München:Sportliche und andere Kämpfe

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Doppelt hält besser: Hans Bauer (links) und Willi Armbruster lenkten viele Jahre lang gemeinsam die Geschicke des TSV Solln. (Foto: Florian Peljak)

Hans Bauer ist seit 70 Jahren dem TSV Solln verbunden. Schon als Elfjähriger legt er im zerbombten Nachkriegs-München beim Bau des Vereinsheims mit Hand an - eine Begegnung, die sein ganzes Leben geprägt hat

Von Jürgen Wolfram

Als die Geschichte einer großen Leidenschaft für den Vereinssport beginnt, sind die Zeiten trist. Zwei Jahre nach Kriegsende erteilen US-Offiziere Clublizenzen oder auch nicht, und wer Fußballern und Turnern ein Heim errichten möchte, klopft dafür Steine aus Bombenschutt. Beim TSV Solln legt ein Elfjähriger aus der Schultheißstraße mit Hand an, als der 1931 gegründete Verein reanimiert wird. Es soll der Startschuss für ein Leben werden, in dem der Sport 70 Jahre lang eine zentrale Rolle spielt. Hans Bauer - nicht zu verwechseln mit dem langjährigen Bezirksausschuss-Vorsitzenden gleichen Namens - hat so ziemlich alles erlebt, was man als aktiver Sportler und Funktionär mitmachen kann. Er fängt 1947 mit Kinderturnen an; Fußball ist bei Eltern verpönt, weil im Dunstkreis dieser Sportart zu viel Bier fließt. Offizielles Kicken funktioniert deshalb erst, als er zur Siemens-Lehrlingsmannschaft stößt.

Der angehende Werkzeugmacher und Maschinenbauer lässt auch sonst wenig aus, was sich an sportlicher Betätigung bietet. Er wird sogar mal Nationaltrainer der deutschen Skibobfahrer. Mit 440 Spielen im Fußballdress der ersten Mannschaft des TSV Solln setzt er einen Rekord. Ein Fall für die Geschichtsbücher des Stadtteils wird Bauer - hagerer Typ, Brillenträger, kerngesundes Ego - mehr noch wegen seiner Verdienste als ehrenamtlicher Funktionär.

Diese Laufbahn beginnt, als er das Amt des Schriftführers übernimmt, damals verbunden mit klassischen Aufgaben einer Geschäftsführung. Es folgen 13 Jahre als stellvertretender Vereinsvorsitzender und 24 Jahre an der TSV-Spitze. Parallel dazu übernimmt er zeitweise Tätigkeiten als Kassier und Schatzmeister, leitet Sportlerfahrten, verschafft dem Verein Zugang zum Jugendsport-Feriendorf Inzell. Dazwischen überraschen ihn Ehrungen, deren glänzendste die Verleihung des Goldenen Eichenblatts der Landeshauptstadt München im Jahr 2016 ist. Da hat sein Verein, der nach dem Krieg mit 100 Mitgliedern in zwei Abteilungen gestartet ist, schon elf Sparten und 3500 Mitglieder, fast 2000 davon Kinder und Jugendliche.

Im übertragenen Sinn legt sich Bauer über Jahre als Hürdenläufer mächtig ins Zeug - als einer, der des Kämpfens um neue Sportstätten nicht müde wird. Die Sicherung von Nutzungsrechten in Schulturnhallen; die Errichtung, Erweiterung und Übernahme der Bezirkssportanlage; der Bau des Vereinsheims (Herterich-Stuben); die Entstehung der Dreifach-Sporthalle - alles untrennbar mit seinem Namen verbunden. Es soll ein hartes Ringen mit der Stadt gewesen sein, mal um naturverträgliche Parkplätze, mal um die Ausgestaltung von Verträgen oder die Standorte für Halle und Trainingsplätze. Zehn Jahre lang durchschnittlich fünf Stunden am Tag habe ihn das Engagement für eine zukunftsfeste Ausstattung des TSV gekostet, rechnet der 81-Jährige vor. Immerhin zahlt sich der Einsatz aus, auch finanziell: Der TSV unterschreitet kalkulierte Baukosten, erledigt mehrere große Vorhaben gleichzeitig. "Heute ist unser TSV ein Riesen-Immobiliending", sagt Bauer.

Zuletzt trübt der Zeitgeist ein wenig die stolze Erinnerung. Bauer muss erkennen: Sportvereine werden heutzutage eher als Dienstleister betrachtet denn als eine Art Zweitfamilie, wie das früher einmal war, als die Ehrung langjähriger Mitglieder noch etwas bedeutet und die Erhebung eines Sonderbeitrags wegen großer Bauvorhaben noch nicht den Schwund Hunderter Mitglieder zur Folge hat. Als Hans Bauer und Willi Armbruster, der ihm 16 Jahre lang als Stellvertreter zur Seite stand, altersbedingt den Rückzug antreten wollen, scheitert mangels Interessenten die Wahl von Nachfolgern. Die Doppelspitze Bauer/Armbruster muss deshalb ein weiteres Jahr kommissarisch im Amt verharren. Erst im zweiten Anlauf am 18. Juli 2017 gelingt die Regelung der Nachfolge; Christian Teich als Vorsitzender und Petra Heublein als Stellvertreterin übernehmen. Teure personelle Ersatzhandlungen durch ein Amtsgericht wollte man denn doch nicht riskieren.

© SZ vom 14.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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