Diskriminierung im Kino:Verquere Rollenspiele

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LGBT-Figuren treten häufig in Komödien auf: 43. LGBT-Pride-Parade in West Hollywood. (Foto: REUTERS)

Inspiriert vom Bechdel-Test, der die einseitige Darstellung von Frauen im Kino anprangert, gibt es nun ein Modell zur Darstellung von Lesben, Schwulen und Transgender durch Hollywood. Dessen Aussagen bedürfen allerdings einer umfangreichen Kommentierung.

Von Benjamin Schaper

Will ein Film den nach der US-Cartoonistin Alison Bechdel benannten Bechdel-Test zur Darstellung und Repräsentation von Frauen im Kino bestehen, muss er drei Voraussetzungen erfüllen: Es müssen erstens mindestens zwei weibliche Charaktere auftreten, die sich zweitens miteinander und drittens über etwas anderes als einen Mann unterhalten.

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Auch wenn der Test einen Indikator hinsichtlich des Umgangs mit Frauen im Film liefert, ist es mit dem Resultat aber meistens in etwa so, wie wenn ein Fußballspiel nur anhand von Statistiken bewertet würde. Eine Mannschaft, die häufiger in Ballbesitz ist und viel mehr Torschüsse hat als der Gegner, kann trotzdem verlieren, weshalb auch die Aussagekraft des Bechdel-Tests hinterfragt werden muss.

Wenn Hausfrauen über Nagellack reden

Man betrachte etwa die letztjährigen Oscarnominierungen: Während der von einer weiblichen Figur getragene und nicht ansatzweise misogyne Science Fiction-Film "Gravity" durchfällt, weil Sandra Bullock allein durchs Weltall schwebt, besteht die Gaunergroteske "American Hustle" den Test, weil sich zwei Hausfrauen über Nagellack unterhalten.

Trotzdem ließ sich die amerikanische Gay and Lesbian Alliance Against Defamation (GLAAD) jetzt vom Bechdel-Test inspirieren, um ein Instrument zur Analyse der Inszenierung von schwulen, lesbischen und Transgender-Charakteren, kurz LGBT, zu entwickeln: den Vito-Russo-Test. Der amerikanische Filmhistoriker Vito Russo, Mitbegründer der GLAAD, hatte in den Achtzigern Grundlagenarbeit zur Erforschung von LGBT-Figuren in Hollywoodfilmen geleistet.

Wegweiser für Filmemacher

Um den Test zu bestehen, müssen Filme drei Anforderungen standhalten: Es muss mindestens ein LGBT-Charakter auftreten. Dieser darf sich weder einzig noch hauptsächlich über seine sexuelle Orientierung oder Gender-Identität definieren. Zuletzt muss die Figur für die Handlung bedeutend sein.

Die beiden letzten Kriterien zeigen, dass im Vergleich zum Bechdel-Test eine reflektiertere Herangehensweise erforderlich ist, um einen Film einzuordnen. Diese vertiefte Auseinandersetzung mit den Chancen und Schwächen ihres Analysemodells ist symptomatisch für den Umgang der GLAAD mit dem Sujet. Zum zweiten Mal veröffentlicht die Organisation mit dem "Studio Responsibility Index" eine umfassende Broschüre als Wegweiser für Filmemacher.

Ausgearbeitete Rollen

Einerseits werden darin positive Beispiele herausgestellt - andererseits werden Filme, die zwar den Test bestehen sich aber dennoch hinsichtlich der Darstellung bestimmter Charaktere als problematisch erweisen, detailliert kommentiert. Das Corpus des Reports bilden die Filme der im Vorjahr kommerziell erfolgreichsten Studios.

Das Ergebnis: In 17 von 105 Filmen finden sich LGBT-Charaktere, in den meisten Fällen homosexuelle weiße Männer. Selten handelt es sich um ausgearbeitete Rollen. Oftmals werden die Figuren diskriminiert oder verspottet. Dazu passt, dass sie vor allem in Komödien auftauchen - in Kinder- und Animationsfilmen aber überhaupt nicht.

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Hollywood sollte aber, so die Autoren der Studie, seinen Einfluss auf ein breites Publikum nutzen, um die LGBT-Gemeinde akkurater zu zeichnen und Stereotypen zu widerlegen - so wie es zum Beispiel die ohnehin viel gerühmten US-Serien täten.

© SZ vom 25.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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