Oscar-Saison:Zu Gast an Nolans Frühstückstisch

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Moment der Meditation - Christopher Nolan und Matthew McConaughy beim Dreh von "Interstellar". (Foto: Warner)

Die Oscar-Saison läuft an, die Favoriten werden gehandelt. In Vorglühformaten gewähren Hollywoods Strippenzieher auf amüsante Art Einblick in die Filmbranche. Christopher Nolans Frau, zum Beispiel.

Von David Steinitz

In Hollywood beginnt die Filmpreis-Saison, am 11. Januar werden die Golden Globes verliehen, am 22. Februar die Oscars. Neben sehr vielen sehr faden Sondersendungen, mit denen das amerikanische Fernsehen auf diese Veranstaltungen vorglüht, gibt es im Netz mittlerweile ein paar hübsche Formate, bei denen man die nominierten Filme noch mal Revue passieren lassen kann und durch ihre Macher einen schönen Insider-Einblick ins aktuelle Hollywood bekommt.

Besonders zu empfehlen sind die "Roundtable"-Videos des Hollywood Reporter, die unter http://www.hollywoodreporter.com/videos/roundtables-4462 kostenlos abrufbar sind.

Die Fachzeitschrift setzt für jeweils eine knappe Stunde die am heißesten gehandelten Preis-Kandidaten der verschiedenen Filmberufssparten zusammen und lässt sie über ihre Projekte sowie die Filmindustrie im Allgemeinen philosophieren.

Das ist im Fall der Smalltalk- und Interview-versierten Schauspielstars oft nicht ganz so interessant, weil dort nicht viel passiert, außer dass Benedict Cumberbatch seinem Vorbild Ethan Hawke erklärt, wie sehr er ihn bewundert, Ethan Hawke seinem Vorbild Michael Keaton erklärt, wie sehr er ihn bewundert und Michael Keaton seinem Vorbild Timothy Spall erklärt, wie sehr er ihn bewundert. Timothy Spall wiederum bewundert sich selbst.

Aber die runden Tische mit den Hollywood-Berufsgruppen, die normalerweise eher im Schatten stehen und den Zuschauern nicht namentlich bekannt sind, sind tatsächlich sehr lustig und lehrreich: die mächtigen Agenten, ohne deren OK in Hollywood kein Regisseur auch nur eine Sekunde Film belichten kann, die Casting-Chefs, die Komponisten, die Produzenten - sie alle berichten von schrägen Karrierewegen und besessenen Regisseuren.

Schlafstörung nach dem Anruf des Regisseurs

So erzählt zum Beispiel der deutsche Hollywood-Veteran Hans Zimmer, dessen Soundtrack-Soßen sonst eher nicht in musikalische Himmelssphären vorstoßen, der aber gerade mit seiner Musik für das SF-Epos "Interstellar" ein ziemliches Meisterstück vorgelegt hat, vom ersten Telefonanruf des Regisseurs Christopher Nolan: "Gibt es eine Möglichkeit, die verschiedenen Theorien von Zeit, Schwerkraft und ähnlichen Phänomenen auf poetische Art in einem einzigen Musikthema zusammenzufassen?, wollte er wissen. Nach so einer Frage liegst du nachts dann wach . . ."

Am unterhaltsamsten unter den diesjährigen Roundtables ist aber der mit den Produzenten - und natürlich geht es auch hier um "Interstellar". Die Produzentin hinter diesem 200 Millionen-Dollar-Monster ist Nolans Ehefrau Emma Thomas.

Taktische Überlegungen, wie den Studios diese Riesenbudgets am besten zu entlocken sind, werden in der Familie Thomas-Nolan am Frühstückstisch diskutiert. "Seit den Batman-Filmen wissen die Studiobosse, dass es bei uns teuer wird, oft auch teurer als gedacht. Also haben wir's diesmal einfach umgekehrt gemacht. Anstatt ein möglichst eng kalkuliertes Budget zu nennen, dass wir wohl ohnehin überschritten hätten, haben wir ihnen eine Zahl X genannt, die es schlimmstenfalls werden würde - und gesagt, dass wir es drunter versuchen werden. Da haben sie seufzend eingewilligt."

Das große Problem in Hollywood seien momentan auch gar nicht die irren Filmbudgets, erklärt daraufhin Produzent Peter Chernin, und der muss es wissen. Chernin ist gerade mit Ridley Scotts auch nicht ganz preisgünstigem Moses-Spektakel "Exodus" im Kino vertreten und hat, seitdem er als Boss des Fox-Filmstudios für James Camerons aberwitziges "Titanic"-Budget gerade stehen musste, laut eigener Aussage vor gar nichts mehr Angst: "Das Kino wird weiterhin boomen, nur die Marketing-Etats der Filme, die meist fast noch mal so hoch sind wie die Budgets, müssen gesenkt werden. Sonst wird die große Blockbuster-Blase bald platzen."

Wann Studiobosse wirklich nervös werden

Geldsorgen hat man aber natürlich nicht nur bei den Big Players, sondern besonders im Independent-Bereich. Der war in der Produzenten-Runde durch Cathleen Sutherland vertreten, die Richard Linklaters famosen Coming-of-Age-Film "Boyhood" produziert hat.

Dieser wurde über einen Zeitraum von zwölf Jahren gedreht, um dem Protagonisten in Echtzeit beim Aufwachsen zusehen zu können. "Unser Film hieß natürlich nicht von Anfang an 'Boyhood'. Der Arbeitstitel lautete 'Untitled 12-Years-Project' (namenloses Zwölfjahresprojekt), und wenn man mit so einem Titel um Geld bittet", so Sutherland, "macht man Studiobosse dann wirklich nervös."

© SZ vom 05.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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