Filmstarts der Woche:Welche Filme sich lohnen und welche nicht

In "Battle of the Sexes" treten Emma Stone und Steve Carell zum Schaukampf auf dem Tennisplatz an und mit "Überleben in Neukölln" ist Rosa von Praunheim eine liebevoll angetrashte Doku gelungen.

Von den SZ-Kinokritikern

1 / 9

Aus dem Nichts

Kinostart - 'Aus Dem Nichts'

Quelle: dpa

Der Terror des NSU als Thriller: Fatih Akin erzählt von einem Neonazi-Anschlag, bei dem ein kurdischer Vater und dessen Sohn ermordet werden. Dabei konzentriert er sich auf die Ehefrau und Mutter der Toten, die Diane Kruger bewegend spielt. Ihren Schmerz, ihre Hoffnung auf Gerechtigkeit, schließlich ihren Wunsch nach Rache macht sich der Film allerdings kritiklos zu eigen. So verständlich Trauer und Wut des Filmemachers über die Morde und die Versäumnisse bei ihrer Aufklärung sind, ist die rein emotionale Behandlung des Themas und vor allem die Vergeltungsfantasie am Ende doch auch sehr zweifelhaft.

Martina Knoben

2 / 9

Battle of the Sexes

RELEASE DATE September 29 2017 TITLE Battle Of The Sexes STUDIO DIRECTOR Jonathan Dayton Valer

Quelle: ZUMA Press/imago

Das Tennismatch zwischen der Weltranglistenersten Billie Jean King (Emma Stone) und dem abgehalfterten Ex-Tennisspieler Bobby Riggs (Steve Carell) wurde 1973 zum Schaukampf, denn er war ein fürchterlicher Chauvi - und sie kämpfte für gleiche Preisgelder für Frauen. Valerie Faris und Jonathan Dayton machen daraus ein Stückchen Popkultur, eines haben sie jedenfalls schön auf den Punkt gebracht: Der wahre Feind ist nicht der traurige Clown auf dem Tenniscourt, der offen den Wettkampf sucht - es ist der Strippenzieher im Hintergrund, der alles dafür tut, dass sich die Dinge nicht ändern.

Susan Vahabzadeh

3 / 9

Detroit

Film 'Detroit'

Quelle: dpa

Eine brennende und zerstörte Stadt, in der Ausgangssperre herrscht, Militär patrouilliert und Heckenschützen von den Dächern feuern? Nach den letzten Filmen von Kathryn Bigelow - The Hurt Locker und Zero Dark Thirty - würde man diese Szene im Irak oder Syrien verorten. Sie spielt aber in den USA im Jahr 1967, während der Rassenunruhen von Detroit. Die Dynamik zwischen Herrschern und Beherrschten ist dann tatsächlich exakt dieselbe und mündet in eine Terror-Razzia mit mehreren Toten. Der rassistische Wahnsinn dieser Nacht im Algiers Motel, die auf wahren Vorfällen beruht, ist auch ein topaktuelles Statement zur Gegenwart der Polizeigewalt in den USA.

Tobias Kniebe

4 / 9

Manifesto

Kinostart - 'Manifesto'

Quelle: dpa

Große Cate-Blanchett-Show. Herrliche Solonummern komödiantischer Verwandlung. Als brave Hausfrau ruft sie aus: "Ich proklamiere eine politisch-erotisch-mystische Kunst!" Als Lehrerin zitiert sie Godard. Sie schlüpft in 13 Figuren (Punkerin, Brokerin, Obdachlose ...), um Parolen aus künstlerischen Manifesten der Moderne vorzutragen. Julian Rosefeldts filmische Adaption seiner Videoinstallation kontrastiert Alltägliches mit dem Pathos der Avantgarden und liefert ein hübsches Exempel kabarettisierender Postmoderne.

Rainer Gansera

5 / 9

Der lange Sommer der Theorie

Der lange Sommer der Theorie

Quelle: Filmgalerie 451

Drei junge Frauen werden aus ihrer WG im Zentrum von Berlin hinausgentrifiziert. Eine von ihnen dreht gerade einen Film über die Lage von Stadt, Frau, Gesellschaft und linker Theorie und spricht dafür mit realen Wissenschaftlern. Irene von Albertis experimenteller Film oszilliert selbstreflektiert zwischen Dokumentation und Fiktion. Auf die große Frage "Was sollen wir tun?" sucht er zwar nach Antworten, legt sich aber angenehm demütig auf keine einzelne fest.

Kathleen Hildebrand

6 / 9

Liebe zu Besuch

Kinostart - 'Liebe zu Besuch'

Quelle: dpa

Nach der Trennung vom Vater ihrer Kinder und anschließendem Umzug von New York nach L.A. lässt sich Alice (Reese Witherspoon) den großen Blues von einem Trio mittelloser, aber ehrgeiziger Filmemacher vertreiben. Die vom Vater geerbte Villa sieht aus als sei sie direkt aus dem Wohnmagazin gefallen, zusammen mit allen nur erdenklichen Klischees über Trennung, Generationen übergreifende Liebesgeschichten, Mütter-Töchter-Animositäten und Hollywoodkarrieren. Recht uninspiriert recycelt Hallie Meyers-Shyer in ihrem Regiedebüt das Romcom-Erbe ihrer Eltern Nancy Meyers und Charles Shyer.

Anke Sterneborg

7 / 9

Operation Duval

Operation Duval

Quelle: temperclayfilm

Nach überstandenem Burn-out lässt sich der Unternehmensberater Duval (François Cluzet) auf einen neuen Job ein: Er soll für einen mysteriösen Auftraggeber abgehörte Gespräche transkribieren - und gerät bald mitten hinein in eine Polit-Affäre. Der kafkaeske Thriller von Thomas Kruithof beginnt hochspannend, zieht sich dann aber ganz schön hin.

Karoline Meta Beisel

8 / 9

Paddington 2

PADDINGTON 2

Quelle: Studiocanal

Bär Paddington ist glücklich, weil er endlich ein respektiertes Mitglied der Londoner Mittelschicht geworden ist. Aber dann wird er Opfer einer Intrige, landet im Gefängnis und muss sich durch eine abenteuerliche Schatzsuche retten. Sein Gegenspieler ist ein abgehalfterter Shakespeare-Darsteller, den Hugh Grant als wunderbare Selbstparodie spielt. Paul King macht daraus eine schöne Slapstick-Komödie und eine Hommage an die heilende Kraft der Orangenmarmelade.

David Steinitz

9 / 9

Überleben in Neukölln

Überleben in Neukölln

Quelle: missingFILMs

In einem liebevoll angetrashten Dokumentarfilm führt Rosa von Praunheim Gespräche mit frei flottierenden Existenzen abseits der Geschlechter- und Gesellschaftsnormen. Der Hipness-Faktor Berlin-Neuköllns potenziert sich ja seit Jahren ohne Unterlass und verunsichert - Stichwort Gentrifizierung - auch die hier Porträtierten, welche oft bereits seit vielen Jahren aus Überzeugung im Prekariat leben. Der Pionier des queeren Kinos setzt diesen Lebensentwürfen und dem bald ehemaligen Bezirk der Devianz ein charmantes Denkmal.

Volker Bernhard

© SZ vom 23.11.17/efo
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