München/Garching:Radschnellweg mit Hindernissen

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Kommunalpolitiker sehen die geplante Trasse von München in die Universitätsstadt kritisch

Von Gudrun Passarge, München/Garching

Könnte ein Overfly die Lösung sein, oder ein Radschnellweg auf Stelzen über der Bundesstraße B 471? Oder bleibt der Radschnellweg am Ende nur Stückwerk? Die Garchinger Stadträte nutzten einen Vortrag der Stadtplanerin Birgit Kastrup vom Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München, um noch einmal ihre Vorbehalte gegen den geplanten Schnellweg von München nach Garching anzusprechen. Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) sagte, die Trasse sei immer als "Ideallinie" gedacht gewesen. "Wir sollten uns keine Gedanken machen, wie sie umgesetzt werden soll", habe es in den Gremien geheißen.

Doch genau um diese Umsetzung geht es nun den Stadträten. Kastrup erläuterte in ihrem Vortrag noch einmal die Eckdaten der Machbarkeitsstudie, die der Landkreis in Auftrag gegeben hatte. Radschnellwege sollen mindestens vier Meter breit sein und eine schnelle Reisegeschwindigkeit erlauben. Das bedeutet, dass die Knotenpunkte für Radler möglichst frei zu passieren sein müssen. Von 14 geprüften Korridoren durch den Landkreis hat sich ein Lenkungsgremium schließlich auf die Strecke München - Unterschleißheim und München - Garching-Campus als Pilotprojekt geeinigt.

Sie soll von der Ingolstädter Straße über die B 13 nach Unterschleißheim führen und an der B 471 nach Hochbrück abbiegen. Über die Zeppelinstraße und den Schafweideweg führt die Trasse dann am Garchinger See vorbei in Richtung TU-Campus und vielleicht eines Tages auch, wie Kastrup ausführte, weiter nach Eching oder Freising. Die Fachleute haben für den Schnellweg prognostiziert, dass er täglich von etwa 3600 bis zu 7500 Radlern genutzt werden könnte. 94 Prozent der Strecke seien gemäß der Regeln für Radschnellwege umzusetzen, sagte Kastrup, an 90 Prozent der Knotenpunkte könnten Radler frei oder bevorrechtigt durchfahren. Der Radschnellweg soll nicht in einem Zuge gebaut werden, sondern Stück für Stück. Kastrup räumte ein, "dass es in Teilbereichen nicht leicht umsetzbar ist, aber man muss halt mal anfangen". Da es entlang der B 3 die wenigsten Probleme geben dürfte, wollen die Planer dort beginnen. "Und irgendwann können wir dann von der TU bis zum Marienplatz fahren."

SPD-Sprecher Joachim Krause sah das nicht ganz so optimistisch. Er sprach von Bereichen, wo die Stadtpolitiker eine Umsetzung für "ziemlich unmöglich" hielten und wies auf die Gefahr hin, am Ende Teilstücke zu haben, aber keinen Radschnellweg. Kastrup wusste sofort, dass die Problemstrecke B 471 gemeint war. Dort besteht die Herausforderung darin, den Anliegerverkehr aus dem Gewerbegebiet mit ein- und ausfahrenden Lastwagen von den Radlern zu trennen. Die Stadtplanerin sah da durchaus Möglichkeiten. Das Straßenbauamt wolle diese Straße sowieso umbauen und ertüchtigen. Im Zuge dessen könnte der Radschnellweg eingeplant werden. Das allerdings zweifelte Josef Euringer an. Der Sprecher der Bürger für Garching bat darum, den ebenfalls geprüften und von vielen Studenten favorisierten Korridor durch die Fröttmaninger Heide nicht zu vergessen. Kastrup allerdings verwies auf die Aussage der Bundeswehr, die einen Radlweg dort kritisch sieht, weil ihr Truppenübungsgelände davon berührt wäre. Und auch Bürgermeister Gruchmann erinnerte an das Argument, man wolle keine Trasse parallel zur U-Bahn, weil es ja darum gehe, die Autofahrer zum Umsteigen zu bewegen und nicht die U-Bahn-Fahrer. Außerdem brachte er das Stichwort eines Overflys an der B 471 in die Diskussion ein, um das Problem dort zu lösen. Denn Florian Baierl, Sprecher der Unabhängigen Garchinger, betonte, er stehe zwar positiv zum Radschnellweg, aber er sehe die 94 Prozent nicht, "und an der B 471 sehe ich es überhaupt nicht", sagte er zur Machbarkeit. Außerdem kritisierte er, dass der Stadtrat nicht früher die Trasse mitgestaltet habe. Garching sei sowieso so zerschnitten von Straßen und Wegen, da stelle sich doch die Frage, ob man es noch mehr zerschneiden wolle. Er dagegen machte den Vorschlag, bestehende Trassen zu nutzen, etwa an der Umgehungsstraße entlang und am Schleißheimer Kanal. Dem schloss sich auch Albert Biersack (CSU) an, der hinzufügte, dann gehe es auch erheblich schneller. Zudem verstehe er den Zacken in der Wegführung am Schafweideweg nicht. Kastrup erklärte, es seien alle denkbaren Wegführungen untersucht worden, die jetzige Variante sei die kürzeste, die anderen Möglichkeiten hätten schlechter abgeschnitten in der Bewertung, auch weil es das Ziel war, den Weg möglichst mit dem Hauptort Garching zu verbinden.

Die Einstellung seiner Stadtratskollegen war Hans-Peter Adolf, Fraktionssprecher der Grünen, eindeutig zu negativ. "Mir fehlt ein bisschen die Begeisterung im Stadtrat", sagte er. Der Radschnellweg sei dringend notwendig, um den Verkehrskollaps abzuwenden, und er wäre ein Alleinstellungsmerkmal für Garching. Und für die B 471 könnte ja vielleicht eine Stelzenlösung Abhilfe schaffen. "Es ist eine visionäre Entwicklung, die möglichst schnell umgesetzt werden sollte." Das wird allerdings noch ein wenig dauern, wie Birgit Kastrup auf Nachfrage der SZ sagte. Zuvor seien noch weitere Planungsschritte, wie etwa Schaffung des Baurechts und Verhandlungen mit Grundeigentümern, nötig.

© SZ vom 27.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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