Fußball:Ideale Lebenspartner

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Die Mentalität entscheidet, weiß Daniel Weber, auch deshalb sagt er: „Ich habe mich im Laufe der Saison in meine Mannschaft verliebt.“ (Foto: Sven Leifer/imago/foto2press)

Trainer des Jahres: Die Regionalliga Bayern honoriert die Arbeit von Garchings Daniel Weber.

Von Stefan Galler, Garching

Das Ergebnis fiel einigermaßen deutlich aus: Sieben von 19 Trainern der Fußball-Regionalliga Bayern haben Daniel Weber zum Coach des Jahres gewählt. Es ist keine große Überraschung, denn der 45 Jahre alte Sportpädagoge hat den VfR Garching zum größten Erfolg der Vereinsgeschichte geführt: Rang vier in der vierthöchsten Klasse. "Ich habe mich im Laufe der Saison in meine Mannschaft verliebt", sagt Weber. Die Saison sei etwas Besonderes gewesen: "Wir haben das bestmögliche Ergebnis für diesen Verein erreicht."

Vor gerade mal etwas mehr als einem Jahr stand der VfR am Abgrund: Aus finanziellen Gründen hatte er in Betracht gezogen, sich aus der Regionalliga zurückzuziehen. "Was dann nach der Rettung passiert ist, war dem Ehrgeiz aller geschuldet", sagt Weber. "Wir durften weitermachen und haben deshalb alles probiert, um diese Chance zu nutzen." Letztlich holte der VfR 56 Punkte, siegte in 17 der 36 Saisonspiele und erzielte einen Schnitt von 1,56 Punkten pro Spiel. Den Erfolg führt der Trainer auf die Einstellung seiner Mannschaft zurück: "Obwohl mancher Gegner die besseren Einzelspieler hatte, mehr Ballbesitz und deutlich mehr Torchancen, haben wir am Ende gewonnen. Und zwar weil die Mentalität entscheidet."

Die Mentalität entscheidet, weiß Daniel Weber, auch deshalb sagt er: „Ich habe mich im Laufe der Saison in meine Mannschaft verliebt.“ (Foto: Sven Leifer/imago/foto2press)

In diesen Tagen ist Daniel Weber damit beschäftigt, den Kader für die Mitte Juli beginnende neue Saison zusammenzustellen. Leistungsträger wie Abwehrtalent Semi Belkahia, dessen Defensivkollegen Silas Göpfert und Florian Mayer, sowie Torjäger Manuel Eisgruber verlassen den Klub. Weber hat in Mittelfeldspieler Lucas Genkinger (TSV 1860) und dem Unterhachinger Nachwuchsverteidiger Christian Hercog erst zwei Zugänge fix verpflichtet. "Es ist eine Katastrophe", sagt der 45-Jährige über seine Suche nach Verstärkungen. "Wir haben zwar die Finanzen stabilisiert, aber aus dem Vollen schöpfen können wir trotzdem nicht. So viele Wettbewerbe um Spieler wie in diesem Sommer habe ich noch nie verloren." Man wird wie in den vergangenen Jahren viele unbekannte Fußballer sichten und die besten verpflichten, das ist so etwas wie Webers Spezialität.

Seine Fähigkeiten, Talente zu erkennen und aus relativ wenig viel zu machen, haben sich in der Branche herumgesprochen. Allerdings hat das offenbar etwas länger gedauert: 2006 kam Weber zum VfR, er führte den Klub aus der Bezirksliga kontinuierlich nach oben. Trotzdem habe sich in den ersten acht Jahren kein anderer Verein konkret nach ihm erkundigt. Zuletzt seien die Anfragen häufiger geworden, vor allem in jener Zeit, als die Regionalligazukunft des VfR in den Sternen stand. Doch für den gebürtigen Bonner Weber, der als aktiver Torwart für den Regionalligisten Preußen Köln zwischen den Pfosten stand, ehe er 1998 nach München kam, um an der Technischen Universität sein Sportlehrerstudium anzugehen, kommt aktuell kein Wechsel infrage. Das liegt vor allem an seiner besonderen Beziehung zum VfR Garching, bei dem er kurz nach seinem Umzug aus dem Rheinland bereits als Spieler anheuerte, damals unter der Regie seines rheinischen Landsmanns Wolfgang Donders in der Kreisliga.

"Erfolg ist, was gestern war", sagt Weber. "Herausforderung ist das, was morgen ist."

Nach anderthalb Jahren wechselte Weber zwar zum SC Fürstenfeldbruck, mit dem er von der Landesliga in die Bayernliga aufstieg, dennoch hat er die besondere Atmosphäre beim VfR nie vergessen. Und diese sei heute immer noch so wie damals: "Es geht sehr menschlich und kollegial zu, in Erfolg wie Misserfolg flippt hier niemand aus." Das Vertrauensverhältnis zu den Verantwortlichen sei stets einwandfrei gewesen, ob mit dem früheren Abteilungsleiter Franz Hölzl oder dessen Nachfolger Stefan Schmiedel, Gesamtvorstand Uwe Cygan oder dem langjährigen Technischen Leiter Günter Niebauer. "Man hat mir als jungem Trainer damals viel Vertrauen entgegengebracht, das zahle ich nun zurück", sagt Weber. "Nie hat mir irgendjemand im Verein vorgeschrieben, dieses oder jenes zu machen. Die Zusammenarbeit war immer konstruktiv." Das gelte auch für sein Trainerteam mit den Assistenten Günter Edahl und Emanuel Jozic sowie Fitnesscoach Pierre Widmann. Auch sie sorgten dafür, dass das Training nie langweilig werde und sich keine Abnutzung einstelle, betont Weber.

Dass der Coach sagt, der VfR passe "hundertprozentig in mein Leben", hat einen weiteren, sehr ernsten Hintergrund: Das älteste der drei Kinder des Trainers ist seit der Geburt schwerstbehindert, braucht rund um die Uhr Pflege. Eine kaum vorstellbare Belastung für die Familie des 45-Jährigen. "Wir sind auf dem Weg, den Alltag besser in den Griff zu bekommen", sagt er und spielt auf die dringend benötigte, noch umfassendere professionelle Hilfe bei der Betreuung an. Seinem Beruf als Lehrer geht Weber schon seit Jahren nicht mehr nach, er verdient sein Geld neben der Trainertätigkeit als selbständiger Produktentwickler für Sportartikel.

Und so wird sich der Trainer der Saison also weiterhin mit vollem Eifer darauf stürzen, den VfR in der Regionalliga zu etablieren. "Erfolg ist, was gestern war. Herausforderung ist das, was morgen ist", sagt Weber und fügt lächelnd hinzu: "Und wenn es irgendwann mal endet, dann war es eine tolle Zeit."

© SZ vom 09.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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