Nahverkehr:Stadtrat zwingt MVG zu kostenlosem Wlan

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Rund 900 000 Euro würden die rund 500 Zugangspunkte in den Sperrengeschossen kosten. (Foto: Robert Haas)
  • In einigen ausgewählten Bussen und Bahnen der MVG können die Fahrgäste bald kostenloses Wlan nutzen.
  • Sollte sich der Stadtrat nach Abschluss des Versuchs zu einer Komplettausstattung aller MVG-Fahrzeuge entscheiden, muss das Unternehmen tief in die Tasche greifen.

Von Dominik Hutter

In ausgewählten Bussen und Bahnen der MVG können die Fahrgäste bald kostenloses Wlan nutzen. Der Wirtschaftsausschuss des Stadtrats zwang dem kommunalen Unternehmen gegen dessen ausdrücklichen Wunsch einen einjährigen Probebetrieb auf. Technisch sei das kein Problem, versichert MVG-Chef Herbert König. Jedoch entstünden Millionenkosten, die aus Fahrgeldeinnahmen finanziert werden müssten. Angesichts der kurzen Aufenthaltszeiten in den Fahrzeugen sei es zweifelhaft, ob dies gut investiertes Geld sei. Vor einem Test müsse man sich fragen, was man mit Funknetzen im Nahverkehr überhaupt erreichen will.

Der Stadtrat beurteilte dies anders. Der einjährige Probelauf diene vielmehr dazu, herauszufinden, ob man sich über das Thema weiterhin Gedanken machen müsse, erklärte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD).

Auch der zuständige Referent, Bürgermeister Josef Schmid (CSU), geht anders als König davon aus, dass die Fahrgäste von einer Wlan-Verbindung im Nahverkehr profitieren können - nicht jeder greife gerne auf sein oftmals beschränktes Datenvolumen im Mobilfunknetz zurück.

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Wlan auf dem Bahnsteig lehnt die MVG aus Sicherheitsgründen ab

Sollte sich der Stadtrat nach Abschluss des Versuchs zu einer Komplettausstattung aller MVG-Fahrzeuge entscheiden, muss das Unternehmen tief in die Tasche greifen. Technik und Einbau kommen pro Bus auf etwa 3000 Euro, bei Trambahnen sind 8000, für eine U-Bahn 16 000 Euro fällig, schätzt die MVG. Macht summa summarum 11,4 Millionen Euro für die gesamte MVG-Flotte. Dazu kommen laufende Kosten von 10,35 Millionen Euro pro Jahr.

Im Vergleich dazu wirkt die ebenfalls von der MVG untersuchte Nachrüstung aller U-Bahn-Stationen schon wie ein Schnäppchen: Rund 900 000 Euro würden die rund 500 Zugangspunkte in den Sperrengeschossen kosten, Unterhalt und Betrieb kosten 300 000 pro Jahr. Wlan auf dem Bahnsteig lehnt die MVG aus Sicherheitsgründen ab.

Die Flucht- und Rettungswege müssten jederzeit freigehalten werden, da seien herumstehende Internetsurfer nicht hilfreich. Im Sperrengeschoss des U-Bahnhofs Münchner Freiheit ist bereits seit Oktober testweise Wlan installiert. Bevor weitere Entscheidungen fallen, will der Stadtrat das Ende des auf ein Jahr befristeten Versuchs abwarten.

Besonders viele Vorbilder für Wlan im öffentlichen Nahverkehr gibt es nicht. Von elf befragten Verkehrsunternehmen in Deutschland und der Schweiz gaben acht an, kein einziges Fahrzeug mit Wlan ausgestattet zu haben. In Berlin ist testweise ein einziger Bus unterwegs.

Hamburg hingegen hat in 47 Bussen Funknetze eingebaut, das Interesse der Fahrgäste hält sich jedoch in Grenzen. Lediglich die Stadtwerke Augsburg haben bereits einen weiteren Ausbau beschlossen: Bald sollen am Lech 180 Busse und Trambahnen mit Wlan herumfahren.

© SZ vom 09.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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