Programm:Ärger mit dem Kita-Finder: "Dieses Tool ist nur Fassade"

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  • Mit dem Kita-Finder der Stadt sollte die Anmeldung erleichtert werden.
  • Eltern machen jedoch schlechte Erfahrungen mit der Online-Plattform.

Von Melanie Staudinger, München

An der neuen Anmeldeplattform für Münchner Kindertagesstätten im Internet gibt es weiter Kritik. "Dieses Tool ist nur Fassade", sagt eine Mutter. Statt die Plätze fair zu vergeben, laufe die Anmeldung an die Kitas in Wahrheit wie vorher über Klinkenputzen und Einschmeicheln. Sie habe den Fehler gemacht, auf das städtische Onlinesystem zu vertrauen; bisher lautet ihr Status dort "Warteliste". Spätestens im Oktober müsse sie wieder arbeiten gehen. Als sie bei den Kitas nachgefragt habe, bekam sie aber die Antwort: alles voll. Die Familie überlegt nun, sich einen Platz in einer Umlandgemeinde zu sichern.

Bei einer anderen Familie lief es zunächst ebenfalls schlecht. Die Eltern hatten ihre Tochter für diverse Krippen angemeldet. Weil sich nichts tat, telefonierte der Vater mit einer der Wunsch-Kitas und erfuhr, dass seine Anmeldung dort nie angekommen sei. Bei drei von neun Tagesstätten lief es so. "Den Mitarbeitern im Bildungsreferat war das richtig peinlich", sagt der Vater. Doch sie hätten sich bemüht: Vier Tage später erhielt er eine Zusage.

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Die beiden Fälle verdeutlichen die Situation, in der sich derzeit wieder Hunderte Familien befinden: Seit Anfang April läuft die Vergabe der Plätze in den Krippen, Kindergärten, Horten, Häusern für Kinder und Tagesheimen. Und seitdem bangen die Eltern und ärgern sich - die einen, weil sie in der ersten Runde leer ausgegangen sind, die anderen, weil die Technik ihnen mehr Arbeit gemacht hat. Dabei wollte die Stadt die Warterei deutlich erleichtern.

Am 1. November startete eine neue Anwendung im Internet, der "Kita-Finder+". Dort können sich Eltern nicht nur einen Überblick über alle 1379 Kindertageseinrichtungen in München verschaffen, sondern auch gleich sehen, was die Kita kostet und ob zum Wunscheintrittsdatum ein Platz frei ist. 900 Einrichtungen bieten eine Online-Anmeldung. Durch einen automatischen Abgleich der freien Kapazitäten soll die Wartezeit verringert werden. Die Landeshauptstadt habe, so teilt es das Bildungsreferat mit, "ein modernes, transparentes Anmeldesystem" eingeführt.

Doch nicht alle Eltern teilen die Euphorie des Bildungsreferats. Von technischen Problemen und anderen Schwierigkeiten will dieses nach eigenen Angaben bisher nichts erfahren haben. "Der ,Kita Finder+' läuft störungsfrei und wird von den Münchner Familien gut angenommen", teilt eine Pressesprecherin auf Nachfrage mit. Wie viele Zugriffe es auf die entsprechende Seite im Internet genau gegeben habe, sei noch nicht ausgewertet. An Spitzentagen, etwa beim Start des neuen Programms am 1. November, hätten zeitweise bis zu 5000 Nutzer gleichzeitig versucht, die Anwendung aufzurufen. Mittlerweile sind nach Angaben des Bildungsreferats etwa 40 000 Kinder im System angemeldet - sie stehen entweder auf einer Warteliste, haben bereits einen Platz erhalten, den die Eltern noch zusagen müssen, oder die Familien unterschreiben in Kürze einen Vertrag mit einer Kindertagesstätte.

Das Bildungsreferat arbeitet an einer Optimierung

Es gibt derzeit keine Zahl, wie viele dieser Kinder tatsächlich noch unversorgt sind. Die Stadt bietet zwar das Internetportal an, über die Platzvergabe entscheiden aber die Leitungen der jeweiligen Einrichtung. Dies geschieht nach der jeweiligen Satzung. Wer ausgewählt wird, bekommt direkt von der Kita eine Zusage und hat dann 17 Tage Zeit, um anzunehmen. Wird der Platz abgelehnt, wird er im System automatisch wieder als frei angezeigt. Bisher verlaufe die Vergabe der Plätze kontinuierlich und durch den elektronischen Abgleich deutlich schneller als in früheren Jahren, in denen Familien teilweise bis in den September hinein auf einen Platz warteten, heißt es.

Voraussichtlich im Juni will die Stadt alle Eltern anschreiben, die bis dahin noch nicht berücksichtigt werden konnten. Sie sollen dann noch einmal gezielt auf die Einrichtungen aufmerksam gemacht werden, die freie Kapazitäten melden. Bei der Suche sollen die Eltern von der Elternberatungsstelle unterstützt werden.

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"Vom Prinzip her ist das System nicht schlecht", sagt der Vater, dessen Anmeldungen verloren gingen. Es sei vielleicht nur zu schnell entwickelt und zu wenig getestet worden. Das Bildungsreferat arbeitet nach eigenen Angaben an einer Optimierung des Programms. Von diesem Herbst an sollen sich Eltern auch bei Mittagsbetreuungen anmelden können. Voraussichtlich vom kommenden Jahr an soll der Kita-Finder um die Angebote der Kindertagespflege erweitert werden. Ein weiteres Update soll die Darstellung auf mobilen Geräten wie Tablets oder Smartphone erleichtern.

© SZ vom 23.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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