München/Gräfelfing:Widerstand gegen Paulaner-Pläne

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Der Bierhersteller will neben die neue Brauerei in Langwied ein Logistikzentrum bauen und den Getränkevertrieb für München dorthin verlagern. Der Bezirksausschuss Allach-Untermenzing lehnt das ab. Er hat massive Einwände gegen die Verkehrsbelastung und die hohe Bebauung

Von Anita Naujokat und Ellen Draxel, München/Gräfelfing

Auf die Allach-Untermenzinger kommt die nächste Baustelle zu: Paulaner beabsichtigt, neben der gerade errichteten Brauerei in Langwied ein Logistikzentrum mit einem 30 Meter hohen Hochregallager zu bauen. Zusätzlich will das Unternehmen seinen bisher in Gräfelfing angesiedelten Getränkevertrieb, welcher den Münchner Markt beliefert, nach Langwied verlagern. Während der Bezirksausschuss (BA) Aubing-Lochhausen-Langwied das Anliegen Paulaners für absolut "nachvollziehbar" hält, sind die benachbarten Allach-Untermenzinger alles andere als erbaut: Sie lehnen eine Änderung des Flächennutzungsplans zum derzeitigen Zeitpunkt geschlossen ab.

Paulaner rechnet nach einem Beschlussentwurf für den Stadtrat in den nächsten Jahren mit guten Wachstumschancen auf den überregionalen und weltweiten Absatzmärkten und will darauf schon einmal vorbereitet sein. Zum eigentlichen Produktionsstandort hat sich Paulaner bereits vor zwei Jahren 4,4 Hektar Erweiterungsfläche über einen notariell abgeschlossenen Kaufvertrag gesichert. Dort sollen auf 7000 Quadratmetern ein bis zu 30 Meter hohes Hochregallager, das auch erst später gebaut werden könnte, sowie ein sechseinhalb Meter hoher überdachter Bereich mit rund 2500 Quadratmetern entstehen. Beschickt werden soll das Lager über eine Förderbrücke über die Hanfgartenstraße, so dass kaum Fahrverkehr zwischen Brauerei und Logistik anfiele. Zugleich will die Brauerei ihre Tochter InterDrink in Langwied ansiedeln, da der Mietvertrag in Gräfelfing Ende 2017 unwiderruflich auslaufe. Eine Verlängerung sei wegen anderer Pläne des Vermieters nicht mehr möglich.

Die Getränke-Vertriebstochter beschäftigt derzeit 117 Mitarbeiter, davon etwa die Hälfte in Gräfelfing, der Rest verteile sich auf weitere Niederlassungen. Der Betrieb unterhält ein Vollgutlager in Gräfelfing, von dem aus Gaststätten und Veranstaltungen in München beliefert werden. Brauerei-Produkte werden dort in kleinere Gebinde und Einheiten aufgeteilt und mit anderen Getränken an die einzelnen Empfänger im Stadtgebiet verteilt. Das Gebäude für InterDrink in Langwied soll rund 15 Meter hoch werden.

Jetzt sollen noch weitere Geschäftszweige an die Hanfgartenstraße. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Laut Paulaner-Sprecherin Birgit Zacher handelt es sich bei dem Vorhaben nicht um ein Logistikzentrum im klassischen Sinne eines Umschlagplatzes, sondern um eine Erweiterung der Lagerflächen ohne zusätzlichen Lkw-Verkehr von außen. Die Auslieferung sei in den schon bekannten 460 Lkw-Bewegungen pro Tag für die Brauerei enthalten. Durch InterDrink kämen täglich noch 140 Fahrbewegungen von 70 Lkw hinzu. Dies wäre weit weniger Verkehr als in den ursprünglichen Prognosen der Stadt für ein Mischgebiet mit Bau- und anderen Märkten. Die Zahlen basieren nach Angaben von Paulaner auf einem Verkehrsgutachten des TÜV-Rheinland und seien im April so in den Unterausschüssen der Bezirksausschüsse vorgestellt worden.

Der Beschlussentwurf für den Stadtrat bezieht sich ebenfalls auf eine Verkehrsuntersuchung, die allerdings nur die Brauerei-Produktionsstätte zugrundelegt, nicht aber das Vollgut- und Hochregallager. In seiner Bewertung für den Stadtrat kommt das Planungsreferat aber schon zu dem Schluss, dass das Straßennetz und die Verkehrsknotenpunkte ausreichend seien. Auch die Stadtbildverträglichkeit sei gegeben: "Das geplante Hochregallager wird mit seiner Bauhöhe von 30 Metern einen markanten, baulichen Akzent in der Silhouette des Stadtrandes im Münchner Westen setzen", heißt es im Beschlussentwurf.

Das sehen die direkten Betroffenen anders. Die damalige Zustimmung des BA Allach-Untermenzing habe sich auf eine Brauerei ohne Logistikzentrum bezogen, heißt es in der einstimmig verabschiedeten Stellungnahme. Diskutiert worden sei schon damals über die Verkehrsbelastung, die auch ohne Erweiterung schon beträchtlich sei. Mit den neuen Plänen aber sei noch eine deutliche Zunahme zu erwarten, selbst wenn die Fahrten zwischen der Brauerei und Gräfelfing wegfielen. Zudem würden nach den derzeitigen Plänen nicht nur das in Langwied produzierte Bier, sondern auch weitere Produkte an- und weggefahren werden. Der BA fordert eine transparente Darstellung der zu erwartenden Verkehrsbewegungen und eine Untersuchung aller Aspekte, bevor der Flächennutzungsplan geändert werde. Auch gegen die Höhe des Hochregallagers hat der BA massive Einwände. Gerade weil die Brauerei bereits eine massive Wirkung auf das Stadtbild und die Landschaft entfalte, müssten die angrenzenden neuen Gebäude deutlich niedriger als das höchste Gebäude der Brauerei sein und abgestuft zur Landschaft und Bebauung gestaltet werden. Andernfalls, so der BA, würden Stadt- und Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt.

Auch wenn der BA Aubing-Lochhausen-Langwied zwar großes Verständnis für die Paulaner-Pläne signalisiert, will auch er ein paar Nachbesserungen. Das Gremium fordert ebenfalls Verkehrsuntersuchungen und bittet, die gewünschten Höhen noch einmal zu überprüfen. "Das neue Hochregallager sollte nicht höher als die Brauerei sein." Auch müsse verhindert werden, dass Anlieger-, Wohn- und Verbindungsstraßen der Umgebung mit zusätzlichem Verkehr belastet werden. Der überörtliche Verkehr müsse zur Anschlussstelle Lochhausen auf die A 99 geführt werden. Außerdem wünschen sie "eine ausreichende und üppige Begrünung" zur Lochhausener Straße hin.

Für die Gemeinde Gräfelfing kommen die Wegzugpläne von InterDrink nicht überraschend, nachdem Paulaner die Brauerei vom Nockherberg in der Innenstadt nach Langwied verlagert hat. "Wir sind darauf eingestellt", sagt Kämmerin Tanja Lindner. Ob und welche steuerlichen Auswirkungen der Weggang des Betriebs nach München auf die Gemeinde habe, darüber dürfe sie aus Datenschutzgründen allerdings nichts sagen.

© SZ vom 24.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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