Dachau:Streit um steigende Strompreise

Lesezeit: 2 min

Der Bund Naturschutz gibt den Konzernen die Schuld an den zunehmenden Kosten für Elektrizität, die Stadtwerke der EEG-Umlage.

Robert Stocker

- Der Bund Naturschutz im Landkreis Dachau nimmt die großen Stromkonzerne ins Visier: Nicht die Energiewende sei an den stark steigenden Stromkosten schuld, sondern die Unternehmen, die genau dies behaupten. Sie kassieren nach Angaben der Naturschützer erhöhte Einspeisevergütungen für die riesigen Offshore-Windanlagen und treiben mit den Überlandleitungen die Netzkosten in die Höhe. Die Dachauer Stadtwerke und die E-Werke Haniel in Haimhausen, die vor Ort Energie produzieren, wollen dieser Argumentation nicht folgen. Auch die dezentrale Stromproduktion, ein Eckpfeiler für die Energiewende, komme den Bürgern wegen der staatlichen Subventionen, der Abgaben und des nötigen Netzausbaus teuer. Andrea von Haniel, Geschäftsführerin der E-Werke in Haimhausen, fordert eine grundlegende Reform des bestehenden Systems.

Die Diskussion um die drastisch steigenden Strompreise nehmen die Großkonzerne und Teile der Politik nach Ansicht von Roderich Zauscher, Vorsitzender des Bundes Naturschutz im Landkreis Dachau, zum Anlass, die Energiewende zu torpedieren. Dabei werde bewusst verschwiegen, dass die Strompreise seit Jahrzehnten zum Nutzen der Großkonzerne gestiegen seien. Die Preissteigerungen hätten keineswegs nur mit der Entwicklung und Förderung erneuerbarer Energien zu tun. Zauscher kritisiert besonders die FDP, die sich plötzlich als Anwalt der sozial Schwachen geriere und sich gegen den Ausbau regenerativer Energie ausspreche. Dahinter sieht der Kreisvorsitzende der Naturschützer eine Desinformationskampagne, die nicht dem Verbraucher und der Sicherung einer preiswerten Stromproduktion, sondern den Macht- und Gewinninteressen der Strommonopolisten diene.

"Zauschers These entspricht nicht den Tatsachen", kontert Robert Haimerl, kaufmännischer Leiter der Dachauer Stadtwerke. Größter Kostentreiber ist nach seinen Angaben die EEG-Umlage, mit der die Produktion erneuerbarer Energien gefördert wird und die sich aus der Differenz der Einnahmen und Ausgaben der Stromerzeugung errechnet. Sie wird im kommenden Jahr von 3,59 (2012) auf 5,28 Cent pro Kilowattstunde steigen. Auch die Erhöhung der Netzentgelte werden die Verbraucher im nächsten Jahr deutlich spüren: Sie steigen von 3,80 auf 4,76 Cent pro Kilowattstunde. Steuern, Abgaben und Umlagen machen im nächsten Jahr 50 Prozent des Strompreises für den Endverbraucher aus. "Tatsache ist", sagt Haimerl auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung, "dass auch die dezentrale Stromerzeugung durch die Subvention bei der Vergütung den Bürger Geld kostet". Auch kleine Anlagen in nächster Umgebung bräuchten einen Netzanschluss, der für die Netzbetreiber - in Südbayern ist das die Tennet TSO GmbH - hohe Kosten bedeutet. Das meiste Geld verschlingen Haimerl zufolge kleinere, private Fotovoltaikanlagen, die nicht nur für den Eigenverbrauch Strom erzeugen, sondern Leitungen bis zur Einspeisungsstelle ins Netz benötigen. Haimerl: "Das stellt das bisherige Netzkonstrukt auf den Kopf." Darüber hinaus weist der kaufmännische Werkleiter darauf hin, dass die Festvergütungen für Strom aus Fotovoltaikanlagen bundesweit 9, 4 Milliarden Euro betragen - die höchste Summe im Vergleich aller Energieträger.

Andrea von Haniel, Geschäftsführerin der E-Werke Haniel in Haimhausen, sieht die Problematik ähnlich. "Nicht jede Offshore-Anlage gehört einem Konzern, auch Stadtwerke besitzen solche Anlagen", sagt die Vorreiterin für erneuerbare Energien im Landkreis, die ihre Kunden mit Ökostrom aus drei Wasserkraftwerken beliefert. Die dezentrale Energieversorgung zwinge die Netzbetreiber zu hohen Investitionen. Sie müssten auch die Leitungen für kleinere Anlagen bauen. Die Netzentgelte seien deshalb um 54 Prozent gestiegen. Nutznießer seien die Betreiber der Anlagen, die in den Genuss der staatlichen Förderung kommen. "Die Kosten für die Umlagen muss aber jeder Bürger tragen", sagt Haniel, wer Strom für den Eigenverbrauch erzeuge, sei dagegen davon befreit. Die Lastenverteilung sei zunehmend ungerecht. Haniel: "Wir brauchen ein gerechteres System und eine grundlegende Reform des EEG."

© SZ vom 12.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: