Eigentlich ist Samuel Finzi ein profilierter Theaterschauspieler. Besonders gerne spielt er in komplizierten Tschechow- und Heiner-Müller-Inszenierungen von Dimiter Gotscheff am Deutschen Theater Berlin oder an der Volksbühne. Aber seit einigen Wochen sieht man ihn in anderer Funktion sehr oft im Fernsehen, im Internet und auf Plakatwänden: Finzi tritt in einem massiv geschalteten Werbespot einer Versicherungsgesellschaft auf. Wir wollten wissen, wie sich diese beiden Seiten seines Berufs miteinander vertragen.
SZ: Wie geht es Ihnen, wenn Sie sich selbst als Posterboy und Werbefigur auf Plakaten und in Fernsehspots sehen?
Samuel Finzi: Erst mal gucke ich gar nicht hin. Das bin ja nicht ich, das ist nur eine Rolle, eine Figur, die ich spiele. Neulich habe ich die Anzeige in einer Zeitschrift gesehen, da habe ich schnell weitergeblättert. Mir war am Anfang auch nicht klar, wie massiv diese Werbekampagne werden wird. Ich habe das Gefühl, dass viele meiner Schauspielerkollegen nicht wissen, wie sie das finden sollen. Ist das jemand, der sich verkauft hat? Auf der anderen Seite ist diese Werbung so unglaublich präsent, dass es dafür schon wieder Respekt gibt.
SZ: Und, haben Sie sich verkauft?
Finzi: Ich sehe das lockerer. Vor zehn Jahren hätte ich mir darüber viel mehr Gedanken gemacht und das Angebot wahrscheinlich abgelehnt. Wenn George Clooney und John Malkovich heute in einem Werbespot für Kaffee auftreten, schadet ihnen das auch nicht. Die Zeiten, in denen das verpönt war, sind vorbei. Ich habe mich nicht verändert, ich bin der gleiche gute oder schlechte Schauspieler wie davor. Wir sehen so viel Werbung jeden Tag, da ist das schnell vergessen. Diesen Spot zu drehen, war Arbeit, ein schauspielerischer Job, wie der Auftritt in einem Fernsehfilm Arbeit ist. Nur mit dem Unterschied, dass die Arbeit in der Werbung besser bezahlt und weniger anstrengend ist. Am Ende sind es Fernsehbilder. Die Sender kämpfen genauso um Quoten, wie die Werbung um Aufmerksamkeit kämpft.
SZ: Ihr Clip-Auftritt ist ehrliche Industriearbeit eines Kreativdienstleisters?
Finzi: Wenn Sie so wollen, ja. Ich mache ja keine Werbung für Waffen.
SZ: Wurden Sie für den Spot gecastet?
Finzi: Ja, das war lustig. Weil der Text der Werbung streng geheim war, musste ich einen anderen Text sprechen. Ich hatte Glück, dass das ein Monolog von Thomas Bernhard war. Ich bin mehr zum Spaß zu diesem Casting gegangen. Ich dachte, wer nimmt mich schon als Charakter für einen Werbeclip.
SZ: Befürchten Sie, dass Theaterzuschauer, die Sie auf der Bühne sehen, plötzlich an diesen jungen Mann aus der Werbung denken?
Finzi: Ich glaube nicht, dass man das zusammenbringt. Was ich im Theater mache, ist etwas anderes. Außerdem: Ich zahle mein ganzes Leben lang Geld für Versicherungen. Ich wollte einfach einen Teil dieses Geldes zurückhaben.