Häusliche Gewalt:Zweites Frauenhaus in der Diskussion

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Zuflucht in größter Not: In Frauenhäusern finden Opfer häuslcher Gewalt Schutz. (Foto: Peter Steffen/dpa)

Während die SPD "unverzüglich" die Planung einer weiteren Einrichtung fordert, will die CSU im Kreistag erst klären, ob Bedarf besteht.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Braucht der Landkreis ein zweites Frauenhaus? Die Mitglieder des Sozialausschusses des Kreistags erkennen derzeit keinen Bedarf an einer weiteren Einrichtung für Opfer häuslicher Gewalt. In einer konstruktiven und sachlichen Debatte am Dienstagnachmittag im Sozialausschuss wurde deutlich, dass den Kreisräten derzeit eine aussagekräftige Datengrundlage fehlt, um einen entsprechenden Antrag der SPD befürworten zu können.

Endgültig vom Tisch ist ein zweites Frauenhaus damit aber nicht.

Die SPD-Fraktion hatte ihren Antrag im Februar eingebracht, wonach das Landratsamt unverzüglich mit Planungen für eine zweite Einrichtung dieser Art in einer der 29 Kommunen des Kreises hätte beauftragt werden sollen. Der Sozialausschuss lehnte den SPD-Antrag am Dienstag nicht ab, sondern wandelte ihn um: Alternativ entschieden die Kreisräte auf Vorschlag von Landrat Christoph Göbel (CSU), dass zunächst per Anfrage beim Sozialministerium der Bedarf für eine zweite Einrichtung im Landkreis geklärt werden soll. Zusätzlich einigten sich die Kreisräte auf Anregung der Grünen-Kreisrätin Frauke Schwaiblmair darauf, eine mögliche Anschlussunterbringung und Betreuung für Frauen nach ihrer Zeit im Frauenhaus zu prüfen.

Vergangenes Jahr öffnete das erste Frauenhaus

Das erste Haus im Landkreis öffnete im vergangenen April seine Pforten für Frauen in Not. Sieben Frauen sollen dort Schutz, Ruhe und die Zeit finden, sich über ihre Zukunft Gedanken zu machen. Der Standort wird zum Schutz der Frauen geheim gehalten. Das Haus wird nach Auskunft des Landratsamts gut angenommen. Allerdings, sagte Sozialreferentin Christine Heese im Sozialausschuss, seien noch nie alle sieben Plätze gleichzeitig belegt gewesen. Unter anderem dieser Umstand hatte die Verwaltung veranlasst, dem Ausschuss die Ablehnung des SPD-Antrags zu empfehlen.

SPD-Kreisrätin Bela Bach spann daher den Bogen etwas weiter und wollte wissen, wie viele Frauen aus dem Landkreis in einem der drei Häuser der Landeshauptstadt Zuflucht suchen. Denn schutzsuchende Frauen haben grundsätzlich Wahlfreiheit. Darüber aber, sagte Heese, gebe es keine verlässlichen Daten. Ebenso wenig darüber, wie viele Frauen aus München den Weg in das Frauenhaus des Landkreises finden oder aus anderen Regionen Deutschlands hierher kommen. Fakt sei nur, dass in Bayern neue Frauenhäuser benötigt würden. Dies gehe aus einer Studie hervor, mit der das Sozialministerium den Bedarf an neuen Häusern in allen Regierungsbezirken ermittelt. Verlässliche, detaillierte Daten aber seien noch nicht vorhanden.

Und was macht der Freistaat?

Einig waren sich die Kreisräte und Landräte Christoph Göbel darin, dass der Bedarf in einer boomenden Region wie München und seinem Umland deutlich höher sei als in ländlichen Bereichen. "Aber ich werde jetzt sicher nicht zu Dieter Reiter gehen und fragen, ob der Landkreis ein neues Frauenhaus bauen soll", sagte Göbel. Er kenne die voraussichtliche Antwort des Münchner Oberbürgermeisters. Und die Kosten müsste der Landkreis tragen. Denn das bayerische Sozialministerium bescheinigt dem Frauenhaus des Landkreises nicht einmal die Förderfähigkeit. Der Landrat sieht dagegen wieder einmal den Freistaat am Zug: "Der ist bei diesem Thema in der Pflicht."

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Dass es angeblich keine Daten über die Herkunft der Frauen in den vier Häusern von Stadt und Landkreis gibt, irritierte SPD-Kreisrätin Johanna Hagn. "Ich habe in den Achtzigern im ersten Münchner Frauenhaus gearbeitet. Und damals gab es sehr wohl Statistiken", sagte Hagn. "Damals hatte der Landkreis ja auch noch ein Belegrecht im Münchner Frauenhaus."

CSU-Kreisrat Stefan Kern sagte, es müsse abgewartet werden, ob das Sozialministerium einen Bedarf für den Landkreis erkennt. Kern ergänzte: "Die Kapazitäten im bestehenden Frauenhaus können ja noch problemlos erweitert werden." Die Notwendigkeit von Rückzugs- und Schutzräumen wurde in der Sitzung von allen Fraktionen anerkannt. Vor einer Entscheidung soll dennoch weiter recherchiert werden.

© SZ vom 22.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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