Oktoberfest:Mit Bierruhe gegen die Angst

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Kein Gedränge, kaum Schlangestehen und sogar die spontane Chance auf einen Tisch: So entspannt war die Wiesn schon lang nicht mehr. (Foto: Felix Hörhager/dpa)

Es ist schlimm, wenn Menschen aus Angst nicht aufs Oktoberfest gehen. Aber es war auch die entspannteste Wiesn seit langem. Das macht Hoffnung.

Kommentar von Franz Kotteder

Einen Tag länger dauerte die Wiesn heuer. Trotzdem sind es gut fünf Prozent weniger Besucher als im vergangenen Jahr und nur etwas mehr als 2001. Wäre das Fest normale 16 Tage lang gewesen, dann hätten sich die Besucherzahlen wohl dem historisch niedrigen Wert von 1980 mit 5,1 Millionen Besuchern angenähert.

Mit diesen Jahreszahlen ist zugleich schon der Hauptgrund für den Besucherschwund genannt. 1980 war das Jahr des Bombenattentats auf das Oktoberfest, 2001 hatten gerade die Anschläge von New York und Washington stattgefunden. Und natürlich ist in diesem Jahr die Terrorangst am Rückgang der Besucherzahl schuld; vier Regentage allein können es nicht sein, geregnet hat es zur Wiesnzeit ja immer mal.

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Für den Italiener ist der Wiesnbesuch mit dem FC Bayern eine Bewährungsprobe. Hält er dem Bier stand? Gut, dass Carlo Ancelotti erfahrene Feierbiester an seiner Seite hat.

Wann aber gab es schon mal während des Oktoberfestes die Möglichkeit, auf den Internetseiten der großen Zelte kurzfristig noch Tische zu reservieren? Und wann meldeten die Hotels eigentlich zuletzt freie Zimmer während der Wiesn? All das gab es in den vergangenen zwei Wochen.

Natürlich ist es schlimm, wenn die Menschen Angst haben und deshalb zu Hause bleiben. Andererseits haben jene, die gekommen sind, ein deutlich angenehmeres Fest erlebt (sofern sie keine Wiesnwirte, Schausteller oder Marktkaufleute waren). Das ist letztlich eine gute Entwicklung, wenn man nicht die Jagd nach Rekorden als oberstes Lebensziel hat.

Zur guten Stimmung hat auch die Stadt beigetragen. Zwar nervt es, wenn man am Eingang kontrolliert wird. Aber Stadt und Polizei haben alles getan, damit es möglichst wenig nervt. Und über den viel diskutierten, zusätzlichen Zaun verlor nach dem ersten Wochenende keiner mehr ein Wort. Da sind die Münchner der Herausforderung mit einer gewissen Bierruhe begegnet. Das lässt hoffen, dass auch die Terrorangst eines Tages wieder vergeht.

© SZ vom 04.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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