Infektionskrankheiten:Masern europaweit auf dem Vormarsch

Lesezeit: 2 min

Impfskepsis lässt die Zahl der Masern-Erkrankungen in Europa nach oben schnellen. Frankreich meldete 2011 mehr als 14.000 Fälle. In Deutschland erkrankten doppelt so viele Menschen wie 2010.

In ganz Europa sind Masern auf dem Vormarsch: Nachdem die Zahl der Erkrankungen in den vergangenen Jahren stetig zurückgegangen war, stieg sie 2011 wieder, wie aus einem Bericht der US-Gesundheitsbehörde CDC hervorgeht. Allein in Frankreich wurden 14.000 Masernfälle registriert, in Deutschland sind es über 1600 und damit mehr als doppelt so viel wie im Jahr 2010.

"Wir beobachten sehr viel mehr Fälle als noch vor fünf oder sechs Jahren", sagte Rebecca Martin vom WHO-Büro in Kopenhagen. Bis Oktober wurden aus europäischen Ländern neun Todesfälle als Folge von Masern gemeldet und mehr als 26.000 Krankheitsfälle. Die Zahl verdreifachte sich damit im Vergleich zu 2007.

Betroffen ist vor allem Frankreich. Unter den 14.000 an Masern Erkrankten waren vor allem Kinder über fünf Jahre und junge Erwachsene. Weitere größere Ausbrüche der hochansteckenden Viruserkrankung gab es außerdem in Spanien, Rumänien, Mazedonien und Usbekistan. Mehr als die Hälfte aller Fälle, betonte WHO-Mitarbeiterin Martin, habe Menschen betroffen, die älter als 15 Jahre alt gewesen seien.

Als Grund für die Erkrankungswelle nannte sie die niedrigen Impfquoten. "Die Leute, die nicht geimpft sind, geben dem Erreger jetzt die Möglichkeit, sich auszubreiten", sagte sie. Von den an Masern Erkrankten war etwa die Hälfte nicht geimpft, bei den übrigen war der Impfstatus in den meisten Fällen ungeklärt.

Die Impfmüdigkeit erklärten Gesundheitsexperten damit, dass die Krankheit von vielen nicht ernst genommen werde. Außerdem seien viele Eltern skeptisch in Bezug auf den Impfstoff. Dazu beigetragen hat eine 1998 von dem britischen Mediziner Andrew Wakefield veröffentlichte Studie, in der er einen Zusammenhang zwischen dem MMR-Impfstoff (Masern, Mumps, Röteln) und Autismus herstellte. Das Magazin The Lancet, das die Arbeit publiziert hatte, zog die Veröffentlichung später zurück; Wakefield wurden unlautere Forschungsmethoden vorgeworfen.

In den USA lösten die vielen Masernfälle in Europa Besorgnis aus. In dem Staat erkranken normalerweise nicht mehr als 50 Menschen pro Jahr an Masern, 2011 waren es mehr als 200. In so gut wie allen Fällen hatten sich die Betroffenen im Ausland angesteckt. Die Gesundheitsbehörden riefen deshalb bereits im Frühjahr des abgelaufenen Jahres Reisende auf, sich vor einem Auslandsaufenthalt gegen Masern impfen zu lassen.

Martin warnte, bei Masern handele es sich nicht um eine harmlose Erkrankung. "Es ist eine gefährliche Entscheidung, sich nicht impfen zu lassen", sagte sie. Auch der Präsident des Berliner Robert Koch-Instituts, Reinhard Burger, betonte, die Masernerkrankung sei nicht so harmlos, wie mancher vielleicht denkt. In Einzelfällen kann die Erkrankung tödlich enden oder zu einer bleibenden Schädigung des Gehirns führen, erklärte er.

© dapd/beu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: