Ottobrunn:Krimi im Grenzgebiet

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Auf diesem Parkplatz in Söll nahe Kufstein warf der Täter die Leiche über die Leitplanke - der Körper blieb in den Bäumen hängen. (Foto: Zoom Tirol)
  • Im Mordfall an einem 31-jährigen Ottobrunner hat die Polizei zwei Tatverdächtige festgenommen: Die Ehefrau des Opfers und ihren 28-jährigen Bekannten.
  • Ein Fernfahrer hat die Leiche des Mannes am 7. November nahe eines Parkplatzes in Tirol entdeckt.
  • Die Ehefrau hatte ihrem Bekannten vor dem Mord von der häuslichen Gewalt erzählt, unter der sie durch ihren Ehemann litt.

Von Susi Wimmer

Nach dem Mord in Söll an einem 31-jährigen Ottobrunner sitzt nun auch die Ehefrau des Opfers in Haft: Sie soll von den Mordplänen ihres 28 Jahre alten Bekannten gewusst, ihn vielleicht sogar angestiftet haben. "Es könnte als eine Art Befreiung geplant gewesen sein", sagt Markus Kraus von der Münchner Mordkommission. Denn angeblich soll der 31-Jährige seine Frau geschlagen haben. Der Schlüssel zur raschen Aufklärung des Falls war am Ende - ein Schlüssel.

Die Landespolizeidirektion Tirol hat zur Pressekonferenz nach Innsbruck geladen, der Leiter des Landeskriminalamts Walter Pupp spricht zusammen mit Markus Kraus in die Mikrofone. Zu jeder Tages- und auch Nachtzeit, versichern sie, habe man die Klärung des Falls voran getrieben.

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Der Fall nahm am Montag, 7. November, seinen Lauf. Auf der Eibergstraße, einer wichtigen Verbindung vom süddeutschen Raum in Richtung Skigebiete, entdeckte ein Fernfahrer am Parkplatz "Steinerne Stiege" eine Leiche hinter der Leitplanke. Er fuhr weiter, traf auf Straßenarbeiter, die verständigten die Polizei.

Der Körper des Toten war laut Pupp mit mehreren Schüssen durchsiebt, laut Obduktion sei der Mann innerlich verblutet. Auf dem Parkplatz fand die Polizei etliche Patronenhülsen einer Kleinkaliberwaffe, da sei es schnell klar gewesen, dass der Fundort der Leiche auch der Tatort gewesen sein musste. Ein Tatort, wie er abgelegener nicht sein könnte: Berge, Schluchten, kaum ein Haus, also auch keine "Ohren- und Augenzeugen", wie Pupp sagt.

Der Tote, erzählt Pupp, hatte auch keine Ausweispapiere bei sich "und nichts in den Hosentaschen, was uns zunächst weitergebracht hätte". Lediglich ein Zettel mit arabischen Schriftzeichen und eine kleine Ikone fanden die Ermittler bei dem Mann. Und: einen Autoschlüssel. Es war der Schlüssel zur Klärung des Falls. Denn er gehörte zu einem deutschen Fahrzeug und so stieß die österreichische Polizei auf eine Werkstatt im Landkreis München.

Dort schlugen wenig später die Ermittler von Markus Kraus auf. Der Werkstatt-Inhaber konnte auch gleich eine Nutzungsvereinbarung vorlegen. Zwei Männer hatten den Wagen geliehen. Und beide hatten auf einen Zettel ihre Personalien wie Ausweis oder Führerschein kopiert. Der eine auf der Vorderseite, der andere auf der Rückseite. "Wir gingen davon aus, dass die Personalien auf der Vorderseite die des Opfers sind", erzählt Kraus.

Also fuhren die Beamten zu der Adresse in Ottobrunn. Man öffnete die Wohnung, die erwartungsgemäß leer war. Um so erstaunter waren die Beamten, als sie dort eine Kleinkaliberwaffe entdeckten, "so eine, mit der die Tat begangen wurde". Da dämmerte den Ermittlern, dass sie sich vermutlich in der Wohnung des Tatverdächtigen befanden. Sie versiegelten die Räume - nur wenig später meldete sich der Mieter und fragte nach, warum denn seine Wohnung versiegelt worden sei. Er wurde von der Polizei vorläufig festgenommen.

Opfer stiegt freiwillig in das Fahrzeug des Täters - und ahnungslos

Die Frau des Opfers, so ermittelten die Beamten, hatte früher in einem Gastronomiebetrieb gearbeitet. Dort lernte sie den späteren Tatverdächtigen kennen. Man freundete sich an, und die Frau stellte den Kollegen auch ihrem Ehemann vor. Die Männer, beide gebürtige Griechen, verstanden sich offenbar gut und es sei auch nicht unüblich gewesen, sagt Kraus, dass sie gemeinsam Ausflüge unternahmen. Doch der Schein trog.

Die Ehefrau erzählte dem Kollegen, dass sie Opfer häuslicher Gewalt sei. Und irgendwann fing der 28-jährige Kollege an, den Mord zu planen. Der Mann habe die Tat nach mehreren Vernehmungen weitgehend eingeräumt, sagt Markus Kraus. "Und die Ehefrau hat von dem Plan gewusst und nicht eingegriffen." Auch gegen sie erging Haftbefehl, "wegen Beitrag zu Mord", wie Hansjörg Mayr von der Staatsanwaltschaft Innsbruck sagt. Nun sei es eine Frage der Zeit, wann der Tatverdächtige und die Ehefrau nach Österreich ausgeliefert werden. Denn hier, wo die Leiche gefunden wurde, müssen sie sich vor Gericht verantworten.

Das Opfer, da sind sich die Ermittler sicher, ist wohl am Sonntag, 6. November, freiwillig und ahnungslos in das Auto des späteren Täters gestiegen. Ob der Mann dem 31-Jährigen eine Ausflugsfahrt vorgegaukelt hat, darüber schweigt sich die Polizei noch aus. LKA-Chef Walter Pupp hat keine Erklärung, warum der Täter das tote Opfer genau an der Stelle über die Leitplanke zog, an der ein paar Bäume waren. "Zwei Meter weiter war alles frei und die Leiche wäre hinunter in die Klamm gefallen." Mit dem Schneefall und dem Hochwasser im Frühjahr hätte man den Körper monatelang nicht gefunden.

Nun sitzen der mutmaßliche Täter sowie die 31-jährige Ehefrau des Toten in Untersuchungshaft. Das Ehepaar hatte ein gemeinsames Kind, das sich nun in der Obhut des Jugendamts befindet.

© SZ vom 19.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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