Prozess:Ehepaar gibt sich als Erzieher aus und kassiert ab

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  • Alexander und Nicole M. haben jahrelang zwei Kitas in Aubing betrieben.
  • Sie sollen sich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Subventionen in Höhe von zwei Millionen Euro von der Stadt erschlichen haben.

Von Christian Rost, München

Eltern suchen verzweifelt Plätze für ihren Nachwuchs in Kindertagesstätten, die Stadt wirbt händeringend um Erzieher. Die Betreuungssituation in München ist seit Jahren angespannt. Dass sich in diesem Umfeld auch unseriöse Anbieter tummeln, ist nicht verwunderlich. Ein Ehepaar, das jahrelang zwei Kitas in Aubing betrieben hat, gehört nach Auffassung der Staatsanwaltschaft München I zu jenen Leuten, die sich weniger um das Wohl der Kinder sorgen, als um den eigenen Geldbeutel. Das Paar soll sich laut Anklage zwei Millionen Euro an Subventionen der Stadt München erschlichen haben.

Alexander und Nicole M. müssen sich seit diesem Dienstag vor der 7. Strafkammer am Münchner Landgericht wegen Urkundenfälschung und Subventionsbetrugs in acht Fällen verantworten, ihre 24-jährige Bürokraft wegen Beihilfe. Die 41-jährige Nicole M. und ihr zwei Jahre älterer Ehemann übernahmen 2009 als Träger eine erste Betreuungseinrichtung in Aubing und zwei Jahre später eine weitere. Für beide Kitas, in denen Kinder ganztägig oder zumindest einen Teil des Tages betreut wurden, beantragten sie bei der Stadt Betriebskostenförderung.

Das Rathaus bewilligte die Zuschüsse, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Einrichtungen von pädagogischen Fachkräften geleitet werden und ausreichend Personal vorhanden ist, um den Betreuungsschlüssel einzuhalten. Das war laut Staatsanwaltschaft nicht der Fall.

Alexander M. hatte demnach nicht die nötige Qualifikation, um eine Kita zu leiten. Deshalb soll ihm seine Frau kurzerhand ein falsches Zeugnis ausgestellt haben. Nicole M. fertigte laut Anklage eine Urkunde des Instituts für sozialpädagogische Berufe Ravensburg und ernannte ihren Mann, der zuvor als Kfz-Mechaniker gearbeitet hatte, zum Erzieher. Unterschrieben habe sie mit einem Fantasienamen: "Bogl".

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Das Zeugnis wurde bei der Stadt München als Nachweis für die fachliche Qualifikation von Alexander M. eingereicht. Auch in den folgenden Jahren soll das Paar unter Vorspiegelung falscher Tatsachen bei der Stadt Zuschüsse beantragt haben. Im Zeitraum 2009 bis 2014 waren das für die zuerst gegründete Kita 1,61 Millionen Euro und für die andere immerhin noch 390 000 Euro. Alexander M. fungierte als Stellvertreter seiner Frau, die als Geschäftsführerin auftrat und eigentlich ausgebildete Rettungsassistentin ist.

Neben dem falschen Zeugnis für den Mann, das allein schon ausgereicht hätte, um die Subventionen größtenteils zu streichen, soll es weitere Unregelmäßigkeiten gegeben haben. Die Anklage führt etliche Fälle auf, in denen das Ehepaar deutlich mehr Betreuungsstunden abrechnete als tatsächlich erbracht worden waren. Im Zeitraum von September 2013 bis Dezember 2014 sollen es allein 185 Stunden gewesen ein, in denen nur auf dem Papier gearbeitet wurde.

So wurde angeblich eine pädagogische Fachkraft namens "Kathleen" in den Personalunterlagen geführt, die dort im fraglichen Zeitraum gar nicht gearbeitet hat. Damit wurde der für die Förderung durch die Stadt erforderliche Betreuungsschlüssel nicht eingehalten. Selbst als 2015 schon ein Insolvenzverwalter die Geschäfte der beiden Kitas führte, soll das Ehepaar den beauftragten Rechtsanwälten falsche Zahlen für die Abrechnung geliefert haben.

Das Paar und auch die mitangeklagte Bürokraft äußerten sich zum Prozessauftakt nicht zu den Vorwürfen. Deutlich wurde aber, dass nun auch die Kinder von Alexander und Nicole M. leiden: Ihre Eltern bleiben bis auf weiteres in Untersuchungshaft. Für das Verfahren sind sieben Verhandlungstage angesetzt.

© SZ vom 03.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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