Südafrikanischer Musiker:Jazzlegende Hugh Masekela ist tot

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  • Der südafrikanische Jazzmusiker Hugh Masekela ist am Dienstag im Alter von 78 Jahren an Prostatakrebs gestorben.
  • Der Komponist veröffentlichte mehr als 40 Alben und spielte mit Größen wie Dizzy Gillespie, Herb Alpert, Fela Kuti, den Byrds, Paul Simon oder Miriam Makeba.
  • Masekela war ein engagierter Kämpfer gegen Rassismus und für eine eigenständige afrikanische Kultur.

Wenn es denn stimmt, dass Pop nie gänzlich unpolitisch sein kann, dann muss sich das in einen Land wie Südafrika fast zwangsläufig potenzieren, verdichten und unter dem immensen Druck reifen. Man muss sich das Leben und die Karriere von Hugh Masekela also als Kampf vorstellen. Als fortgesetzten Kampf, erst gegen das rassistische Apartheidsregime Südafrikas. Dann gegen westlichen Imperialismus. Immer gegen schreckliche Gräueltaten.

Masekela war 20 und hatte als Trompeter schon mit den wichtigeren Musikern seines Landes gearbeitet, als das Massaker von Sharpeville im März 1960 Südafrika erschütterte. 69 Menschen, darunter acht Frauen und zehn Kinder, wurden bei einem Aufstand von Polizisten erschossen. Viele von hinten. Ein Wendepunkt für das Land - und in Masekelas Leben. Der Musiker floh, erst nach London, dann in die USA. Studierte dort an der Manhattan School of Music. Und spielte - wann und mit wem auch immer er konnte. Seit 1963 mit "Trumpet Africaine" sein erstes Soloalbum erschienen war, hat Masekela Jazz, Funk und Soul mit afrikanischer Musik fusioniert - und dafür mit Giganten wie Dizzy Gillespie, Herb Alpert, Fela Kuti, den Byrds, Paul Simon oder Miriam Makeba (mit der er auch ein paar Jahre verheiratet war) gearbeitet. So wurde er einer der bekanntesten Musiker Afrikas - in einer Zeit, in der "Worldmusic" noch nicht an Cafétheken auslag. "Grazing In The Grass" stammt von ihm - ein Nummer-eins-Hit. 1968 bekam er den Grammy für das Stück. Ein zweiter folgte 2012. Große Siege.

"Meine größte Obsession ist es, zu zeigen, wer die Menschen Afrikas wirklich sind"

Seine immerwährende Sehnsucht: heimkehren. Nach Südafrika. Weil das aber wegen des Rassismus im Land auf lange Zeit unmöglich war, kämpfte Masekela in anderen Teilen des Kontinents. Mit Musik - und allem, wofür sie stehen konnte. Als 1974 der legendäre "Rumble In The Jungle"-Boxkampf zwischen Muhammad Ali und George Foreman nach Kinshasa zog, witterten Masekela und der Musikproduzent Stewart Levine eine Chance: Mit einem Festival rund um den Kampf wollten sie die Stars Afrikas im Westen bekannt machen: "Meine größte Obsession ist es, den Afrikanern und der Welt zu zeigen, wer die Menschen Afrikas wirklich sind", sagte Masekela einst.

Damals war das ein noch fast unvorstellbarer Schritt. Generalstabsmäßig geplant: "Wir holten Franco und James Brown als Zugpferde" sagte Masekela der SZ im vergangenen Jahr anlässlich der Veröffentlichung des Festivalmitschnitts. "Ich gewann ein paar liberianische Banker für die Finanzierung. Amerikanische Toningenieure bauten ein eigenes Studio unter die Bühne in Kinshasa. Leon Gast, der schon Woodstock gefilmt hatte, bekam die Aufnahmeleitung. Und mit ihm arbeitete ein Dutzend Filmteams. Am Ende erlebte ich in Kinshasa eines der besten Festivals aller Zeiten." Nein, Pop konnte in diesem Land wohl wirklich nicht unpolitisch sein. Oder zumindest nicht, wenn Masekela ihn machte.

Auch später nicht - obwohl man seiner Musik, dieser immer wieder so irre vitalen und leichten Innovations-Maschine, den Kampf selten anmerkte. Anfang der 80er Jahre baute er im Exil in Botswana ein mobiles Tonstudio und später eine vielbeachtete Musikschule auf. Nach einer südafrikanischen Kommandoaktion in Botswana mit mehreren Toten - darunter zwei Freunde - fürchtete er um seine Sicherheit und ging wieder nach Übersee. Erst 1991 konnte er nach Südafrika zurückkehren.

"Wir haben mehr als 500 Jahre in der kolonialen Gedankenfabrik verbracht"

Dort hat er weiter musiziert und gekämpft - bis heute. Mit der Hugh-Masekela-Stiftung wollte er Afrikaner über ihre Kunst, ihr Design, ihre Musik und Geschichte aufklären. "Wir haben mehr als 500 Jahre in der kolonialen Gedankenfabrik verbracht, und wir sind immer noch nicht aufgewacht", sagte er dazu noch im vergangenen Jahr. "Man hat uns verstreut und als Jamaikaner, Kubaner, Afroamerikaner und Afrikaner voneinander getrennt. Viele von uns glauben bis heute, dass wir von primitiven und barbarischen Kulturen abstammen."

Jetzt endete Masekelas Kampf. Der Trompeter ist im Alter von 78 Jahren in Folge einer Prostatakrebserkrankung gestorben, hieß es am Dienstag in einer Stellungnahme seiner Familie, die über Masekelas offiziellen Twitter-Account verbreitet wurde. Südafrikas Präsident Jacob Zuma erklärte, Masekela habe im Exil "die Flamme der Freiheit am Leben gehalten und Apartheid weltweit mit seiner Musik bekämpft". Sein Beitrag zum Befreiungskampf werde nie vergessen werden.

Geehrt durch einen Präsidenten, der im Land aufgrund seiner Korruption verhasst ist und sich altersstarrsinnig an die Macht klammert. Das ist das Problem mit großen Kämpfern: Spätestens im Tod können sie nicht mehr beeinflussen, wer sich auf ihre Seite schlägt.

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