Giesinger Bräustüberl:A gscheide Unterlag

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Über das Getränk braucht man sich im Giesinger Bräustüberl keine großen Gedanken zu machen. (Foto: lukasbarth.com)

Schweinsbraten und Rindsbackerl: Im Giesinger Bräustüberl sind die Gerichte traditionell, aber auch manchmal etwas trocken und salzig. Dafür ist das Bierangebot spektakulär.

Von Alois Gudmund

München und Bier gehören bekanntlich zusammen wie Henne und Ei, und die Historie sagt sogar, dass zuerst das Münchner Bier da war und die Stadt München erst viel später. Im Jahr 815 jedenfalls musste der Diakon Huvezzi dafür, dass ihm die Kirche zum Heiligen Johannes dem Täufer in Oberföhring verliehen wurde, "una carrada de cervisa" an das Freisinger Domkapitel liefern - eine Fuhre Bier als erster Brauereiexport aus dem heutigen Stadtgebiet.

Darauf ließ sich aufbauen: Gut ein Jahrtausend später, im Jahr 1904, verzeichnete das "Bierometer" des Werbeblattes Münchener Bier-Chronik 21 Brauereien, vom Eberlbräu ("Zur Zeit vorzüglich") bis zum Klosterbräu ("Zählt zu den bekömmlichsten und gesündesten Bieren der Stadt"). Die meisten dieser Braustätten gibt es lange nicht mehr. Heute besetzen die sechs (nach Besitzverhältnissen nur: vier) Großbrauereien den EU-weit als "geschützte geografische Angabe" eingetragenen Begriff und den lukrativen Markt des Münchner Bieres. Fast jedenfalls. Ein paar kleine Brauer finden noch ihre Nischen, begünstigt vom weltweiten Trend zur Mikrobrauerei und zu handwerklich gefertigtem Bier.

Von der Garage in die Manufaktur

In einer Garage in Untergiesing etwa begannen zwei Freunde im Jahr 2003 zu brauen. Heute ist die Garage für das Giesinger Bräu zu klein. So ist im vergangenen Jahr die Biermanufaktur (so die Selbstbezeichnung) den Giesinger Berg hinauf zwischen die katholische Heilig-Kreuz-Kirche und die evangelische Martin-Luther-Kirche in ein ehemaliges Umspannwerk gezogen. Dort stehen nun hinter hohen Fenstern silbrig glänzend die Sudkessel für bis zu 15 000 Liter Bier.

Privatbrauerei in München
:Raus aus der Garage

Die Giesinger Biermanufaktur ist von einem Hinterhof in der Birkenau in das frühere Umspannwerk an der Martin-Luther-Straße gezogen - und kann den Bierausstoß um ein Vielfaches erhöhen. Doch die Professionalisierung bringt auch einen Abschied mit sich.

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Davor breitet sich eine Terrasse, leider nicht mit Blick vom Isarhochufer herunter, sondern auf einen ziemlich unaufgeräumten Hof mit Wertstofftonnen und (wenigen!) Parkplätzen. Zum Bräustüberl geht es an einem kleinen Fanartikel-Shop vorbei eine Treppe höher. Dort gruppieren sich um das Halbrund einer Schänke schwere hölzerne Wirtshaustische, beleuchtet von Lampen, die einmal Bügelflaschen waren. Von hier geht der Blick durch große Fenster in den Sonnenuntergang von Untergiesing und Sendling einerseits, auf die Sudkessel andererseits.

Die bringen ein ordentliches Helles hervor, das sich "Giesinger Erhellung" nennt, ein süffiges Märzen und ein würziges Dunkel, dazu ein Weißbier, das in Giesing und Umgebung seine Fans hat, Gudmund allerdings allzu säuerlich auf der Zunge lag. Dazu gibt es, je nach Saison und Brauerslaune, ein eher süddeutsch sanftes Pils, und diverse andere Kreationen - wie den Eisbock, der (auch alkoholisch) hochkonzentriert aus einem mit gefrorenem Bier spektakulär gefüllten Glasbehälter tropft. Für Kenner, die schlürfend und schnüffelnd aus kleinen Gläsern Probierportionen kosten, hält die Tafel hinter der Theke fest, welche Malze, Hopfen und Hefen in dem jeweiligen Biere enthalten sind.

Traditionelle Wirtshausküche - mit schwankender Qualität

Auf einer Tafel gleich oben auf dem Treppenabsatz ist aufgelistet , was das Stüberl an fester Nahrung bietet. Speisekarten gibt es nicht, weshalb sich Hungrige etwas umständlich zwischen die bei unseren Besuchen stets voll bis übervoll besetzten Tische zum Speiseangebot schlängeln müssen. Dieses wechselte, blieb aber, wie es sich im Bierstüberl gehört, stets traditionelle Wirtshausküche.

Allerdings wechselte auch, anders als beim Bier, die Qualität der Speisen sehr stark - und das bisweilen auf ein und demselben Teller. So zergingen die zarten Rindsbackerl fast schon auf der Gabel, was von den beinahe harten, trockenen Schupfnudeln dazu niemand behaupten konnte. Ähnliches beim Spanferkelhaxen: Zwar hätte die Schwarte etwas krosser sein können, doch das saftige Fleisch löste sich wunderbar leicht vom Knochen - der Knödel dazu allerdings war nicht locker genug, um wirklich Soße aufzunehmen.

Neben dem rosig gegarten Zwiebelrostbraten lagen Bratkartoffeln im schönsten Goldgelb - allerdings wohl etwas zu lange: Als sie unseren Tisch erreichten, waren sie allenfalls noch lauwarm. Auch der Schweinsbraten war so, wie er sich im Wirtshaus gehört, saftig auch am Abend noch, mit krachender Schwarte, nur in die Soße war etwas zu viel Salz geraten, das wiederum dem etwas faden Kalbsbeuscherl des Nachbarn fehlte.

Auch am Abend ist der Schweinsbraten im Giesinger Bräu noch saftig. (Foto: Stephan Rumpf)

Dafür war der Giesinger Fischtopf eine echte Überraschung: eine mit frischen Kräutern gewürzte, sehr dichte, kräftige und mit reichlich Meeresgetier angetane Fischsuppe, die vergessen ließ, das der bayerische Mensch starkes Bier eigentlich deshalb brauchte, um über die dünnen, fleischlosen Süppchen der Fastenzeit hinwegzukommen.

Preislich ist das Giesinger Bräu auch ziemlich münchnerisch: Die Halbe kostet 3,50 Euro, ist's ein Spezialbier noch etwas mehr. Die Hauptgerichte stehen mit 9,80 bis 17,80 auf dem Rechnungszettel - und liefern allesamt genügend Unterlage fürs flüssige Menü.

© SZ vom 23.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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