Scheine und Münzen:Fürs Bargeld lohnt sich der Kampf

Bargeld

Vor allem Ältere hängen sehr am Zahlen in bar - wichtig und nützlich ist es aber für alle Bürger.

(Foto: Matthias Balk/dpa)

Bargeld bedeutet Freiheit und Sicherheit. Deshalb ist jede Partei willkommen, sich für Scheine und Münzen einzusetzen - nur bitte mit vernünftigen Argumenten.

Kommentar von Marc Beise

Soll man sich angesichts der vielen Probleme in der Welt jetzt wirklich auch noch für die Rettung des Bargeldes verkämpfen? Das sei ohnehin, melden die Meinungsforscher, eher ein Thema für Männer im fortgeschrittenen Alter - ein Umstand, mit dem man beim Blick auf die eigene Lebenslinie mental gerade noch zurechtkommt. Es sei aber auch, berichten Beobachter einschlägiger Veranstaltungen, ein Lieblingsthema für Euro-Gegner, Nationalisten, Ewiggestrige und AfD-Sympathisanten. So gesehen, bewegt sich die CDU auf gefährlichem Terrain.

Denn die Kanzlerinnen-Partei will in ihrem Wahlprogramm das Bargeld heiligsprechen. Jeder Bürger solle das Recht behalten, mit Bargeld zu zahlen "als unverzichtbares Merkmal einer freiheitlichen, bürgerschaftlich verfassten Gesellschaft". Das ist ergreifend formuliert. Und es ist, alternde Männer hin und rechtspopulistische AfD her, auch richtig.

Bargeld ist ohne Biografie. Bei großen Beträgen werden aus Sicherheitsgründen Nachweise verlangt, das ist einzusehen. Ansonsten aber ist Bargeld angenehm anonym. Wer damit zahlt, gibt nichts von sich preis. Alle reden über Datenschutz und wie schwierig es ist, diesen in Zeiten der digitalen Vernetzung noch sicherzustellen. Bargeld ist die Chance, sich der totalen Überwachung zu entziehen. Und nicht zuletzt hat Bargeld auch eine sinnliche Dimension. Geld ist real, buchstäblich handgreiflich. Es begleitet das Produkt, die Dienstleistung ganz konkret und direkt. Die Münze dreht sich auf der Theke, der Schein gleitet durch die Finger. Der Gang zum Geldautomaten ist eine letzte Kontrolle, ob man seine Finanzen noch im Griff hat. Wie immer man sich dann entscheidet, es ist ein willentlicher Akt. Bargeld ist, so schön kann man das sagen: geprägte Freiheit. Dafür also sollte gerade eine freiheitliche Gesellschaft kämpfen.

Bargeld bietet auch Kontrolle gegen Banken und den Staat

Allerdings schadet es diesem Kampf, wenn er mit verstiegenen Argumenten geführt wird. Nein, es ist keine Weltverschwörung von Notenbankern und Finanzjongleuren zur Entmündigung des deutschen Sparers im Gange. Es gibt auch keinen Beweis, der die offizielle Argumentation der Europäischen Zentralbank widerlegt. Sie will den 500-Euro-Schein zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität aus dem Verkehr ziehen. Vielmehr gibt es ernsthafte Argumente von anerkannten Experten für das Zurückdrängen, gar die Abschaffung des Bargeldes. Sie können allerdings allesamt nicht überzeugen.

Die einen argumentieren mit der organisierten Kriminalität, mit Terrorismus und Drogenhandel, die von (großen) Scheinen begünstigt würden. Das stimmt, nur wachsen auch die kriminellen Möglichkeiten des Netzes. Andere argumentieren mit der Schattenwirtschaft, die durch Bargeld begünstigt wird. Auch das stimmt ein bisschen, nur gibt es auch Staaten mit viel Bargeld und wenig Schwarzarbeit.

Das härteste Argument kommt aus der Geldpolitik. So sind anerkannte Wissenschaftler wie Harvard-Professor Kenneth Rogoff für die Abschaffung des Bargeldes, um den Zentralbanken eine uneingeschränkte negative Zinspolitik zu ermöglichen. Durch die Abschaffung des Bargeldes würde den Zentralbanken niemals die Munition ausgehen. Das allerdings können gerade die Deutschen nicht wollen, die so viel Sparvermögen haben wie kaum eine Nation sonst. In diesem Sinne hat Bargeld auch eine Kontrollfunktion. Wenn die Banken es zu bunt treiben, dann bleibt als ultima ratio das Räumen der Konten. Allein dafür lohnt es sich, fürs Bargeld zu kämpfen.

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