Vaterstetten:Hollywood in der Boazn

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Autogrammstunde beim Bierteufel: Filmkomponist Harold Faltermeyer hat in Los Angeles Karriere gemacht, seine Wurzeln aber hat er in Baldham. (Foto: Christian Endt)

Bei einer Lesung in der Baldhamer Kneipe Bierteufel stellt Filmkomponist Harold Faltermeyer sein Buch vor. Auch Szenen aus seinem Musical "Oktoberfest" sind zu sehen.

Von Anselm Schindler, Vaterstetten

Filmkomponist Harold Faltermeyer lebt in zwei recht unterschiedlichen Welten: Die eine heißt Hollywood, roter Teppich, klirrende Sektgläser. Die andere Baldham, seine Heimat, in der er Familie, Haus und einen Gemüsegarten hat. Ein Samstagnachmittag in der Gaststätte Bierteufel nahe des Baldhamer S-Bahnhofes: Hier prallen diese Welten aufeinander. Faltermeyer, inzwischen 63 Jahre alt, stellt an diesem Nachmittag dort seine Biografie vor. "Freibier!" ruft die Bedienung, ein Tablett mit Plastikbechern vor sich hertragend. Die Sitzplätze im Bierteufel reichen nicht einmal für die Hälfte der Gäste, viele lassen sich DVDs und Bücher signieren.

An der Wand hängen Fußball-Fanartikel, im Männerklo sexistische Plakate. Der Bierteufel ist eine richtige Boazn, der bayrische Begriff trifft es besser als "Kneipe" oder "Schankwirtschaft". Über die Bildschirme und Leinwände, die Shorty, der Wirt des Bierteufels, über den Tischen aufgehängt hat, flimmern Bilder - sie zeigen Faltermeyer mit Grammy, mit Familie, beim Bergsteigen. Aber sie zeigen vor allem Faltermeyer, der weiß, wie man sich in Szene setzt. "Grüß Gott, Hollywood", heißt seine Biografie, auch hier sind die unterschiedlichen Lebensrealitäten, das Pendeln zwischen dem "Dahoam" und dem roten Teppich der zentrale Moment.

Vor der Lesung werden Szenen aus dem Musical "Oktoberfest" eingespielt. Es ist Faltermeyer neuestes Projekt, schrill laut, mehr Folklore als bayerische Kultur, vor rund einem Monat fand in Los Angeles die Premiere statt. Berühmt geworden ist Faltermeyer, den im Bierteufel alle nur Harold nennen, mit der Titelmelodie zur US-amerikanischen Actionkomödie Beverly Hills Cop, mit der Regisseur Martin Brest 1984 einen Kassenschlager landete.

Geprägt von Udo Jürgens

Die Beverly Hills Cops machten nicht nur Brest berühmt, und Eddie Murphy, sondern auch Faltermeyer. Das Titellied "Axel F", angelehnt an den von Murphy gespielten Cop Axel Foley, geistert bis heute in der Welt herum - im kollektiven Gedächtnis der Filmindustrie, als Handyklingelton und Ohrwurm natürlich. Nach den Beverly Hills Cops ging alles Schlag auf Schlag, es folgten diverse Auszeichnungen, darunter ein Grammy. Faltermeyer komponierte und produzierte zahlreiche Filmmusiken, unter anderem für Asterix in Amerika. Auch für Computerspiele hat Faltermeyer Musik entwickelt, für die Pet Shop Boys produzierte er das Album "Behaviour".

"Das ist schon der Wahnsinn, wie einen ein paar Töne weltberühmt machen können", sagt Birgitt Wolff, die Lebensgefährtin von Faltermeyer. 1981 haben sich die beiden kennengelernt, "über Udo Jürgens", wie sich Wolff erinnert. Udo Jürgens hat Faltermeyer geprägt, so geht es auch aus seiner Biografie hervor. In Vaterstetten, wo der Schlagersänger von 1960 bis 1968 in der Johann-Strauß-Straße lebte, sind sich die beiden auch zum ersten Mal begegnet - Faltermeyer war damals noch ein halbes Kind. Udo Jürgens sei für ihn eine "Offenbarung" gewesen, sagt er heute.

Bereits mit sechs Jahren begann der Filmkomponist, Klavier zu spielen. Mit 13 Jahren hatten er und sein zehnjähriger Bruder, der am Schlagzeug saß, ihren ersten Auftritt in einem Wirtshaus. Damals begann Faltermeyer auch, eigene Songs zu schreiben. Bekannter wurde der junge Musiker, als er mit Stefan Zauner, dem späteren Sänger der Münchener Freiheit, die Gruppe Melodic Sound gründete. Das alles kann man in "Grüß Gott, Hollywood" nachlesen. Aber auch Persönliches.

Zu diesen persönlichen Dingen gehört die Freundschaft zu Alexander Pickelmann, der neben dem Bierteufel die Buchhandlung AP Buch betreibt. Pickelmann ist auch derjenige, der an dem Nachmittag in der Boazn aus der Biografie liest. Faltermeyer klopft ihm nach der Lesung auf die Schulter, rückt seinen Strohhut zurecht, "Hollywood ist das eine", sagt er. "Aber man darf auch nicht vergessen, wo man herkommt."

© SZ vom 27.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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