Amtsgericht München:Mann nimmt Tante aus

Lesezeit: 2 min

  • Ein 52-Jähriger steht vor dem Münchner Amtsgericht, die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, seine Tante ausgenommen zu haben.
  • Der Mann wurde bereits zu einer Rückzahlung von 24 000 Euro verurteilt, jetzt wird ihm erneut der Prozess gemacht.
  • Die Beweisführung ist schwer: Seine 82 Jahre alte Tante ist dement, deswegen kann sie in dem Verfahren nicht vernommen werden.

Von Christian Rost

Glaubt man Klaus W., dann ist seine Tante ein sehr freigiebiger Mensch. Einmal überwies sie ihm 10 000 Euro, dann noch einmal 7000 Euro "als Dankeschön", weil er sich um sie kümmere. Sie habe gesagt, erzählte W. am Münchner Amtsgericht, sie könne das Geld eh nicht mit ins Grab nehmen. Diese Zahlungen - es folgten noch weitere Transaktionen - flossen im Zeitraum von nur drei Wochen, nachdem W. in seiner Funktion als Betreuer der dementen 82-Jährigen eine Bankvollmacht für ihr Konto erhalten hatte.

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft war das kein Zufall: Ihn ihren Augen hatte der 52-Jährige seine Tante über mehr als eineinhalb Jahre hinweg ausgenommen. 15 Fälle der Untreue mit einem Gesamtschaden von 24 000 Euro warf ihm die Anklage vor.

Die Hälfte des Geldes, das auf dem Bankkonto lag, ist weg

Als Klaus W. zum Betreuer seiner Tante Anneliese F. ( Name geändert) bestellt wurde, hatte sie bei der Sparkasse 68 000 Euro auf dem Konto. Das war im Juli 2011. Im März 2012 war das Konto dann leer. Die Hälfte des Betrages hatte er in eine Altersrente für Anneliese F. investiert, mit der heute zum Teil ihr Aufenthalt in einem Pflegeheim bezahlt wird. Die andere Hälfte ist weg, wobei Klaus W. sagte, er habe immer wieder Geld für seine Tante abgehoben, damit sie im Heim Trinkgelder geben oder sich die Friseurin kommen lassen könne.

Mal habe er 300 Euro für sie von der Bank geholt, dann 400 Euro. Auch im Versandhandel soll sie eingekauft haben. "Ich habe das Geld jedenfalls nicht genommen", meinte W. zunächst, um dann einzuräumen, dass ihn die Tante von 2011 an großzügig mit Geldgeschenken bedacht habe. Das kam ihm nicht ungelegen: Eine teure Scheidung und ein nicht gerade lukrativer Jobwechsel drückten ihn finanziell. Die Tante habe zu ihm gesagt, "Bua, nimm das Geld", davon habe sie sich nicht abbringen lassen, so der Angeklagte. "Zu sich selbst war sie eher knickrig."

Nach seiner Darstellung hatte er die Betreuung seiner Tante bei Gericht beantragt, weil deren eigene Schwester sie schamlos ausgenommen habe. Die Schwester habe sich anfangs um Anneliese F. gekümmert, als diese leicht dement geworden sei und nicht mehr den Weg vom Supermarkt nach Hause gewusst habe. Erst habe sich die Schwester das neue Auto von Anneliese F. schenken lassen, dann habe sie ihr jede Kleinigkeit in Rechnung gestellt: "Fürs Öffnen eines Fensters nahm sie fünf Euro, fürs Schließen des Fensters wieder fünf Euro", sagte W. Da habe er nicht länger zuschauen wollen. Und laut Anklage selbst damit begonnen, sich bei der Tante zu bedienen.

Auch eine Nachbarin hat regelmäßig Geld erhalten

Als mit einer Kontovollmacht ausgestatteter Betreuer überwies er sich im Namen von Anneliese F. 15 Mal Geld. Dabei ging es zum Beispiel um Kosten für eine Tierarztrechnung oder um eine Reise W.s nach Tunesien. Bei größeren Beträgen ließ er seine Tante auf dem Überweisungsträger mitunterschreiben. Auch eine Nachbarin der Tante erhielt regelmäßig Geld, weil sie sich um die alte Frau bis zu deren Umzug ins Pflegeheim gekümmert habe, wie W. sagte. Mit der Nachbarin hatte er sogar ein Konto eingerichtet, um die Zahlungen abwickeln zu können.

Die Vorsitzende Richterin fand es merkwürdig, dass die Nachbarin und der Neffe zusammen ein Konto führten. "Warum haben sie ihr das Geld für die Pflege nicht direkt vom Konto der Tante überwiesen?, fragte die Richterin. "Das wollte die Nachbarin nicht", meinte W. In einem Zivilverfahren wurde W. bereits zur Rückzahlung von 24 000 Euro an seine Tante verurteilt. Am Amtsgericht konnten ihm die Untreue-Taten nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, zumal die Tante wegen ihrer Demenz nicht vernehmungsfähig ist. Die Staatsanwaltschaft stimmte der Einstellung des Verfahrens aber nur gegen eine Auflage zu: In den nächsten sechs Monaten muss Klaus W. 100 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten.

© SZ vom 16.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: