Sexismus in Hollywood:Frauen bitte draußen bleiben

Sexismus in Hollywood

2010 gewann Kathryn Bigelow den Regie-Oscar für ihren Film "The Hurt Locker". Als erste und bislang einzige Frau.

(Foto: dpa)

"Die Tribute von Panem" und "Zero Dark Thirty" weckten Hoffnung auf klischeefernere Frauenfiguren im Hollywoodkino. Doch hinter der Kamera hat sich wenig getan. Neue Studien zeigen, wie erschreckend selten Frauen in Hollywood entscheiden dürfen.

Von Kathleen Hildebrand

Gerade hat sie den Jungs auf der Enterprise noch Waffentechnologie erklärt, dann zieht sie sich - dramaturgisch sehr unmotiviert - bis auf die Unterwäsche aus. Steht da und muss sich von Captain Kirk begaffen lassen. Für die Szene in "Star Trek: Into Darkness" musste sich Regisseur J. J. Abrams in der Late-Night-Show von Conan O'Brien rechtfertigen: "Es gibt vorher eine Szene, in der auch Kirk kein T-Shirt anhat, also dachte ich, es sei fair", sagte er, "aber ich kann die Kritik verstehen."

Das ist sehr einsichtig von ihm, aber vielleicht hätte es gar nicht so weit kommen müssen. Viele Frauen hätten auf den ersten Blick gesehen, dass die Unterwäsche-Szene Geschlechtsgenossinnen ärgern wird. Aber J. J. Abrams ist ein Mann und sein Drehbuchautor ist auch einer. Ebenso der Kameramann sowie elf der 13 Produzenten des Films. Frauen sind selten anwesend, wenn hinter den Kameras entschieden wird. Wie erschreckend selten, zeigen neue US-Studien über den Frauenanteil in Hollywoodproduktionen.

In nur 24 der 250 finanziell erfolgreichsten Kinofilme des Jahres 2012 haben Frauen Regie geführt. Verglichen mit den Zahlen seit 1998 stagniert der Anteil weiblicher Regisseure. Das fand eine Studie der San Diego State University heraus.

Ein Regie-Oscar für eine Frau - in 85 Jahren

Es sieht ganz so aus, als bliebe Kathryn Bigelow, die 2010 einen Regie-Oscar für ihren Film "The Hurt Locker" gewann, noch für eine ganze Weile die einzige Frau in der Geschichte des Preises. Dass sie 2013 nicht erneut für "Zero Dark Thirty" nominiert wurde, brachte der Academy - die zu fast 80 Prozent aus Männern besteht - viel Kritik ein.

Warum ist das so? Julie Delpy hat es erst als Schauspielerin, dann auch als Drehbuchautorin und Regisseurin geschafft. Doch wie vielen Frauen hat Hollywood es ihr schwergemacht, eigene Filme zu drehen. Dem Kulturspiegel sagte sie einmal, dass Regie bedeute, "Entscheidungen zu treffen, gut organisiert zu sein, rational. Es gibt immer noch eine Menge Leute, die glauben, dass Frauen darin von Natur aus nicht gut seien. Besonders in Hollywood. Aber viele Frauen glauben das auch selbst, weil ihnen eingeimpft wurde, dass sie so etwas nicht können."

Es hat sich nicht viel getan

Jenseits des Regiestuhls sieht es nicht viel besser aus: Von den kreativen Führungspositionen hinter den Kameras der Blockbuster waren nur 18 Prozent mit Frauen besetzt - nicht mal ein Fünftel aller Produzenten, Drehbuchautoren, Kameramänner und Cutter in Hollywood-Produktionen ist demnach weiblich. Und es scheint, als habe sich in den vergangenen 15 Jahren nicht viel getan: Der Anteil der Frauen liegt nur einen Prozentpunkt höher als im Jahr 1998.

Dass sich gerade jetzt in Sachen Geschlechtergerechtigkeit so wenig tut, liegt auch an der Angst. Angesichts von Internetpiraterie und sinkenden DVD-Verkäufen geht Hollywood derzeit keine Risiken ein - und dreht zu jedem Erfolgsfilm fünf Sequels.

Im Juni wurde bekannt, dass nur neun Prozent der unverlangt eingesandten Drehbücher, die tatsächlich von einem Studio gekauft wurden, von Frauen stammten: Weniger als zu irgendeinem Zeitpunkt in den vergangenen zwei Jahrzehnten. Frauen sind in der Wahrnehmung der Studios offenbar ein Risiko.

Filme aus männlicher Perspektive

Das "Celluloid Ceiling", die Decke aus Zelluloid, ist für Frauen nach wie vor schwer zu durchstoßen. Das bedeutet auch, dass Frauen in amerikanischen Filmen und somit in den Kinosälen der ganzen Welt kaum vorkommen. Wenn neun von zehn Filmen aus der Perspektive von Männern erzählt sind, dann bleibt nicht nur das Filmgeschäft "a Man's World".

Filme prägen unsere Vorstellungen von der Realität und wenn Frauen in ihnen kaum ernstzunehmend vorkommen, dann bleiben sie unsichtbar. Entscheiden hingegen Frauen hinter der Kamera, gibt es mehr weibliche Figuren und sie werden weniger sexualisiert dargestellt.

Wenn Frauen, dann bitte leichtbekleidet

Zu diesem Ergebnis kam eine Studie der Annenberg School der University of Southern California. 2012 war weniger als ein Drittel der Filmcharaktere in den Top-100-Filmen weiblich: der Tiefpunkt der vergangenen fünf Jahre. Und diese wenigen zogen sich überproportional häufig aus. Die Studie ergab, dass fast jede dritte Frau im Film "sexuell enthüllende Kleidung" trug.

Was also tun? Es ist traurig, aber man muss Frauen momentan einen Umweg empfehlen, wenn sie in Hollywood erfolgreich werden wollen: Eine Einstiegsmöglichkeit für Frauen sind Independent-Filme, die nicht von einem der großen Studios finanziert werden. Diesen Weg wählte etwa Julie Delpy, die 2012 mit "2 Tage in New York" auf der Liste der Top-250-Filme in Amerika landete.

Chancen im Independent-Kino

Zwar stagnieren auch dort die Frauenquoten wegen der üblichen Hürden wie Männer-Netzwerke und Klischees, doch die finanziellen Barrieren sind im Independent-Bereich niedriger. Außerdem ist die unabhängige Filmwelt traditionell sensibler für die Belange von Minderheiten - und nichts anderes sind Frauen im Filmgeschäft. Das Sundance Festival hat sich der Förderung weiblicher Filmemacher verschrieben. In diesem Jahr stammte die Hälfte der Wettbewerbsfilme von Frauen - während bei den Oscars wieder keine Einzige auf der Regie-Nominiertenliste stand.

Eigentlich aber müsste man den Hollywood-Bossen nur eines sagen: 51 Prozent der amerikanischen Bevölkerung sind Frauen. Wenn sie sich in Filmen wiederfinden, dann werden sie Kinotickets und DVDs kaufen. Oder - wie Meryl Streep einmal zu diesem Thema sagte: "Wollen die das Geld nicht?"

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