Skateboarden in München:Weltstadt mit Brett

Lesezeit: 2 min

  • Beim Munich Mash hat sich gezeigt, dass es in der Stadt großes Interesse für Actionsport gibt.
  • Nun will die Stadt die Bedingungen für Skateboarder deutlich verbessern.
  • Unter anderem ist eine neue Halle in Pasing geplant.

Von Philipp Laberenz, München

Das Schwere einfach und das Einfache schwer aussehen zu lassen: Darum geht es beim Skateboarden. Und dazu braucht es nicht viel. Bloß ein Holzbrett mit zwei Achsen und vier Rollen. Die Überwindung kommt von allein.

Die Stadt München hat sich lange schwergetan mit dem Phänomen Skateboarding, das wie in jeder Großstadt auch hier recht ambivalent auftritt. Stets mobil und flexibel, machen sich die Skateboarder die Stadt auf ihre Weise zu eigen, erobern Flächen und treten für Werte ein, die keinem Produktivitätsgedanken folgen. Skater sind Individualisten. Kontrolle fällt da nicht leicht. Zudem wurden sie mitunter nicht sonderlich ernst genommen. Der Dialog kam nur schleppend in Gang, denn die Ansprechpartner fehlten auf beiden Seiten.

Von 6000 aktiven Skatern geht man bei der Stadt aus

Nun hat München einen Trend erkannt, der am vergangenen Wochenende beim Munich Mash gut zu beobachten war, und will ihn nutzen. Bei geschätzten 6000 aktiven Skatern auf ihren Straßen hat die Stadt das große Potenzial erkannt - München will zur Skateboard-Hochburg werden.

"Gerade Jugendliche sind fasziniert vom Skateboardfahren, also ist es unsere Aufgabe, sie darin zu bestärken", sagt Sportamtsleiter Thomas Urban. "Im Outdoorbereich sind wir dazu gut aufgestellt." 34 Skate-Parks zählt er, für die baufälligen darunter gibt es ein Sanierungsprogramm in Höhe von 1,5 Millionen Euro, außerdem werden Workshops für Kinder gefördert.

Dazu gibt es zahlreiche weitere Anlagen im Großraum, von Planegg über Neuried und Wolfratshausen bis Freising. Großveranstaltungen wie die X-Games oder Munich Mash transportieren den Geist der Szene aus dem Olympiadorf hinaus in die Fläche. "Spitzensport braucht Breitensport und andersherum", sagt Urban. Große Namen erregten Aufmerksamkeit, die Profis motivierten die Kinder.

In Pasing soll eine neue Halle für Actionsport entstehen

Die nächste Initiative ist die geplante Halle in Pasing. Im November soll der Stadtrat darüber bestimmen, Urban ist zuversichtlich, dass das Projekt Unterstützung findet. Dafür wurde extra eine griffige Vokabel ausgeheckt: Actionsporthalle. Unter diesem Label sollen in der neuen Multifunktionshalle, wie man das bisher nannte, auch BMX-Fahrer und Parkour-Läufer ihren Platz finden.

Fehlt eigentlich nur der Verweis auf Trendsportarten, doch wer weiß schon, was demnächst im Trend liegt? Spaß sollen jedenfalls alle haben. Einziger Haken daran: Die Halle wird erst in zwei bis drei Jahren stehen. "Dass es noch so lange dauern wird, hat uns schon hart getroffen", sagt Daniel Haas, Vorstandsmitglied beim Skateboarding München e.V. "Wir überlegen jetzt, wie wir eine Übergangslösung schaffen."

Skateboarding sei ein technisch hoch anspruchsvoller Sport, kontinuierliches Training daher zwingend, und eine Winterpause wegen fehlender Trainingsmöglichkeiten schlichtweg ein Unding. Die Skateboarder wollen nicht länger warten und haben übergangsweise schon an ein aufblasbares Tenniszelt gedacht. "Aber nur als Provisorium", betont Haas, der selbst in der Planungsgruppe für die neue Halle mitarbeitet. Knapp 300 Mitglieder zählt sein Verein, der sich als Sprachrohr gegenüber der Landeshauptstadt versteht und bei ihr die Anliegen einer lebendigen Szene vertritt.

Skate-Pionier Dittmann ist angetan von der Entwicklung Münchens

"Eine tolle Entwicklung", sagt Titus Dittmann. "Die Münchner Skate-Szene war doch etwas eingeschlafen." Der Pionier aus den Anfängen westdeutscher Rollsportzeit ist Lehrbeauftragter am Institut für Sportwissenschaft der Universität Münster und fördert mit seiner Stiftung den Sport auf allen Kontinenten. So auch an der Isar. Das Projekt "Across the Boarders" bringt Flüchtlingskindern Skateboarding nahe. "Da steht der pädagogische Wert im Vordergrund", sagt Dittmann. "Skateboarding ist sinnstiftend, fördert die Kreativität und Leistungsbereitschaft der Jugendlichen."

Als Subkultur stehe es für einen anderen Weg als die Vereinnahmung durch potente Konzerne, die es als professionalisierten Sport etablieren wollten und dafür mit hohen Antrittsgeldern internationale Top-Fahrer locken. Andererseits: Die großen Events wie Munich Mash bringen eben auch wieder Nachwuchs hervor. Daniel Haas berichtet von einem Dilemma: "Der Benefit dieser Veranstaltungen bleibt fraglich, wenn die lokale Szene nicht eingebunden wird." Beim Mash stand in Mario Ungerer immerhin ein Münchner im Finale.

© SZ vom 04.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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