Straßenbau im Landkreis:Wo ist der Schotter für den Teer?

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Im Sommer wurde der Schwedenweg in Ebersberg saniert. Gut möglich, dass die Anwohner nun doch keine saftige Rechnung mehr dafür erhalten werden. (Foto: Christian Endt)

Schon bald sollen die Ebersberger Kreisbürger beim Straßenbau nicht mehr zur Kasse gebeten werden. Für die Kommunen stellt sich nun allerdings die Frage, wo das Geld dafür herkommen soll.

Von Wieland Bögel

Vom Gong gerettet, so sagt man im Boxen, wenn nur das Ende der Runde einen Athleten vor dem Knockout bewahrt. Ein bisschen so geht es derzeit der Gemeinde Vaterstetten mit der Straßenausbaubeitragssatzung. Jahrelang hatte man sich dort gegen eine finanzielle Beteiligung der Anlieger beim Straßenausbau gewehrt.

Ein Präzedenzfall vor dem Verwaltungsgerichtshof verpflichtete dann vergangenes Jahr auch die Großgemeinde, eine entsprechende Satzung einzuführen. Doch bevor es dazu kommt, scheint sich die Rechtslage erneut zu ändern: Die CSU hat auf ihrer Klausur in Banz das Ende der Anliegerbeiträge angekündigt. Für die Vaterstettener eine ziemlich gute Nachricht. Am Donnerstagabend beschloss der Gemeinderat, die Erstellung einer Straßenausbaubeitragssatzung zu stoppen. In Markt Schwaben steht ein ähnlicher Tagesordnungspunkt nächsten Dienstag (19.30 Uhr) auf der Tagesordnung.

In anderen Landkreiskommunen wird der Vorstoß der Vaterstettener CSU mit gemischten Gefühlen aufgenommen. "Ich kann es von der Sache her verstehen", kommentiert Poings Bürgermeister Albert Hingerl (SPD) das sich abzeichnende Aus für die Anliegerbeiträge. Auch seine Partei sei damit nie glücklich gewesen - und als Rathauschef sei es zweifellos "eine der unangenehmsten Bürgerkontakte", wenn man Anliegern mitteilen müsse, dass bald Rechnungen ins Haus flattern, weil davor die Straße saniert wird.

Dies hat im vergangenen Jahr Ebersbergs Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU) machen müssen. Auf einer Infoveranstaltung hatte er die Anwohner im Schwedenweg über die bevorstehende Sanierung ihrer Straße zu informieren. Und darüber, dass sie laut der seit Jahrzehnten in der Kreisstadt bestehenden Straßenausbaubeitragssatzung die Hälfte der Kosten für die Straße und zwei Drittel bei den Gehwegen zu zahlen haben - worüber diese nicht gerade begeistert waren.

Auch in Grafing gab es deswegen Ärger

Auch in Grafing gab es erst kürzlich Ärger über Kostenbeteiligungen beim Straßenbau. Bewohner der Wasserburger Straße beschwerten sich über zu erwartende Kosten einer Sanierung - obwohl deren Zeitplan und Umfang noch gar nicht feststeht. "Ich bin froh, wenn diese Beträge weg sind", sagt darum Grafings Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne), denn eigentlich machten diese nur Ärger.

Und das gelte nicht nur für die Anlieger, sondern auch für die Verwaltung, welche die Kostenbeteiligung der einzelnen Anlieger ermitteln und die Bescheide verschicken muss: "Der Aufwand ist sehr hoch." Gelegentlich erreiche man durch die Regelung, die ja eigentlich beim Ausbau der Straßen helfen soll, das genaue Gegenteil, weiß Obermayr. So wurde noch unter ihrem Amtsvorgänger die bereits geplante Sanierung der Straße "Am Feld" wieder abgesagt, "weil man sich mit den Anliegern nicht einigen konnte".

Was den Bürgermeistern bei allem Verständnis für die Abschaffung der Gebühren aber wichtig ist, ist eine Kompensation dafür. Obermayr zitiert Gemeindetagspräsident Uwe Brandl: "Wer A wie Abschaffen sagt, muss auch B wie Bezahlen sagen." Der Freistaat müsse nun einen Weg finden, wie die Kommunen für die ohne Anliegerbeiträge wegfallenden Einnahmen entschädigt werden. Keine Option sei ein Ausgleich über höhere kommunale Steuern, so Grafings Bürgermeisterin, "wir haben erst die Grundsteuer erhöht, eine weitere Erhöhung wäre nicht vermittelbar."

"Das waren schon Summen, mit denen man gerechnet hat", sagt auch Hingerl, "ich erwarte mir schon eine Kompensation vom Freistaat". Schließlich könne es nicht sein, dass Städte und Gemeinden "alles ausbaden müssen", was auf höherer Ebene entschieden wird: "Wenn man schon so großzügig ist mit Wahlgeschenken, sollten jetzt auch die Kommunen unterstützt werden." Eine entsprechendes Angebot erwartet man auch in Ebersberg: "Einfach auf das Geld verzichten können wir nicht", sagt Brilmayer, "ich gehe davon aus, dass uns das vom Staat ersetzt wird."

Wie das genau aussehen kann - die Freien Wähler im Landtag hatten einen Anteil der KfZ-Steuer für die Kommunen angeregt - ist den Rathauschefs im Grunde gleich, wenn die Schlussrechnung stimmt: "Es muss auf alle Fälle etwas sein, das uns nicht hintenrum neue Nachteile bringt", sagt Brilmayer. Außerdem müsse auch noch zu klären sein, welche Stichtagsregeln gelten, ob die Kommunen also bereits erhaltenes Geld zurückzahlen müssen. In Ebersberg werde man darum zwar die Gebührenbescheide für den Ausbau des Schwedenweges wie geplant in den kommenden Wochen erstellen, so Brilmayer weiter. "Ob wir sie dann auch verschicken, werden wir mit dem Gemeindetag beraten."

Falls sich der Freistaat bei der Kompensation allerdings großzügig zeigt, könnte die Neuregelung einigen Landkreiskommunen ganz neue Geldquellen erschließen. Denn bislang haben nur neun von 21 Städten und Gemeinden im Landkreis eine Straßenausbaubeitragssatzung, die übrigen zahlen Sanierungen aus dem allgemeinen Haushalt. Bei diesen könnte bald nicht der Gong, sondern ein ungewohnter Geldsegen in der Gemeindekasse klingeln.

© SZ vom 19.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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