Hadern:Jugendliche haben zu laut Spaß - Politiker lassen ihren Unterstand demontieren

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  • Weil Anwohner sich wegen Ruhestörung beklagen, soll von einem Unterstand das Dach abgerissen werden - um Jugendliche zu vergraulen.
  • Der dazugehörige Anlage wurde erst 2013 für für 450 000 Euro umgestaltet.

Von Berthold Neff, Hadern

Wenn es mitten in der Nacht so laut wird, dass an Schlaf nicht mehr zu denken ist, wissen sich die Anwohner nur noch durch einen Anruf bei der Polizei zu helfen. Neun Mal mussten die Beamten allein in diesem Jahr am Bolz- und Spielplatz am Stiftsbogen nach dem Rechten sehen, weil Jugendliche und Erwachsene zu später Stunde dort Fußball spielten und lautstark dem Alkohol zusprachen.

Nun versucht man, das Problem auf ungewöhnliche Art zu entschärfen: Der vor vier Jahren neu erbaute Unterstand soll sein Dach einbüßen, damit sich die Jugendlichen dort zumindest bei Regen nicht mehr aufhalten können und die Anwohner ihre Ruhe haben.

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Auf diese Lösung verfiel man dieser Tage bei einem Ortstermin am Stiftsbogen 15 a, bei dem Vertreter des Bezirksausschusses (BA) Hadern, der Polizei, des Baureferats und der beim Sozialreferat angesiedelten Eingreiftruppe von Akim (Allparteiliches Konfliktmanagement) zusammen mit den Anwohnern die Situation diskutierten. Gerhard Fries (SPD), Vorsitzender des BA-Unterausschusses Soziales und Kultur, zog in der BA-Sitzung am Montagabend eine Bilanz. Er sagte, der Vorschlag, das Dach und auch die Seitenwände wegzureißen, kam vom Jugendbeamten der Polizei und wurde von den Beteiligten positiv aufgenommen.

In der BA-Sitzung war die Reaktion darauf aber eher durchwachsen. "Wir waren doch dafür, dass sich die Jugendlichen auch bei Schlechtwetter auf dem Bolzplatz aufhalten können", gab Lydia Ulke-Foag (FDP) zu bedenken. Deshalb lehne sie es ab, das Dach abzureißen. Falls es doch dazu käme, sollte - so ihre Anregung - zumindest die Westwand des Unterstands erhalten bleiben, denn diese könnte zu den Wohnblocks zumindest ein bisschen Lärmschutz bieten.

Dass es dort immer wieder wegen nächtlicher Ruhestörung zu Problemen und Einsätzen kommt, bestätigte Wolfgang Dausses, Erster Polizeihauptkommissar von der zuständigen Polizeiinspektion 41. Seine Dienststelle sieht sich schon seit Längerem mit den Problemen an diesem Bolzplatz konfrontiert. Es hat aber nicht viel geholfen, dass die Polizei öfter Präsenz zeigte und vor allem auch zu später Stunde nach dem Rechten sah.

Die Anwohner hatten sich bereits vor der Umgestaltung des Bolzplatzes über die Zustände beschwert. Im BA führten sie beredt Klage darüber, dass in manchen Nächten an Schlaf nicht zu denken sei, "weil die Fußbälle an den Fangzaun donnern" und wenige Meter von ihren Schlafzimmern entfernt "gegrölt, gegrillt, geraucht, getrunken und Geburtstag gefeiert wird". Von der Umgestaltung der Anlage, die im Frühjahr 2013 für 450 000 Euro erfolgte, erhoffte man sich eine deutliche Besserung. Die Bänke, die zuvor viel näher an den Wohnblocks standen, wurden in die entfernteste Ecke verlegt, etwa 26 Meter von den Wohnblocks entfernt. Außerdem baute man den Unterstand, dessen Dach nun dran glauben muss.

Es stellte sich schnell heraus, dass der neue Bolzplatz von den Jugendlichen gerne genutzt wurde, zum Leidwesen der Anwohner auch zu nachtschlafender Stunde. Erleichtert wurde dies dadurch, dass ihn eine Straßenlaterne so weit erhellte, dass man ein Spiel am Laufen halten konnte. Dass man kurzerhand die Leuchtröhre abschaltete, machte die Sache nicht viel besser. Inzwischen, so berichtete Gerhard Fries, behelfen sich die jungen Leute damit, dass sie LED-Bänder an den Toren befestigen und sich Stirnlampen an den Kopf schnallen. Angesichts dieser Umstände stimmten die BA-Mitglieder mehrheitlich dafür, das Dach abzureißen und die Westwand stehen zu lassen.

© SZ vom 10.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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