Katrin Bauerfeind und Sarah Kuttner:Hibbelig trifft schnörkellos

Katrin Bauerfeind, Sarah Kuttner

Die Moderatorinnen Sarah Kuttner (r.) und Katrin Bauerfeind

(Foto: Klaus Weddig/Marcus Höhn/ZDF)

Ein Platz im Hauptprogramm ist für Katrin Bauerfeind und Sarah Kuttner derzeit leider nicht zu haben, daher melden sich beide mit neuen Formaten auf 3sat und ZDF Neo zurück. Zeit für einen Vergleich.

Von Matthias Kohlmaier

"Irgendwann kann das ZDF gar nicht mehr anders, als mich ranzulassen", hat Jan Böhmermann im taz-Interview einmal auf die Frage gesagt, ob er sich in der Welt der Spartenkanäle gefangen fühle. Hoffentlich hat er recht. Bis die Verantwortlichen beim ZDF diese Einschätzung teilen, moderiert Böhmermann jedoch weiter sein vielgelobtes Neo Magazin im Spartenkanal ZDF Neo vor viel zu wenigen Zuschauern.

Aber er ist ja nicht allein mit seinem Nischendasein als talentierter junger Moderator, den die Öffentlich-Rechtlichen nicht ins Hauptprogramm lassen. Sarah Kuttner und Katrin Bauerfeind ergeht es ganz ähnlich. Sie machen tolles, junges Fernsehen, für eine Sendung beim großen ZDF oder im Ersten reicht es aber derzeit nicht. Nun starten beide - Kuttner bei ZDF Neo, Bauerfeind bei 3sat - mit neuen oder, im Fall von Katrin Bauerfeind, überarbeiteten Formaten.

Worum geht es:

Dem Grundprinzip nach sind sowohl Kuttner plus Zwei wie auch Bauerfeind Interviewformate, in denen mit (halbwegs) prominenten Gästen eine halbe Stunde lang über allerlei Dinge geplaudert wird. Dabei versuchen beide Sendungen, aus der klassischen Interviewsituation auszubrechen, auf völlig unterschiedliche Weise.

Sarah Kuttner trifft ihre Gäste in einem Berliner Loft, wo gegessen, getrunken, geraucht und nebenbei ein wenig über Gott und die Welt gesprochen wird. In Katrin Bauerfeinds Magazin spielt die Moderatorin für die aktuelle Staffel für einen Tag die Assistentin eines Prominenten. Sie begleitet die Beteiligten bei deren Arbeit und soll so nähere Einblicke ins Leben des Gesprächspartners gewinnen, als es ein klassisches Interview vermag.

Die Gäste:

Bei der Premiere von Kuttner plus Zwei sind am Donnerstagabend Schauspielerin Hannelore Elsner und Sänger Bosse zu Gast. Katrin Bauerfeind hat bereits am vergangenen Samstag zum Staffelauftakt den Kabarettisten Frank-Markus Barwasser (bekannt als Erwin Pelzig) begleitet. In Ausgabe zwei trifft sie den Publizisten und TV-Moderator Roger Willemsen.

Bezeichnende Dialoge (1):

Sarah Kuttner: "Ich find Eierlikörchen super!"

Hannelore Elsner: "Das hab ich zuletzt getrunken, als ich 14 war."

Bosse: "Muss der so hart sein?"

Bezeichnende Dialoge (2):

Katrin Bauerfeind: "Du kannst mir jetzt alles sagen. Ich tu alles, was du willst."

Frank-Markus Barwasser: "Dann würd ich sagen, wir trinken Kaffee und rauchen eine ohne Kamera."

Der Vergleich:

Katrin Bauerfeind ist eine wunderbar unkonventionelle Moderatorin, bei der nie ganz gewiss ist, was als nächstes passiert. In ihrem überarbeiteten Gesprächs- und Begleitformat ist ihre Hibbeligkeit aber so konstant an der "Over-the-top"-Grenze, dass Frank-Markus Barwasser davon mehr als einmal sichtlich überfordert, und selbst der positiv gesinnte Zuschauer nach kurzer Zeit mindestens ein bisschen genervt ist. Kaffee will sie ihrem neuen Chef bringen, das Bett aufschütteln, das Hemd bügeln und verheddert sich dabei ein wenig in ihrem eigenen, mit diversen Lachflashs versetzten Aktionismus.

"Boahh, ist das peinlich, ey!"

Zur Unruhe in dem an sich interessanten Versuchsaufbau trägt auch die inhaltliche Umsetzung bei. Dort wird in den gemeinsamen Tagesablauf von Moderatorin und Kabarettist immer wieder eine Katrin Bauerfeind geschnitten, die ihre eigene Leistung aus dem Off selbst kommentiert und am Ende sagt: "Boahh, ist das peinlich, ey! Ich nippe zweimal an einer Weinschorle und schon häng ich kichernd am Tresen."

Von diesem Zuviel-des-Guten abgesehen bringt Bauerfeind aber doch ein paar Erkenntnisse über den Mann ans Licht, den sein fränkelndes Alter Ego so berühmt gemacht hat. Gewöhnlich lasse er keine Kameras so tief in sein Privatleben, sagt Barwasser und wirkt dabei fast schüchtern. Wann sein bester Moment bei einem Live-Auftritt sei, will Bauerfeind wissen. "Am Ende dann, wenn es wieder irgendwie funktioniert hat", antwortet Barwasser und lächelt verlegen. Ein schöner und persönlicher Moment, von dem sich in Bauerfeind künftig vielleicht noch weitere generieren lassen, wenn die Moderatorin ein klein wenig dezenter agieren würde.

Mehr Gehaltvolles

Dezent und schnörkellos, zwei Worte, die Sarah Kuttners neue Sendung perfekt beschreiben. Dort gibt es wenig Geplänkel, wenig Hintergrundgedudel, dafür drei Menschen, die um einen Tisch sitzen und reden. So wird der Zuschauer zwar zu Beginn ein wenig in die Sendung geschubst, der Verzicht auf ausladende Einführungen der Personen hat aber auch seinen Reiz.

Denn so wirkt es, als würde man die Beteiligten erst Schritt für Schritt und aus dem Gespräch heraus kennenlernen. Es wird geplaudert über Talkshows, das eigene Image, wer gerne mal mit Mick Jagger rumgemacht hätte, das Alter und den Job. Insgesamt liefert Kuttner plus Zwei so deutlich mehr gehaltvolle Erkenntnisse als Bauerfeind, was aber gewiss auch an der schlicht entspannteren Gesprächssituation liegen dürfte.

Dass Kuttner dabei auch von sich selbst erzählt ("Ich hab keine Kinder und ich hab da auch überhaupt kein Interesse dran"), fand Peer Schader in einem Text für die Kollegen von DWDL.de etwas nervig. Man kann aber auch sagen: Wenn ein Gespräch entstehen soll, erzählt eben jeder auch ein bisschen von sich selbst. Warum sollte die Moderatorin da ausgeschlossen sein? Außerdem muss ja irgendwer reden, während sich Hannelore Elsner ein Würstchen mit Senf genehmigt.

Dadurch entsteht ein angenehm unaufdringliches Format, das auch am Ende ganz ohne öde selbstreferenzielle Rückblenden auskommt. Gesendet wird Kuttner plus Zwei übrigens auf dem Sendeplatz des Neo Magazins von Jan Böhmermann, der zuvor in eine sechsmonatige Sommerpause verabschiedet wurde.

Bauerfeind, 3sat, samstags, 19.30 Uhr

Kuttner plus Zwei, ZDF Neo, donnerstags, 22.45 Uhr

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