Ernährung von Kindern:Heute Pasta, morgen Nudeln

Ernährung von Kindern: Spaghetti und Spaghetti-Eis sind bei vielen Kindern hochwillkommen.

Spaghetti und Spaghetti-Eis sind bei vielen Kindern hochwillkommen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Kinder, die immer das Gleiche essen, neigen zu Depressionen. Wie Eltern ihren Nachwuchs an einen vielseitigen Speiseplan gewöhnen können.

Von Werner Bartens

Montag Nudeln, Dienstag Spaghetti, Mittwoch Reis und Donnerstag wieder Nudeln. Geht es nach den Wünschen vieler Kinder, würde ihr Speiseplan recht eintönig aussehen - zu Hause sollen immer nur die gleichen drei, vier Mahlzeiten auf den Tisch. Probieren die Erwachsenen Neues aus, reagiert der Nachwuchs bockig: "Schmeckt nicht, will ich nicht, esse ich nicht." Sind Kinder übertrieben wählerisch, ist nicht nur der Familienfrieden in Gefahr.

Kinderärzte warnen im Fachblatt Pediatrics davor, monotone Ernährungsgewohnheiten zu leichtzunehmen. In schweren Fällen können sie mit psychischen Auffälligkeiten einhergehen. Angststörungen und Depressionen sind bei jenen Kindern doppelt so häufig, die beim Essen nur ihr eng begrenztes Repertoire akzeptieren.

"Für viele Eltern stellt sich die Frage, wann wählerisches Essverhalten zum Problem wird", sagt Studienleiterin Nancy Zucker von der Duke University. Die Ärzte haben das Essverhalten von fast 1000 Kindern im Vorschulalter erfasst und mehrere Jahre beobachtet. Eine "selektive Essstörung" fanden sie bei 20 Prozent der Kinder. Die Mehrzahl war mäßig betroffen, das heißt, sie aß fast nur ihre ausgewählten Gerichte.

Bei drei Prozent der Kinder ist die Störung jedoch so ausgeprägt, dass gemeinsame Mahlzeiten mit der Familie kaum möglich sind, weil sie bis auf sehr wenige Gerichte alles ablehnen. Typische kindliche Abneigungen, etwa gegen Spinat oder Kohl, wurden nicht als ungewöhnlich gewertet - im Vorschulalter ist das die Regel statt die Ausnahme.

Zwang hilft nicht

"Wir alle kennen diese Kinder, die sich nur von Nudeln mit Ketchup zu ernähren scheinen", sagt Sibylle Koletzko, Ernährungsexpertin am Haunerschen Kinderspital der Universität München. "Das geht oft wieder vorbei, aber eine kleine Untergruppe ist anderweitig psychisch auffällig." Je ausgeprägter die selektive Esserei, desto größer die Wahrscheinlichkeit für psychische Störungen, so die aktuelle Studie. Allerdings seien manche Kinder besonders sensibel und reagierten empfindlich auf Gerüche, Geschmäcker und die Konsistenz bestimmter Lebensmittel. Haben sie schlechte Erfahrungen mit Gerichten gemacht, fürchten sie sich vor Neuem und wehren sich, wenn sie unbekannte Speisen essen sollen.

"Zwang ist nie gut, aber man kann Eltern Mut machen, Kindern immer wieder Neues anzubieten und nicht nach zwei Versuchen aufzuhören", sagt Koletzko. "Schon kleine Kinder müssen ungewohnte Speisen acht- bis zwölfmal vorgesetzt bekommen, bis sie ihnen zusagen. Geben Eltern vorzeitig auf, wird einseitiges Essen wahrscheinlicher."

Die Kinderärztin appelliert an die Eltern, vorbeugend die ganze Bandbreite an Geschmack und Konsistenz auszuprobieren. "Das ist gesünder, beugt Allergien vor und später isst man weniger wählerisch", sagt Koletzko. "Die Neugier der Kinder kann man sich zunutze machen." Kulturelle Prägungen spielen auch eine Rolle. In einer früheren Studie wurden Deutsche und Franzosen aufgefordert, im Wechsel eine Woche lang immer das Gleiche zu kochen und in der folgenden Woche jeden Tag etwas anderes. Für die Franzosen war die Monotonie der Horror, die Deutschen beklagten den Druck, täglich den Speiseplan variieren zu müssen.

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