Musiksommer in Dachau:Irgendwann ein richtiges Musikfestival

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Dachaus Kulturamtsleiter macht mit Konzerten Werbung für die Stadt. Das gelingt ihm gut - heuer kommt eine der wohl besten Bands der Welt.

Wolfgang Eitler

Klar, es läuft gut für Tobias Schneider. Die Kulturschranne in der Altstadt hat sich etabliert. Der Stadtrat dürfte nach den vielen Missgriffen bei seinem Millionenprojekt erleichtert sein. Endlich läuft es, nachdem mehrere Gastronomen mit der Idee einer Markthalle in dem denkmalgeschützten Gebäude in der Altstadt gescheitert sind.

Im vergangenen Jahr holte Kulturamtsleiter Tobias Schneider "The National" nach Dachau auf den Rathausplatz. (Foto: www.joergensen.com)

Die Kultur bildet jetzt das tragfähige Fundament. Der Musiksommer 2011 von Mai bis Ende Juli mit Freilichtveranstaltungen hat sich bewährt, auch wenn Kulturamtsleiter Schneider mit fast 25 Prozent weniger Geld auskommen muss. Früher war der Stadtrat bereit, ein Defizit von 90000 Euro aufzufangen, jetzt sind es bloß noch 50000Euro.

Aber jemand, der sich Tag für Tag für die Kultur engagiert, lässt sich immer von einer Idee leiten. Was also würde sich Schneider wünschen, wenn ihm Stadtrat und Oberbürgermeister nicht nur freie Hand beim Programm ließen, sondern auch bereit wären, mehr Geld zu investieren? Der Kulturamtsleiter zögert mit der Antwort, weil er einen Namen im Kopf hat, der, wenn er ihn äußerte, unter Umständen als angeberisch empfunden würde.

So ein Festival in Dachau wie in Montreux am Genfer See würde ihm behagen. Nicht, dass es so umfangreich sein sollte. Oder dass die ganz großen Namen in Dachau auftreten müssten: "Aber diese Bandbreite zwischen Pop und Rock bis zum Jazz könnte ich mir in Dachau schon vorstellen."

Diese Idee ergibt sich für ihn zwangsläufig aus seiner Arbeit und aus der Basis, die er gemeinsam mit Kulturvereinen wie dem Leierkasten, dem Tollhaus-Dachau und dem Jazz e.V. geschaffen hat. Sie alle haben Nischen ausgestaltet, die zusehends an Renommee vor allem außerhalb Dachaus gewinnen.

Da wären die ständigen Konzerte der Singer-Song-Writer zu nennen oder die überregional beachteten Auftritte (The National) aus der internationalen Independent-Szene, dazu die Weltmusik im Leierkasten, die ständige Reihe von Tollhaus im Café Gramsci, das Engagement des Konzertveranstalter Prittlstock aus Prittlbach bei Hebertshausen und natürlich der moderne Jazz.

Sie alle ziehen ein Publikum nach Dachau, das nicht den Events nachreist, wie es im Kulturtourismus üblich ist. Man war mit seiner Lieblingsband schon überall, weiß aber nicht mehr wo. "Das Publikum entwickelt eine Nähe zu Dachau", sagt Schneider. "Ich spüre das in den Gesprächen." Mit seiner Kultur will er Menschen aus der gesamten Region München anziehen, die durch die Veranstaltungen auch eine Verbindung zu Dachau aufbauen.

Insofern passt für ihn das kulturelle Angebot auch zum Wandel im städtischen Tourismuskonzept, das stärker auf den Besucher aus der Region München setzt. Der kommt nur für einen Tag hierher, aber vielleicht auch viel öfter. Und nicht, wie der Zuhörer beispielsweise des Scorpion-Konzerts vor einiger Zeit für einen kurzen Abend auf die Thomawiese.

Um einen Begriff aus dem Umweltschutz zu verwenden: Schneider will eine Kultur mit nachhaltiger Wirkung. So wie sie jetzt schon beim Kartenverkauf für das Gastspiel von Fleet Foxes, einer der wohl besten Bands weltweit, als Höhepunkt des Musiksommer 2011, gelingt. Schneider: "Wir haben schon Karten an 300, 400 Dachauer verkauft." Vergangenes Jahr waren es gerade mal 150 von 1800, was Stadträte zu der Frage veranlasste, ob denn solch eine internationale Kultur in dieser Stadt sein müsse.

Nun diese, kulturpolitisch gesehen, zentrale Frage ist immer noch nicht geklärt. Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) fordert die überregionale Resonanz. Damit hat Kulturamtsleiter Schneider zumindest den Rücken frei, um sein Konzept mit der Kulturschranne und den Kulturvereinen als solide Basis fortzusetzen. Der Musiksommer 2011 wird wieder lokale und überregionale Angebote mischen. Außerdem wird Schneider einen neuen Standort testen, den Schlossplatz. Wenn der Auftritt von Willy Astor und die Italienische Nacht erfolgreich sind, hätte Dachaus Kultur eine weitere lukrative Spielstätte. Montreux naht.

© SZ vom 07.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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