Flughafen München:Die CSU ist sich über dritte Startbahn einig - und streitet sich doch

Lesezeit: 3 min

  • Seehofer hat seinen Intimfeind Erwin Huber scharf attackiert. Das zeigt den Ernst der Lage, in die sich die CSU beim Flughafenausbau manövriert hat.
  • Dabei ist nur der Weg strittig, wie die CSU zu ihrem Ziel kommt. Inhaltlich ist sich die Partei nahezu einig.
  • Als Alternative zu einem Bürgerentscheid sehen führende CSU-Politiker nur juristische Kniffe, um ihr Ziel zu erreichen.

Von Wolfgang Wittl, München

Als Horst Seehofer am Montagabend nach 19 Uhr vor dem Truderinger Festzelt vorfährt, knallt es im großen Stil. Es sind die örtlichen Böllerschützen, die es sehr laut krachen lassen. Seehofer bevorzugt natürlich die Waffe des Wortes. Angesprochen auf die Attacken seines Vorgängers Erwin Huber sagt er: "Ich bin klar, wir müssen jetzt schauen, dass alle klar sind." Es ist die größtmögliche verbale Keule. Seehofer macht sich nicht mal mehr die Mühe, die Kritik hinter verschlossenen Türen im Parteivorstand loszuwerden.

Alle sollen daran erinnert werden, mit welchen Worten Huber vor Jahren die Verwaltungsreform begleitet hat: Man dürfe nicht die Frösche fragen, wenn man einen Teich trockenlegen wolle. "Dieser unsägliche Vergleich schimmert hier auch wieder durch", ätzt Seehofer. "Dieser Vergleich hat ja zur größten Wahlniederlage der CSU aller Zeiten im Jahre 2008 beigetragen."

ExklusivMünchner Flughafen
:Streit um dritte Startbahn: Huber droht Seehofer mit Klage

CSU-Chef Seehofer ist für einen neuen Bürgerentscheid über die dritte Startbahn. Sein Vorgänger greift ihn dafür nun an.

Von Heiner Effern und Wolfgang Wittl

Die Schärfe, mit der Seehofer seinen Intimfeind Huber attackiert, dokumentiert den Ernst der Lage, in die sich die CSU beim Flughafenausbau manövriert hat. Seehofer hatte in der Parteizeitung Bayernkurier einen erneuten Bürgerentscheid ins Spiel gebracht. Nur mit Einbindung der Bevölkerung sei eine Entscheidung herbeizuführen. Huber drohte daraufhin in der SZ mit einer Verfassungsklage. Er spricht einem Bürgerentscheid jede juristische Legitimation ab, mit dem Bau der Piste müsse noch in diesem Jahr begonnen werden.

Sowohl Seehofer als auch Huber beharren am Montag auf ihren Positionen. Seehofer soll im Vorstand angeblich sogar mit seinem Rücktritt gedroht haben, sollte die dritte Startbahn ohne Bürgerentscheid gebaut werden, dementiert das aber hinterher. "Mit mir nicht", sagte er nach Angaben von Teilnehmern, doch das komme bei ihm öfter vor.

Huber hingegen betont die Zuständigkeit des Parlaments - und damit indirekt der CSU-Mehrheitsfraktion. "Sogar mit gutem Gewissen" würde er eine Verfassungsklage anstreben, aber noch sei die Zeit des Dialogs. Die Gräben in der CSU werden dadurch nur tiefer.

"Weder im Stil noch in der Sache vernünftig" seien Hubers Aussagen, kritisiert Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Der Münchner CSU-Chef Ludwig Spaenle wirft Huber für sein Ansinnen, die Landeshauptstadt auszuklammern, einen "Politikansatz des 19. Jahrhunderts" vor.

CSU-Politiker sehen drei Möglichkeiten, um ihr Ziel zu erreichen

Die aufgebrachten Reaktionen sind auch deshalb witzig, weil sich die CSU inhaltlich nahezu einig ist: Hubers Schätzungen, 90 bis 95 Prozent der Landtagsfraktion würden einer Flughafenerweiterung zustimmen, dürften nicht untertrieben sein. Auch Dobrindt und Spaenle befürworten einen Ausbau. Seehofer baut am Montag auffallend oft die Worte "im Moment" und "aktuell" ein, wenn er von seinen Vorbehalten über eine Erweiterung spricht.

Vorstandsmitglieder wollen herausgehört haben, dass der CSU-Chef einer dritten Start- und Landebahn aufgeschlossen gegenüberstehe. Man müsse auch an die Entwicklung des Flughafens und Bayerns denken - und das gewichten, erklärt Seehofer.

Flughafen München
:Neuer Bürgerentscheid zur dritten Startbahn wäre fragwürdig

Es gibt Bauprojekte, über die Bürger problemlos abstimmen können. Beim Ausbau des Münchner Flughafens ist das nicht der Fall.

Kommentar von Frank Müller

Strittig ist also nur der Weg, wie die CSU zu ihrem Ziel kommt. Die Stadt mit Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Bürgermeister Josef Schmid (CSU) an der Spitze fühlt sich politisch an den Bürgerentscheid von 2012 gebunden, als der Ausbau abgelehnt wurde. Auch Seehofer sieht das so.

Im Grunde, sagen führende CSU-Politiker, blieben nur drei Möglichkeiten: Eine Klage des Freistaats gegen die Stadt. Eine Umwandlung der Flughafengesellschaft in eine Aktiengesellschaft, in der München dann kein Vetorecht mehr hätte. Oder ein neuer Bürgerentscheid, bei dem man sich mehr um die Bevölkerung bemühen müsse als zuletzt.

Seehofer lehnt juristische Kniffe ab

Seehofer, der juristische Kniffe gegen die Stadt kategorisch ablehnt, könnte mit seinem Beitrag im Bayernkurier genau damit begonnen haben - die Bürger vorsichtig mitzunehmen. Vielleicht keilt er deshalb so heftig gegen Huber zurück. Dessen Drohung, Projekte in München auf Eis zu legen, um die Stadt beim Flughafenausbau gefügig zu machen, gehe "überhaupt nicht", sagt Seehofer. Bei seiner einstündigen Rede im Truderinger Festzelt ruft er erregt: So etwas werde "Bayern niemals machen", eine solche Art von Politik "ist mir zuwider und wird mit mir auch nicht stattfinden".

Für die Opposition hat die CSU beim Flughafen jede Glaubwürdigkeit verloren. "Anschlag auf die Demokratie", "schäbiger Erpressungsversuch", "Stück aus dem Tollhaus" - das halten Grüne, Freie Wähler und FDP davon.

© SZ vom 03.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ-Dienst
:SZ München-News per WhatsApp, Telegram oder Insta

Wissen, was München bewegt: Der WhatsApp-Kanal der Süddeutschen Zeitung bietet einen schnellen und bequemen Nachrichtenservice für die Stadt. Abonnieren Sie ihn kostenlos.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: