Münchner Süden:Viel Futter für den Bauch der Stadt

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Zwei riesige Flächen, nur wenige hundert Meter voneinander entfernt, stehen zur Umgestaltung an: der Viehhof in der Isarvorstadt (Vordergrund; rechts unten verläuft die Tumblingerstraße) und, getrennt durch den Bahn-Südring, das Areal der Großmarkthalle in Sendling. (Foto: Google, Bearbeitung: SZ)

Zwei Großprojekte im Versorgungszentrum München beschäftigen das Rathaus: Auf dem Viehhof sollen viel mehr Wohnungen entstehen als geplant. Und die Großmarkthalle geht an einen privaten Investor

Von Dominik Hutter

Das neue Quartier soll ein echtes Stück Innenstadt werden: Auf dem Areal des Viehhofs in der Isarvorstadt könnten deutlich mehr Wohnungen entstehen als bislang geplant - und die Gewerbebetriebe sollen obendrein dableiben dürfen. Der Kommunalausschuss des Stadtrats hat auf Initiative von CSU und SPD die Verwaltung beauftragt, die sieben Hektar an der Tumblinger-, Zenetti- und Thalkirchner Straße deutlich dichter zu überplanen als bislang vorgesehen. Statt 420 Wohnungen, so hat Stadtbaurätin Elisabeth Merk ausgerechnet, würden nach den neuen Ideen wohl gut 600 Platz finden. Das Kommunalreferat, so regten die Grünen an, soll zudem ausloten, ob das beliebte Viehhof-Kino zumindest im kommenden Sommer noch an der angestammten Adresse stattfinden kann. Behördenchef Axel Markwardt konnte Stadtrat Paul Bickelbacher allerdings kaum Hoffnung machen. Bereits im kommenden Frühjahr sollen die Vorarbeiten für den Neubau des Volkstheaters nahe der Kreuzung Tumblinger-/Zenettistraße starten. Dann muss das Gelände frei sein.

Mit dem einstimmigen Beschluss, der noch von der Vollversammlung bestätigt werden muss, beauftragt der Stadtrat das Planungsreferat mit der Erstellung eines Masterplans - das Neubauviertel befindet sich noch in einem sehr frühen Planungsstadium. Zudem erarbeitet das Kommunalreferat ein Konzept, wo die Gewerbebetriebe während der Bauzeit unterkommen können. Die Hallen, in denen sie derzeit logieren, werden wohl abgerissen - lediglich einige der alten Zenetti-Ziegelbauten, darunter auch das Wirtshaus im Schlachthof, stehen unter Denkmalschutz. Ebenfalls weichen muss die Lastwagen-Waschanlage, die auf die andere Seite der Zenettistraße, aufs Schlachthofgelände, umzieht. Im Süden der Fläche, nahe dem Eisenbahn-Südring, entsteht eine Grünfläche.

Mit dem Wunsch nach mehr Dichte bekräftigt der Stadtrat seine bereits in einem Hearing geäußerten Vorstellungen, den erwarteten Einwohnerzuwachs durch den Bau klassisch urbaner Viertel zu bewältigen. Die Zeiten, in denen zweistöckige Riegel an Hauptausfallstraßen an ebenerdige Großmärkte mit riesigen Parkplatzflächen grenzen, sollen zumindest bei Neubauten vorbei sein.

Das Areal des Viehhofs wurde bis 2007 als Umschlagplatz für lebende Tiere genutzt. Sie wurden per Bahn angeliefert, in den Hallen verkauft und durch unterirdische Gänge zum Schlachthof getrieben. Der Schlachthof ist bis 2040 an private Betreiber verpachtet.

Die Zukunft der Großmarkthalle bleibt vorerst offen, zumindest bis zum Stadtratsplenum am 26. Juli. Der Kommunalausschuss des Stadtrats vertagte bei seiner Sitzung am Donnerstag das strittige Thema in die Vollversammlung - weil es, wie SPD-Kommunalsprecherin Ulrike Boesser sagte, noch Diskussionsbedarf gibt. Das gilt offenbar vor allem für den Bündnispartner CSU. Die Koalitionäre verhandeln miteinander über eine Idee, die die bisherige Vorarbeit von Kommunalreferent Axel Markwardt in weiten Teilen über den Haufen werfen würden: die Vergabe der weiteren Planungen an einen privaten Investor, der die Halle anschließend auf eigenes Risiko bauen und an die Stadt vermieten soll. Die wiederum würde später den Betrieb und die Flächen an die Fruchthändler verpachten.

Mit der Investorenlösung, die von der FDP bereits offiziell per Antrag ins Gespräch gebracht wurde, soll Geld gespart, eventuelle Kostensteigerungen sollen vermieden werden. Ob das tatsächlich gelingt, ist völlig offen. In jedem Fall bedeutet die dafür erforderliche Ausschreibung eine Verzögerung. Markwardt hatte eigentlich erst zu einem späteren Zeitpunkt einen privaten Generalunternehmer mit der Realisierung des von der Stadt fertiggeplanten Projekts beauftragen wollen.

In den Augen der CSU sind die Kosten für die neue Großmarkthalle allerdings schon längst aus dem Ruder gelaufen. 100 Millionen Euro, mehr nicht, lautet die Hausnummer, die sich die Fraktion als Limit gesetzt hat. Markwardt ist der Meinung, diese Grenze eigentlich eingehalten zu haben. 105 Millionen soll "seine" Großmarkthalle kosten. Ohne Risikozuschlag allerdings und ohne die Kosten, die durch die Verlegung von Kanälen und Leitungen sowie die Beseitigung eventueller Altlasten entstehen. Die Gesamtsumme läge bei knapp 150 Millionen, inklusive eines unüblich niedrigen, aber von Markwardt für ausreichend erachteten Risikozuschlags von zehn Prozent. Das Kommunalreferat hatte dem Stadtrat 2015 einen groben Kostenrahmen von 142 bis 153 Millionen Euro angekündigt.

Wie die Debatte ausgeht, ist unklar. Klar ist nur: Der Standort in Sendling steht nicht zur Disposition, und die ebenfalls auf dem Gelände geplanten Wohnungen will die Stadt in Eigenregie bauen und nicht mitausschreiben. FDP-Fraktionschef Michael Mattar plädiert dringend dafür, dass die Fruchthändler ihre Flächen direkt beim Investor anmieten. Ohne Umweg über die Stadt, die kein wirtschaftliches Risiko tragen solle.

© SZ vom 07.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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