München/Planegg:Beratung auf Rädern

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Schlüsselübergabe vor dem Beratungsbus: Iris Kühnel und Peter Deutsch vom Verein Lotse mit Anita Niedermeier vom SZ-Adventskalender (von links). (Foto: Claus Schunk)

Der erste mobile Familienstützpunkt Deutschlands macht mit einem Campingbus in den Gemeinden Station

Von Iris Hilberth, München/Planegg

Wo bekommt man Hilfe, wenn es Auseinandersetzungen in der Schule gibt? Was tun, wenn zu Hause dauernd gestritten wird, und wie geht man mit einem Kind um, das sich in der Trotzphase befindet? Mit solchen Fragen können sich Mütter und Väter im Landkreis München inzwischen an sechs Familienstützpunkte wenden, die seit Februar in verschiedenen Gemeinden eröffnet haben. Sie sind Teil eines landesweiten Förderprogramms des bayerischen Sozialministeriums. Nun kommt ein deutschlandweit bislang einmaliges Angebot hinzu: Am Dienstag nahm der erste mobile Familienstützpunkt seinen Dienst auf.

Das Lotsenmobil fährt Orte an, die noch keinen festen Familienstützpunkt in der Nähe haben. Die pädagogische Hilfe auf Rädern soll Kontakt- und Anlaufstelle für Informationen, Kontaktaufnahme und Beratung sein. Der SZ-Adventskalender hat mit einem Zuschuss von 30 000 Euro den größten Teil des Fahrzeugs finanziert.

Wenn also demnächst an Spielplätzen oder auf Marktplätzen die beiden Leiterinnen der neuen mobilen Einrichtung des Landkreises, Katrin Greiner und Aylin Arikan, die Schiebetür des silbergrauen Busses mit dem bunten Logo des Familienstützpunkts öffnen, dann soll sich jeder, der eine Frage rund um das Thema Familie hat, Hilfe in Konfliktsituationen benötigt oder sich einfach nur mit anderen Eltern austauschen möchte, zum Eintreten eingeladen sein. Selbst wenn man nur wissen möchte, wo es im Ort einen Wickelkurs gibt, sei man an der richtigen Adresse, sagte Iris Kühnel, Geschäftsführerin des Kinder- und Jugendhilfevereins Lotse, der Träger des mobilen Familienstützpunkts ist. "Es muss nicht immer gleich eine Krise sein", erklärte sie bei der Einweihung des Fahrzeugs im Hof des Landratsamts am Mariahilfplatz.

Der Einfall, mit einem Campingbus durch den Landkreis zu touren und damit einem Lücke in der Infrastruktur zu schließen, sei zunächst einmal nur eine "Spinnerei" gewesen, doch dann sei die Idee gereift und schließlich habe sich auch der Jugendhilfeausschuss des Landkreises überzeugen lassen, "diesen innovativen Weg zu gehen", wie Kühnels Kollege Peter Deutsch sagte. Er bezeichnete das "Büro auf vier Rädern" als "Stärkung der Aktionskompetenz von Familien, die bisher keinen oder einen erschwerten Zugang zu Versorgungseinrichtungen haben". Daher fährt der Bus zunächst einmal die selben Stellen zum festgelegten Zeitpunkt an. Gestartet wird im Würmtal, wo es bislang noch keine Familienstützpunkte gibt.

Michael Höhenberger, Amtschef im Sozialministerium, sprach bei der Inbetriebnahme des Busses von einem "Feiertag im Familienland Bayern". 120 Familienstützpunkte gebe es mittlerweile in Bayern, "sie sind Anlaufstelle für alle, die etwas in Sachen Familie brauchen". Auch Landrat Christoph Göbel (CSU) bezeichnete die Einrichtungen als "wertvolles Projekt". Im Ballungsraum München gebe es spezielle Herausforderungen für Familien, die hohen Lebenshaltungskosten seien zu stemmen. Mitunter gehe es auch nur um den Austausch über den Alltag oder scheinbar banale Probleme. Der mobile Familienstützpunkt sei dabei etwas Tolles für diejenigen, "die nicht so gerne aufs Amt gehen".

Bei dem Lotsenmobil handelt es sich um einen Campingbus mit einem hohen Dach, sodass man im Inneren bequem stehen kann. Im vorderen Bereich ist ein Tisch eingebaut, im rückwärtigen Teil gibt es eine Küche. Auch Kinderspielsachen sind mit an Bord, wenn der Bus im Landkreis unterwegs ist. Denn auch die Kinderbetreuung während der Beratung gehört zum Service.

© SZ vom 20.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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