Münchner Schulen:Baustelle statt Sportunterricht

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Die Schwimmhalle des Dante-Gymnasiums in München wird saniert. (Foto: N/A)
  • Die Stadt sagt, dass an allen Münchner Schulen ausreichend Kapazitäten für den Sportunterricht da sind - die Realität sieht aber oft anders aus.
  • Wegen baulicher Mängel sind Sporthallen gesperrt, bei einer Schwimmhalle verzögern sich Bauarbeiten.
  • Dabei ist die Raumsituation schon im Normalbetrieb kompliziert.

Von Melanie Staudinger, München

In Münchens Schulen bröckelt es an allen Ecken und Enden. Trotz hehrer Ziele und großer Versprechungen der Stadt, Millionen zu investieren, müssen vor allem Sportlehrer immer wieder improvisieren, jonglieren, rangieren. Ausreichend Platz gibt es an kaum einer Schule. Manche Lehrer lassen ihre Schüler in den Kellergängen Tischtennis spielen, andere fahren kilometerweit zum Schwimmen, wieder andere gehen fast bei jeder Witterung nach draußen, damit sich die Kinder wenigstens etwas bewegen. Nach offiziellen Angaben des städtischen Bildungsreferats ist jedoch alles in Ordnung: "Allen Münchner Schulen können ausreichende Kapazitäten für den Pflichtsport zur Verfügung gestellt werden", sagt eine Sprecherin. Doch die Realität sieht oft anders aus.

Die Sportlehrer des Dante-Gymnasiums in Sendling haben Laufen auf den Stundenplan gesetzt. Ihnen blieb auch gar nichts anderes übrig. Anfang September hatten sie erfahren, dass sie mindestens bis zu den Herbstferien in der ersten Novemberwoche keinen Schwimmunterricht mehr geben können. Der Austausch der jahrzehntealten Fenster im schuleigenen Hallenbad ziehe sich nun doch länger hin, hieß es in einer E-Mail der Stadtverwaltung. Arbeiter hatten Asbest entdeckt. Es folgte: Sicherung der Baustelle, sachgerechte Entsorgung des krebserregenden Stoffes, Spezialreinigung. Während sich die Fachfirmen darum kümmerten, absolvierten die Schüler draußen ein Laufprogramm. "Das ist wetterunabhängig und stößt auf große Begeisterung", sagt Schulleiter Bernhard Fanderl.

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Nicht nur aus der Schwimmhalle des Dante-Gymnasiums erreichten schlechte Nachrichten die Stadtverwaltung. Innerhalb von nur drei Wochen mussten auch die Sporthalle an der Zentnerstraße und ein Container an der Ludwig-Thoma-Realschule in Berg am Laim wegen Statikproblemen und baulicher Mängel gesperrt werden. Diese drei Fälle stehen exemplarisch für die Schulbaupolitik Münchens.

Schon bei kleinen Störungen kommt das System ins Wanken

Die Stundenpläne sind meist ohnehin schon auf Kante genäht. Wenn diese sensiblen Konstrukte unvorhergesehen gestört werden, etwa wegen der Sperrung einer Turnhalle, gerät schnell alles durcheinander. Schon bei recht kleinen Störungen kommt das System ins Wanken. Von 34 Schulschwimmbädern in München sind derzeit zwei außer Betrieb (Dante-Gymnasium und Grundschule an der Ruth-Drexel-Straße). Von 376 Sporthallen sind fünf gar nicht nutzbar. Neben der Zentnerstraße sind das die Gebäude in der Gera-, Thiersch-, Führich- und der Kapschstraße. Dass diese sechs Gebäude nicht benutzbar sind, wirkt sich in der Praxis gehörig aus. Der Engpass wird immer größer.

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Wie kompliziert die Raumsituation schon im Normalbetrieb ist, zeigt das Beispiel des Karlsgymnasiums in Pasing. Die Oberstufe pendelt ans Bertolt-Brecht-Gymnasium, auch die benachbarte Hochschule München stellt Hallenkapazitäten zur Verfügung. "Anders ginge es gar nicht. Das ist mittlerweile Alltag für uns", sagt Direktor Thomas Frank. Schon länger steht fest, dass das denkmalgeschützte Gebäude seines humanistischen und sprachlichen Gymnasiums renoviert und erweitert werden muss. Doch das Vorhaben zieht sich. In drei Jahren vielleicht, so schätzt Frank, könnten die ersten Bauarbeiter anrücken.

Auch die anderen Schulen können nicht mit schnellen Lösungen rechnen. Langfristig, so erklärt eine Sprecherin des Bildungsreferats, entstehen dank des Aktionsprogramms "Schul- und Kita-Bau 2020" neue Kapazitäten. In den kommenden zehn Jahren sollen etwa 50 neue Hallen gebaut werden, so der Plan. Wie dieses Projekt jedoch zu stemmen sein soll, darauf gibt es bisher keine Antwort von der Stadt. Zu diesem Schuljahr eröffneten gerade mal zwei neue Hallen.

Aus Sicht des Bildungsreferats ist das offenbar ausreichend, Kapazitätsprobleme beim Pflichtsport gebe es nicht, heißt es. Komme es doch mal zu Engpässen, so empfiehlt eine Sprecherin des Referats, könnten ja mehrere Klassen gleichzeitig in einer Halle sporteln. Theorie und Regelkunde lasse sich zudem im Klassenzimmer unterrichten - sofern das natürlich nicht schon von einer anderen Gruppe belegt ist, die sonst heimatlos wäre.

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Bis zum Jahr 2030 will die Stadt 4,5 Milliarden Euro in neue Schulen und moderne Hallen investieren. Abhilfe sollen bis dahin Pavillons schaffen, allerdings nur für den theoretischen Unterricht. Bei den Sportstunden werden die Schulen weiterhin teilen und improvisieren müssen.

© SZ vom 12.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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