Energieversorgung:Täglich scheint die Sonne

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Das Inkrafttreten des EEG vor 15 Jahren gab den Anstoß zur Gründung der Solarkraftwerke München-Land. (Foto: dpa)

Der Landkreis ist auf der Suche nach einer neuen Energievision. Die Wende hin zu Erneuerbaren ist nötig: Bislang decken Solaranlagen, Wasserkraft, Biomasse- und Erdwärmekraftwerke nur zwölf Prozent des Stromverbrauchs.

Von Markus Mayr, Landkreis

Kürzlich erklärte der Kreistag die Energievision für gescheitert. Den Energiebedarf des Landkreises bis 2050 um mehr als die Hälfte senken? Nicht möglich. Die florierende Wirtschaft und der mit ihrer Blüte steigende Stromverbrauch lassen das 2006 erklärte Ziel in weite Ferne rücken.

Die Kreisräte müssen eine neue Vision formulieren. Diesmal soll sie klar den Umstieg auf erneuerbare Energien (EE) im Fokus haben. Diese Wende vollziehen der Landkreis und seine Kommunen bereits: weg von fossilen Energieträgern hin zu regenerativen. Doch wie weit sind sie bisher gekommen? Ein Blick in den Bestand der Solaranlagen, Windräder und Erdwärmekraftwerke.

2 279 244 Megawattstunden Strom pro Jahr verbrauchen die Landkreisbürger

Laut aktueller Zahlen der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie verbraucht der Landkreis München mit seinen 308 006 Bewohnern 2 279 244 Megawattstunden (MWh) Strom pro Jahr. Zwölf Prozent davon produziert der Kreis selbst aus erneuerbaren Energien. Knapp ein Viertel (24,4 Prozent) des EE-Stroms kommt von Solaranlagen. Derzeit produzieren gemäß der Statistik 4 295 große und kleine Photovoltaik(PV)-Anlagen zusammen mit einer Spitzenleistung von 72 MW.

Doch um den geringen Solarstromanteil am Energiemix zu erhöhen, müssen Kommunen und der Kreis mehr und größere Anlagen bauen. Seit Anfang Dezember finanziert der Kreis nicht nur PV-Anlagen auf kreiseigenen Gebäuden, sondern auch auf Dächern von weiterführenden Schulen. Doch lohnt es sich schlichtweg nicht mehr so wie früher.

"Die Zubauraten sind dramatisch zurückgegangen", sagt Jörg Schindler, der Dritte Vorsitzende der Solarinitiative München-Land (Simla). Seit der Bundesgesetzgeber das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zum 1. April 2012 novelliert hat, verdienen Anlagenbetreiber deutlich weniger am Strom, den sie ins öffentliche Netz einspeisen können. Im Verhältnis zu ihren Kosten wird die PV-Anlage unrentabel. Als "politische Bremse" der Energiewende bezeichnet Schindler die Gesetzesnovelle. Peter Kloeber von der Agenda 21 in Pullach sagt: Inzwischen sei es "nur noch für private Haushalte, die einen Teil des erzeugten Stroms selbst verbrauchen" interessant, PV-Anlagen zu betreiben. Der Preis für eine ins Netz eingespeiste Kilowattstunde Strom liegt je nach Größe der Anlage bei maximal 12,31 Cent.

In Unterhaching steht die vierte Anlage der Bürger-Energie-Genossenschaft

Als das EEG vor 15 Jahren in Kraft trat, gab es dem damals noch jungen Verein Simla vorerst Rückenwind. Es lockten Preise von mehr als 50,62 Cent pro Kilowattstunde. Daraufhin gründete die Simla mit der Gemeinde Unterhaching die Solarkraftwerke München-Land (SKML): Damit Leute ohne eigene Dachflächen dennoch in PV-Anlagen investieren könnten, sagte Schindler in seiner Rede zum 20-jährigen Bestehen des Vereins Anfang November.

Die Jahresproduktion der SKML belief sich von Juni 2011 bis Juni 2012 nach eigenen Angaben auf mehr als 860 MWh. Viel dürfte sich da nicht verändert haben, seitdem hat die SKML nach eigenen Angaben nichts mehr gebaut. Unlängst ging allerdings trotz sinkender Einspeisevergütung in Unterhaching die vierte PV-Anlage der Bürger-Energie-Genossenschaft auf dem Dach des Lise-Meitner-Gymnasiums ans Netz. "Und die Sonne lohnt sich doch" erklärten Experten von Solartechnik-Firmen und Vorstandsmitglieder der Bürger-Energie-Unterhaching im Sommer bei einer gleichnamigen Veranstaltung. Die geringe Vergütung lasse sich mit intelligenten Elementen zur Steuerung des Stromverbrauchs und leistungsstarken Batterien zum Stromspeichern ausgleichen.

Fast alle Kommunen des Kreises zeigen mit größeren und kleineren PV-Anlagen ihren Willen, die Energiewende zu vollziehen. Nicht zuletzt auch durch gemeindliche Förderprogramme. Doch nur wenn der Kreis auch Windenergie nutzt, kann er vollends auf Kohle-, Gas- und Atomstrom verzichten. Darin herrschte Einigkeit unter den Teilnehmern des Forums zur Energiewende 2011 in Taufkirchen. Unter anderen diskutierten dort der damalige Bürgermeister der Gemeinde Jörg Pötke und die damalige Landrätin Johanna Rumschöttel über mögliche Standorte von Windrädern. Jetzt, vier Jahre später, dreht sich noch immer keins auf Landkreis-Flur.

Der Anteil der Windenergie am Energiemix liegt bei null

Im Herbst ist der Landkreis jedoch zusammen mit dem Kreis Miesbach einer Arbeitsgemeinschaft (Arge) beigetreten, die bisher aus den Gemeinden Aying, Brunnthal, Otterfing und Sauerlach besteht. Diese lässt prüfen, ob eine Windkraftanlage im Hofoldinger Forst rentabel ist.

Mit der finanziellen Hilfe der Kreise will die Arge nun ein entsprechendes Windgutachten in Auftrag geben. Auch in Garching gibt es Pläne für Windräder, die Green City Energy errichten will. Grundsätzlich müssen Windräder nach derzeitiger Rechtslage das zehnfache ihrer Höhe von bewohntem Gebiet entfernt sein. Da die Windräder mit Rotorblättern annähernd 200 Meter hoch sind, könnten sie im dicht besiedelten Landkreis nur an wenigen Stellen stehen.

Die zwölf laufenden Geothermieprojekte sind ergiebiger

Während der Anteil der Windenergie am EE-Mix noch bei genau null liegt, nutzen die Kommunen die Wärme aus den Tiefen der Erde bereits verhältnismäßig effektiv. Die zwölf Geothermieprojekte, von denen drei nicht nur Wärme sondern auch Strom erzeugen, "zählen zu den ergiebigsten Energieprojekten im Bereich der regenerativen Energien", teilt das Landratsamt mit.

31,1 Prozent des EE-Stroms des Landkreises kommen aus Erdwärmekraftwerken. Die erste Anlage, die Ende 2009 in Aschheim in Betrieb ging, ist "Deutschlands erstes interkommunales Geothermieprojekt", wie aus dem bayerischen Energie-Atlas der Staatsregierung zu erfahren ist. Beteiligt an der Anlage sind die Gemeinden Feldkirchen und Kirchheim.

Bislang decken erneuerbare Energien nur zwölf Prozent des Bedarfs

Der Landkreis vervollständigt seinen EE-Mix derzeit mit 19,7 Prozent Strom aus Wasserkraftwerken und 24,8 Prozent aus Kraftwerken, die Biomasse verbrennen. Dennoch deckt der von Kommunen und Kreis produzierte Strom aus erneuerbaren Energien nur zwölf Prozent des gesamten Bedarfs.

Wenn der Kreistag nun eine neue Energievision formuliert, sollte sie realistische Ziele enthalten. Die Umwelt würde bei einem Umstieg auf die unerschöpflichen Energiereserven von Sonne, Wind und Erdwärme profitieren.

© SZ vom 30.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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