Frage an den SZ-Jobcoach:Muss man im Bewerbungsgespräch sagen, dass der Führerschein weg ist?

SZ-Leser Linus K. darf zehn Monate lang nicht Auto fahren. Muss er das im Vorstellungsgespräch erwähnen oder darf man darüber schweigen?

SZ-Leser Linus K. fragt:

Ich bin 22 Jahre alt und habe kürzlich eine große Dummheit begangen (Auto gefahren mit 2,0 Promille). Nun bin ich meinen Führerschein für zehn Monate los und mache mir Sorgen: Ich habe gerade meine Ausbildung zum Mechatroniker beendet und bin jetzt auf Jobsuche. Muss ich im Vorstellungsgespräch sagen, dass ich derzeit keinen Führerschein habe? Oder darf ich lügen? Kann der Arbeitgeber ein polizeiliches Führungszeugnis anfordern? Was steht in meinem Fall drin?

Ina Reinsch antwortet:

Lieber Herr K., ein optimaler Start ins Berufsleben ist das nicht. Ihre Promillefahrt könnte Ihre Einstellungschancen durchaus beeinträchtigen - sie muss es aber nicht. Lassen Sie uns das Ganze daher einmal sachlich betrachten.

Ab 1,1 Promille ist ein Kraftfahrer absolut fahruntüchtig, ohne dass es auf Fahrfehler oder sonstige Ausfallerscheinungen ankommt. Wer mit einer solchen Blutalkoholkonzentration Auto fährt, macht sich in der Regel nach § 316 StGB (Trunkenheit im Verkehr) strafbar. Zusammen mit der strafgerichtlichen Entscheidung wird regelmäßig die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist festgesetzt.

Was in Ihrem Fall im Führungszeugnis steht, hängt davon ab, inwiefern die strafrechtliche Verurteilung Eingang in das Bundeszentralregister gefunden hat. Keine Eintragung erfolgt beispielsweise bei zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafen und bei Strafen, die nicht höher als 90 Tagessätze oder drei Monate Freiheitsstrafe betragen, wenn im Bundeszentralregister sonst nichts eingetragen ist.

Doch darf ein privater Arbeitgeber überhaupt pauschal ein Führungszeugnis verlangen? Das Bundesarbeitsgericht sieht das kritisch und sagt, von Ausnahmen abgesehen, Nein. Denn der Arbeitgeber kann damit möglicherweise mehr erfahren, als für die angestrebte Tätigkeit erforderlich ist. Der Chef kann ein berechtigtes Interesse daran haben, bei einem Berufskraftfahrer über Verkehrsdelikte informiert zu sein. Bei einem Bankmitarbeiter wäre das aber irrelevant. Bei einem Mechatroniker dürfte ebenfalls kein berechtigtes Interesse an einem Führungszeugnis bestehen.

Müssen Sie Ihren künftigen Arbeitgeber ungefragt über den Führerscheinentzug informieren? Nur dann, wenn das für die in Aussicht genommene Tätigkeit relevant ist, ein Führerschein also Voraussetzung für die Ausübung Ihrer Arbeit ist. Das gilt im Prinzip auch für das Fragerecht des Arbeitgebers im Vorstellungsgespräch. Zulässig sind nur solche Fragen, an deren Beantwortung der künftige Chef ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse hat. Betrifft die Frage lediglich die Privatsphäre oder liefert keine Informationen, die für das Arbeitsverhältnis wichtig sind, ist sie unzulässig. Unzulässige Fragen muss der Bewerber nicht beantworten. Mehr noch, er darf sogar lügen. Zulässige Fragen muss er dagegen wahrheitsgemäß beantworten. Tut er das nicht, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis wegen arglistiger Täuschung anfechten.

Ich würde Ihnen Folgendes raten: Für Mechatroniker gibt es sicher Stellen, bei denen ein Führerschein nicht zwingend erforderlich ist. Bewerben Sie sich vorrangig um diese Jobs. Prüfen Sie aber vorab genau, ob Sie tatsächlich bei Ihrem Arbeitgeber im Haus eingesetzt sein werden oder ob Sie laut Vertrag externe Kundentermine wahrnehmen oder anderweitig Fahrzeuge steuern müssen. Vielleicht müssen Sie durch diese Einschränkung zunächst eine Stelle annehmen, die Ihnen nicht zu 100 Prozent zusagt. Aber auch diese Zeit geht vorbei. Wenn Sie Ihren Führerschein wiederbekommen haben, können Sie sich weiter bewerben und in Zukunft besonnener agieren.

Ina Reinsch ist Rechtsanwältin, Autorin, und Referentin in München. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Arbeitsrecht.

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