Reaktion auf Kritik:Das Erzbistum will keinen Spitzelturm

Lesezeit: 1 min

Im Nordturm der Frauenkirche hat der BND vor 1989 Technik installiert - das Erzbistum will sie am liebsten loswerden. (Foto: Florian Peljak)
  • Die katholische Kirche will Konsequenzen aus den bekannt gewordenen Aktivitäten des BND im Nordturm der Münchner Frauenkirche ziehen.
  • Bei der geheimdienstlichen Technik handelt es sich nach deren Informationen nicht um Abhörtechnik, sondern um Verstärkerantennen für nicht mehr genutzten Funk.

Von Jakob Wetzel, München

Die katholische Kirche bricht ihr Schweigen: Nachdem sie sich zunächst nicht dazu äußern wollte, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) im Nordturm der Münchner Frauenkirche geheimdienstliche Technik verbaut hat, will sie nun doch Konsequenzen ziehen. Man nehme die Verärgerung von Teilen der Bevölkerung und unter Katholiken mit großem Bedauern zur Kenntnis, teilte das Erzbistum München und Freising am Mittwoch mit.

Nach seiner Kenntnis handele es sich bei den eingebauten Gerätschaften um Verstärkerantennen für den Funk, die der Geheimdienst nach bisherigen Angaben nicht mehr nutze, erklärt der Hausherr, Domdekan Lorenz Wolf: "Ich stehe in Gesprächen mit dem BND, auch über einen Abbau der Anlage. Abhörtechnik würden wir im Domturm nicht dulden."

Münchner Dom
:Wie viel Geheimdienst steckt in der Frauenkirche?

Der Bundesnachrichtendienst und das Erzbistum München schweigen. Katholische Verbände fordern den sofortigen Abbau der Funkanlage. Ob sie noch genutzt wird, ist unklar.

Von Jakob Wetzel

Direkt abgehört wurde von der Frauenkirche aus indes wohl niemand. Am Wochenende war vielmehr bekannt geworden, dass der Auslandsgeheimdienst eine Empfangs- und Sendeanlage im Dom verwendete, um Diplomaten und Spione in München zu beschatten; das hatte der Geheimdienst-Experte Erich Schmidt-Eenboom herausgefunden. Dank des in knapp 100 Meter Höhe angebrachten Verstärkers konnten Agenten auch in Häuserschluchten miteinander und mit Dienststellen des BND in München und in Pullach kommunizieren. Installiert wurde die Anlage wohl vor 1989. Darüber hinaus nutzte offenbar eine zweite Behörde den Nordturm.

Einige der offenen Fragen könne man jedoch noch nicht beantworten, sagt der Stellvertreter von Erzbischof Reinhard Marx, Generalvikar Peter Beer: "Leider liegen gegenwärtig keine Unterlagen vor, die eine qualifizierte Aussage darüber zulassen, seit wann diese Einrichtung existiert und welchem Zweck sie dient." Die zuständige Kirchenstiftung bemühe sich jetzt, diese Fragen zu klären. "Sobald dies erfolgt ist, prüfen wir, ob der Zweck der Einrichtung mit einem Gotteshaus vereinbart werden kann. Reine Kommunikationsmittel von Sicherheits- und Rettungsdiensten etwa sind hier anders zu beurteilen als aktive Abhöranlagen."

© SZ vom 22.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

München-Quiz
:Was wissen Sie über die Frauenkirche?

Der spätgotische Backsteinbau mit seinen markanten Türmen gehört zu den Wahrzeichen der Stadt. Wie gut wissen Sie über den Dom zu Unserer Lieben Frau Bescheid?

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: