Wahlkampf:Es geht um die Wurst

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Bald hängen wieder überall Wahlplakate, wie 2013 in Höhenkirchen. (Foto: Claus Schunk)

In elf Wochen ist Bundestagswahl. Höchste Zeit für die Direktkandidaten, ins Werben um Stimmen einzusteigen. Und so tummeln sich die Bewerber der Parteien im Landkreis. Sie tun das - trotz Facebook und Twitter - ganz altmodisch mit Plakaten, Flugblättern und Luftballons.

Von Stefan Galler und Martin Mühlfenzl

Die erste Runde geht an Florian Hahn. Just in dem Moment, da Bela Bach, die Direktkandidatin der SPD im Wahlkreis München-Land, sagt: "Nächste Woche treffen unsere Magnetaufkleber für die Autos ein", postet der CSU-Bundestagsabgeordnete auf seiner Facebook-Seite ein Foto von sich mit Sonnenbrille, den Ellbogen lässig auf der Autotür abgestützt - an der hängt ein kleines Plakat mit seinem Konterfei. "Magnetschilder eingetroffen - der Wahlkampf kann jetzt richtig losgehen!", lässt Hahn seine Follower wissen.

Die letzte Sitzungswoche des Bundestags vor der Sommerpause ist vorbei - und nicht nur Bach und Hahn sind seitdem im Wahlkampfmodus. Denn die kommenden Wochen werden kein Zweikampf: Im Wahlkreis München-Land treten auch Grüne, FDP, Freie Wähler, Linke und die AfD mit Kandidaten an. Auch wenn keiner von ihnen daran glaubt, dem CSU-Kreisvorsitzenden in elf Wochen, bei der Wahl am 24. September, das Direktmandat streitig machen zu können, wird die politische Auseinandersetzung spannend - könnten doch nach Auszählung der Stimmen deutlich mehr Abgeordnete als bisher dem Deutschen Bundestag angehören und auch der eine oder andere weitere Kandidat aus dem Landkreis nach Berlin ziehen.

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Es lohnt also auch für SPD, Grüne, FDP, Freie Wähler, Linke und AfD, um Stimmen für ihre Direktkandidaten zu kämpfen. Die Wähler werden sich daher darauf einstellen müssen, trotz fortschreitender Digitalisierung im klassischen Straßenwahlkampf mit Flyern, Luftballons, Kugelschreibern und Buttons überhäuft zu werden. Der Infostand hat so wenig an Aktualität verloren wie der Umstand, dass sich Abgeordnete gerne der eigenen Bedeutung vergewissern. "Am Montag war ich noch in Berlin", sagt Florian Hahn. "Um bei der Präsentation des gemeinsamen CDU-CSU-Programms für die Bundestagswahl dabei zu sein, an dem ich selbst mitgewirkt habe." Neben den Inhalten will Hahn mit großen Namen punkten, die sich in den kommenden Wochen die Klinke in die Hand geben werden: Innenminister Joachim Herrmann macht am kommenden Dienstag den Anfang, es folgen unter anderem Unionsfraktionschef Volker Kauder, Verkehrsminister Alexander Dobrinth, Edmund Stoiber und Markus Söder.

Die Jusos planen Nacht-Infostände

SPD-Kandidatin Bela Bach hat eine kleine Kampa, wie bei den Genossen Wahlkampfteams heißen, aus jungen Sympathisanten gegründet. "Da kommen immer wieder Neue dazu, die sich ein paar Stunden in der Woche engagieren wollen", sagt Bach, die auf Listenplatz 20 antritt und nach ihrer ersten Kandidatur 2013 gute Chancen hat, den Sprung nach Berlin zu schaffen. Natürlich will die Planeggerin über die sozialen Medien junge Leute ansprechen, auf Facebook ist sie ebenso aktiv wie auf Instagram - wie auch CSU-Kontrahent Hahn. Doch der wahre Wahlkampf wird für die 26-Jährige draußen stattfinden. "Bei den Leuten", sagt sie. "Ich habe aus 2013 gelernt, als ich in den Sommerferien sehr viele Hausbesuche gemacht habe. Da erreicht man kaum jemand." In diesem Sommer soll es in die Biergärten gehen. Die Jusos planen Nacht-Infostände, um junge Leute vor und nach dem Feiern an den Bahnhöfen abzufangen. Und es wird Veranstaltungen geben, so mit Thorsten Schäfer-Gümbel, Hessens SPD-Chef.

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Prominente Gesichter muss Anton Hofreiter nicht einladen. Er ist neben Claudia Roth das bekannteste Gesicht der Grünen in Bayern. Und seinen großen Moment im Wahlkampf hat der Chef der Bundestagsfraktion ja eigentlich schon hinter sich - mit seiner im Internet tausendfach geklickten Wutrede auf dem Parteitag Mitte Juni. Der Sauerlacher gefällt sich in der Rolle eines - zumindest optisch - wütenden Wikingers, der den Eisbären ihre Lebensgrundlage erhalten will. Er kann aber auch anders: Freundlich, leicht professoral - so wie bei Spaziergängen an der Isar - wird er bei seinen Terminen im Landkreis über die Energiewende und die "Fleischfabrik Deutschland" sprechen.

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Auch die Kleinen versuchen präsent zu sein. Ilse Ertl, Kandidatin der Freien Wähler, macht Mitte Juli in Ismaning Wahlkampf mit Alexander Hold. Gerold Otten von der AfD empfängt kommende Woche die Europaabgeordnete Beatrix von Storch zu einer Veranstaltung in Taufkirchen (siehe unten). Ein Konzept für den Online-Wahlkampf werde derzeit noch erarbeitet, sagt der Putzbrunner. Seine Partei plane eventuelle Live-Übertragungen von Veranstaltungen via Facebook.

Die Linken sind im Lankdkreis "Anhängsel der Münchner"

In diesem Themenbereich will freilich auch Jimmy Schulz punkten, der nach vier Jahren mit der FDP die Rückkehr in den Bundestag anpeilt. "Ansonsten werden wir einen ganz klassischen Wahlkampf fahren. Veranstaltungen ausrichten, rausgehen, plakatieren, Menschen treffen", sagt Schulz. "Ich will präsent sein."

Das wird für Eva Schreiber von der Linken eher schwierig. "Wir sind im Landkreis nicht stark aufgestellt", sagt sie. "Wir sind ja ein Anhängsel der Münchner, aber ich versuche, so oft es geht, in den großen Kommunen im Kreis da zu sein."

Bela Bachs Höhepunkt soll übrigens der Aufstieg auf Deutschlands höchsten Berg sein - sie will auf der Zugspitze für sich werben. Florian Hahn wählt einen gemütlicheren Weg: Er radelt zu Biergärten und verteilt lieber Kugelschreiber. Auch die sind mittlerweile in der CSU-Geschäftsstelle eingetroffen, teilt er online mit. Und Toni Hofreiter fährt momentan auf seiner "Energie-Tour" durch Deutschland. In einer Woche aber ist er wieder im Landkreis. Dann geht es im idyllischen Sauerlach um die Wurst - also die Fleischfabrik.

© SZ vom 08.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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