bekräftigte zudem ein Nein zum Bau einer dritten Startbahn am Flughafen und plädierte für mehr Solaranlagen auf den Dächern.

Um den Münchnern bezahlbare Wohnungen bieten zu können, werde die Stadt Geld in die Hand nehmen - eine Aussage, die sich auf das Wahlprogramm der grünen OB-Kandidatin Sabine Nallinger bezieht, die mittelfristig 30 Prozent aller Münchner Wohnungen in der Hand von städtischen Gesellschaften oder Genossenschaften sehen will.

"Mit der SPD haben wir die größten inhaltlichen Schnittmengen"

Das von den Grünen erhoffte Nein zum zweiten S-Bahn-Tunnel blieb Reiter trotz Nachfrage schuldig, und auch das Verbrennen fossiler Energien in den Kraftwerken könne man nicht von heute auf morgen beenden. Reiter erklärte sich aber zu einem verbindlichen Ausstiegsszenario bereit.

Über Posten wollte Reiter ganz bewusst nicht sprechen, dafür habe er erst nach einem Sieg bei der Stichwahl ein Mandat. Der SPD-Kandidat grenzte sich damit von seinem CSU-Konkurrenten Josef Schmid ab, der Nallinger im Falle einer schwarz-grünen Zusammenarbeit bereits das Amt der Zweiten Bürgermeisterin angetragen hatte. Allerdings ist eine solche Koalition rechnerisch ebenso unmöglich wie die Fortführung des bisherigen Bündnisses aus SPD, Grünen und Rosa Liste. Jede dieser Formationen ist nach dem Ergebnis der Kommunalwahl auf weitere Unterstützer angewiesen.

Die Alternative dazu, eine große Koalition, wollte Reiter bei der Stadtversammlung nicht kategorisch ausschließen, die Sympathie der SPD gelte aber ganz klar den Grünen. "Ich will eine ökologische und soziale Politik", erklärte er. Die CSU sei dagegen immer noch in der Ideologie der autogerechten Stadt verhaftet. "Verkehrspolitik darf sich nicht an Autos ausrichten, sondern an Menschen", sagte er.

Die Parteispitze der Grünen wie auch Nallinger hatten sich schon vor der Rede Reiters intensiv bemüht, die Basis auf rot-grünen Koalitionskurs zu bringen. "Mit der SPD haben wir die größten inhaltlichen Schnittmengen", betonte Münchens Grünen-Chef Sebastian Weisenburger. Dies habe man vor der Wahl schon so gesagt, nun stehe man bei den Münchnern im Wort.

Weisenburger wies ausdrücklich darauf hin, dass sich Josef Schmid trotz seiner vielen Avancen vor der Wahl bisher nicht bei den Grünen gemeldet hatte - anders als Reiter. Auch Nallinger erklärte mehrfach ihre Unterstützung für eine Zusammenarbeit mit der SPD. Man werde Reiter nun beim Wort nehmen und "robuste Koalitionsverhandlungen" führen.

Ein Nein zu Reiter hätte die ohnehin schon komplizierte Mehrheitsbildung im Rathaus erheblich erschwert. Die direkte Folge wäre vermutlich eine große Koalition gewesen. Detaillierte Bündnisgespräche soll es jedoch erst nach der Stichwahl geben, da sind sich SPD und Grüne mit sämtlichen potentiellen Partnern einig. Sollte Schmid den OB-Sessel erobern, werden die Karten ganz neu gemischt.

© SZ vom 21.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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