"Tatort" mit Heike Makatsch:Angenehm authentisch und eindrücklich

Lesezeit: 2 min

Jonas ist zu vielen anderen sehr distanziert, aber zu Ellen Berlinger hat er ein inniges Verhältnis. (Foto: SWR/Julia Terjung)

Der zweite "Tatort" mit Heike Makatsch erzählt berührend von Menschen, die sich sorgen. Und von befangenen Kommissaren.

Von Carolin Gasteiger

Die Erkenntnis:

Zu Ostern erzählt der Tatort von Kindern. Wie sie miteinander umgehen, wie sich Erwachsene um sie sorgen, aber auch, wie sie sich umeinander sorgen. Die klischeehafte, aber nicht minder schöne Botschaft: Jedes Kind, und mag es noch so seltsam wirken, ist auf seine Weise besonders.

Darum geht es:

Um sich Hilfe von ihrer Cousine zu holen, ist Ellen Berlinger samt Tochter Greta von Freiburg nach Mainz gezogen. Hier spielt nun ihr zweiter Fall, der auch gleich ihre Familie involviert. Die 16-jährige Marie Blixen kommt von einem Schulfest nicht nach Hause. In der Altkleidersammlung taucht ein blutdurchtränkter Kapuzenpulli auf, der Marie gehört haben könnte. Und ihre Eltern erhalten ein Erpresserschreiben. Aber da ist das Mädchen schon verloren: Kommissarin Berlinger und ihr Kollege Martin Rascher finden Marie erschlagen auf einem verlassenen Fabrikgelände. In Berlinger reift ein Verdacht: Der Pulli könnte auch Jonas, dem Sohn ihrer Cousine, gehören. Auch Jonas war auf dem Schulfest und wollte am Morgen danach mit einem Freund auf einen Ausflug. Nun kann Berlinger ihn nicht erreichen - und befürchtet, dass Jonas etwas mit dem Mord an Marie zu tun haben könnte.

Bezeichnender Dialog:

Kommissar Rascher nimmt der Fall ziemlich mit. Der Mord an Marie Blixen erinnert ihn an einen Serienmord an vier Kindern, den er nicht aufklären konnte. Als die Kommissare auf einem verlassenen Fabrikgelände die Leiche Maries finden, sagt Rascher:

"Ich hab' mal gehört, dass Frösche komplett abschalten, wenn es kalt wird. Sie legen sich still und warten, bis es Frühling wird. Manchmal wünschte ich, ich könnte das auch."

Eindrücklichste Szene:

Ellen Berlinger will mit Jonas, der des Mordes an Marie verdächtigt wird, die Tat nachstellen. Aber der Junge versteht lange nicht, was sie bezweckt - und weigert sich, an Berlinger zu demonstrieren, wie er Marie mit einem Stein getroffen hat. "Was macht dich denn wütend?", fragt Berlinger, um Jonas zu provozieren. Schließlich schubst sie ihn, der nicht angefasst werden will, immer wieder. Auf einmal hebt der Junge die Hand, in der er einen Stein hält, holt aus - und hält inne. Kurz vor Berlingers Schläfe.

Top:

Offen, ehrlich und feinfühlig erzählt dieser Tatort von Menschen. Ellen Berlinger ist keine neurotische Kommissarin, sondern Frau und Mutter, die eben auch Mordfälle lösen und wenn nötig ein Date sausen lassen muss. Für den 13-jährigen Jonas ist sie so etwas wie eine Tante, die auch spät nachts noch mit ihm Angeln geht. "Zeit der Frösche" ist ein Tatort, in dem die Figuren authentisch und alltäglich wirken, ohne zu langweilen. Wie Ellen Berlinger versucht, ihre Gefühle für Jonas aus dem Fall herauszuhalten, ist beeindruckend inszeniert und gespielt. Die Kommissarin ist befangen, sie sorgt sich um Jonas, sie hadert. Genau diese inneren Zweifel nimmt man Heike Makatsch uneingeschränkt ab. Überhaupt entfaltet sich zwischen ihr und Luis August Kurecki, der Jonas großartig eigenbrötlerisch spielt, eine besondere Energie. Die beiden verstehen sich ohne große Gesten, ohne viele Worte. Und so verwundert es kaum, dass Jonas, dem jede Art von körperlicher Nähe zuwider ist, Berlinger zum Schluss in die Arme fällt.

Flop:

Um jede Figur gleich zu bedienen, sind die Berlinger-Episoden zu kurz. Und so fragt man sich in "Zeit der Frösche" lange, was eigentlich mit Martin Rascher los ist, der im Präsidium herumirrt und wirkt, als könnte er jeden Moment zusammenbrechen. Sebastian Blomberg spielt diesen nervösen Rascher so eindrücklich, dass man gern mehr über das Trauma des Kommissars erfahren würde.

Schlusspointe:

Rascher nimmt Fotos und Notizzettel von der Pinnwand in seinem Büro. Aber dann blickt er durchs Fenster in die Nacht - und sieht, wie ein junges Mädchen einen Weg entlangläuft. Eine Erinnerung an den ungelösten Serienmord. Da wird klar: Für Rascher mag der Fall zwar abgeschlossen sein. Vorbei ist er jedoch noch nicht.

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