"Tatort" aus Frankfurt:Sind Menschen wirklich so?

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Alles im Frankfurter "Tatort" "Unter Kriegern" ist so stark gezeichnet, dass man als Zuschauer keinen Zugang dazu findet. Im Bild: Mutter Meike (Lina Beckmann) und Vater Joachim Voss (Golo Euler). (Foto: dpa)

Ein gnadenloser Mord und eine brutal unmenschliche Familie: Alles am neuen Frankfurter "Tatort" ist extrem - doch nichts vermag einen zu berühren.

Von Katharina Riehl

Wenn irgendwo auf der Welt innerhalb von sechs Tagen zwei Flugzeuge abstürzen, spricht man von einer Duplizität der Ereignisse; wenn im Tatort innerhalb von sechs Tagen zweimal ein vorpubertärer Junge unter Mordverdacht gerät, dann spricht man wohl eher von einer gewissen Zufälligkeit in der öffentlich-rechtlichen Programmplanung.

Am Ostermontag ermittelte die Gelegenheitskommissarin Heike Makatsch im Mordfall eines 16-jährigen Mädchens, verdächtigt wurde der 13-jährige Sohn der Kommissars-Cousine. An diesem Sonntag nun wird in Frankfurt, dem Einsatzgebiet der Ermittler Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch), die Leiche eines Jungen im Keller eines Sportleistungszentrums gefunden; sein Mörder hatte ihn in einen Heizungskessel gesperrt und über Tage darin verdursten lassen.

Die Dramaturgie des Films lenkt den Verdacht schnell auf den zwölfjährigen Felix (Juri Winkler), ein seltsames Kind, das seine sadistischen Neigungen ganz offenbar von seinem Stiefvater Joachim Voss (Golo Euler) übernommen hat. Mit ihm lebt Felix in einem elegant-sterilen Haus, und gemeinsam verbringen sie ihre Freizeit damit, Felix' Mutter (Lina Beckmann) das Leben zur Hölle zu machen.

Warum sie das tun, weiß man nicht so ganz genau, und das ist das Problem der Episode "Unter Kriegern" (Buch: Volker Einrauch; Regie: Hermine Huntgeburth). Alles an dieser Geschichte ist extrem, die Gnadenlosigkeit des Mordes, die Situation in der Familie Voss, der schwer gestörte Sohn und der noch schwerer gestörte Stiefvater. Die Geschichte ist zu drastisch, um langweilig zu werden, aber sie berührt nicht. Alles ist so stark gezeichnet, so brutal unmenschlich, dass man als Zuschauer keinen Zugang findet. Sind Menschen wirklich so? Und wenn ja, warum? Ein paar dürre Erklärungsansätze dürfen die im Film eher sparsam eingesetzten Kommissare so nebenbei in die Handlung husten. Doch wenn dieser Tatort offenbar als Psychogramm einer Familie funktionieren sollte, dann muss man sagen, dass genau das nicht funktioniert.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

© SZ vom 07.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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