Landgericht München:Abschleppen ist keine Erpressung

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  • Das Landgericht München hat den Geschäftsführer der Abschleppfirma Parkräume KG vom Vorwurf der Erpressung freigesprochen.
  • Die Firma lässt im Auftrag von Supermarktketten von deren Parkplätzen unberechtigt abgestellte Fahrzeuge entfernen. Den Fahrzeughaltern wird anschließend der Standort erst gegen bis zu 300 Euro Auslöse genannt.

Von Christian Rost, München

Das Landgericht München I hat am Mittwoch den Geschäftsführer der berüchtigten Abschleppfirma Parkräume KG, Joachim G., vom Vorwurf der Erpressung freigesprochen. Die Firma lässt im Auftrag von Grundeigentümern - etwa Supermarktketten - von deren Parkplätzen unberechtigt abgestellte Fahrzeuge entfernen und irgendwo auf öffentlichem Grund abstellen. Den Autofahrern werden die Standorte ihrer Pkw erst genannt, wenn sie bis zu 300 Euro Auslöse zahlen. "Die Versetzung der Fahrzeuge ist ein legales Mittel", stellte die 20. Strafkammer klar.

Mit dem Geschäftsmodell der Parkräume KG haben sich schon etliche Zivilgerichte beschäftigt, die sich aber meist nur mit der Höhe der Abschleppkosten auseinandersetzten und auch da zu keiner einheitlichen Rechtsprechung fanden. Der Bundesgerichtshof stellte dann 2009 klar, dass es erlaubt sei, Falschparker von Privatparkplätzen entfernen zu lassen. 2014 entschied der BGH noch, dass die Kosten fürs Abschleppen "ortsüblich" sein müssten.

Sogar Autos von Mitarbeitern der Supermärkte abgeschleppt

Dass sich nun ein Strafgericht mit der wilden Abschlepperei der bundesweit tätigen Parkräume KG in 14 Verhandlungstagen auseinandersetzte und 100 Zeugen hörte, hatte die Staatsanwaltschaft München I veranlasst. Die Strafverfolger warfen dem 58-jährigen G. vor, er habe auch ordnungsgemäß geparkte Autos fortschaffen lassen. So seien auf Stellflächen von Rewe oder Tengelmann in München sogar Fahrzeuge von Mitarbeitern der Supermärkte an den Haken genommen worden.

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Die Parkräume KG habe überdies Fahrzeuge von Schwerbehinderten von Behindertenparkplätzen entfernt - zum Beispiel am Bogenhauser Krankenhaus. Wie die Vorsitzende der 20. Strafkammer, Sigrun Broßardt, in der Urteilsbegründung sagte, sei dem Angeklagten in keinem der insgesamt 28 untersuchten Fälle nachzuweisen gewesen, dass die Autos tatsächlich ordnungsgemäß abgestellt gewesen seien.

Keine gültigen Parkausweise

Die Supermarktmitarbeiter etwa hätten es versäumt, einen Hinweis an ihren Fahrzeugen zu hinterlassen, der sie als berechtigt Parkende auswies. Bei den Fahrzeugen von Schwerbehinderten hätten diese ebenfalls keine gültigen Parkausweise hinter die Windschutzscheibe ins Fahrzeug gelegt. Die Betroffenen, so Broßardt weiter, hätten allesamt im Zeugenstand einräumen müssen, dass ihre Fahrzeuge falsch oder zu lange auf zeitlich begrenzten Stellplätzen gestanden hätten.

Supermarktkunden, die tatsächlich in den Märkten eingekauft hatten und deren Autos trotzdem entfernt worden waren, wies die Verteidigung anhand von Fotos nach, dass die Betroffenen jeweils die Höchstparkdauer überschritten hatten. Die Bilder zeigten Fahrzeuge mit völlig vereisten Scheiben.

"Privatgrund ist zu achten"

Richterin Broßardt äußerte Verständnis dafür, dass etliche Grundeigentümer die Parkräume KG mit dem Entfernen der Autos von sogenannten Besitzstandsstörern beauftragen. Die Verantwortlichen von Rewe und Tengelmann hätten zuvor alles mögliche versucht, um Falschparker zur Vernunft zu bringen, die ihre Stellplätze blockierten. Die Autofahrer hätten aber alle Aufforderungen ignoriert. "Privatgrund ist zu achten", sagte die Richterin.

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Für nicht zulässig hielt die Kammer indes den Einsatz von Parkkrallen, was die Parkräume KG ebenfalls praktizierte. Doch auch in diesem Punkt war kein Schuldspruch möglich: Joachim G. hatte sich zu dieser Praxis juristischen Rat eingeholt und somit nicht vorsätzlich gehandelt.

Forderungen kein Wucher

Zum Vorwurf der überhöhten Forderungen an die Autofahrer stellte die Kammer fest, dass in München jeder Abschleppvorgang rund 200 Euro an Kosten verursache. Deshalb seien die Forderungen der Parkräume KG auch kein Wucher. Allerdings müssten die Autofahrer das Geld nicht direkt an die Firma zahlen. "Betroffene können entweder nur unter Vorbehalt zahlen oder darauf bestehen, dass das Geld beim Amtsgericht hinterlegt wird", so Broßardt.

Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert, die Staatsanwaltschaft drei Jahre Haft für Joachim G. gefordert. Sie wird Revision gegen das Urteil einlegen.

© SZ vom 13.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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