Finanzen kompakt:EU forciert Kampf gegen überteuertes Roaming

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Die jüngste Deckelung der Tarife bei Handytelefonaten im Ausland reicht der EU nicht aus. Außerdem: Die Ratingagentur Moody's sorgt sich um das US-Budget. Das Wichtigste in Kürze.

Weiter Ärger um Roaming: Die EU will die Preise für das Telefonieren mit dem Handy im EU-Ausland weiter drücken. Bis 2015 solle der Preisunterschied zu den Inlandstelefonaten möglichst ganz verschwinden, erklärte die Kommission.

Telefonate mit dem Handy im Ausland sind der EU weiterhin zu teuer. Sie will die Tarife daher noch stärker deckeln. (Foto: ag.dpa)

Sie leitete deshalb eine öffentliche Konsultation zum sogenannten Roaming ein. An dieser Anhörung können sich neben Unternehmen und Behörden auch die Verbraucher selbst beteiligen. Mit dem derzeitigen Preisen ist die Kommission unzufrieden.

"Die Endkundenpreise liegen weiterhin in der Nähe der EU-weit vorgeschriebenen Preisobergrenzen", teilte sie mit. Dabei ließen die Obergrenzen den Betreibern "einen großen Spielraum für attraktivere Roaming-Tarife".

Brüssel will erreichen, dass sich die Anbieter stärker untereinander Paroli bieten. Bereits seit mehreren Jahren sind Roaming-Preise in der EU inzwischen gesetzlich gedeckelt.

Die Grenzen waren dabei in mehreren Schritten gesenkt worden. Seit Anfang Juli dürfen abgehende Gespräche für Kunden mit deutschen Verträgen, die im EU-Ausland unterwegs sind, höchstens 46 Cent kosten, ankommende Gespräche nicht mehr als 18 Cent. SMS kosten maximal 13 Cent. Keine Beschränkung gibt es für MMS, mit denen sich etwa Urlaubsfotos per Handy verschicken lassen.

Für diese mobile Internetnutzung sind nur die Großhandelspreise gedeckelt, nicht die Preise für Endkunden.

Die Verbindungen werden aber automatisch getrennt, sobald ein Kunde 60 Euro versurft hat - es sei denn, er deaktiviert diese Option oder setzt eine andere Kostenobergrenze.

Ungewöhnliche Worte von Moody's: Die Ratingagentur warnt wegen der Steuerzugeständnisse von Präsident Barack Obama vor einer Abwertung der US-Kreditwürdigkeit. Zwar seien Veränderungen des AAA-Rating, der bestmöglichen Risikonote, in den kommenden 18 bis 24 Monaten nicht zu erwarten, sagte Analyst Steven Hess. Allerdings sorge er sich um die Auswirkungen auf den Haushalt, sollten die Steuererleichterungen dauerhaft fortbestehen.

Auf Druck der nach den Kongresswahlen erstarkten Republikaner hatte Obama vorgeschlagen, die in der Ära seines konservativen Vorgängers George W. Bush eingeführten Steuererleichterungen für reiche Amerikaner um zwei Jahre zu verlängern. Eigentlich wollten Obama und seine Demokraten nur die Mittelschicht entlasten. Dass die geringeren Steuern nun aber auch weiter für Spitzenverdiener gelten sollen, ist ein Kompromiss, den Obama angesichts der neuen Machtverhältnisse im Kongress einging.

Hätte es keine Einigung gegeben, wären die Erleichterungen für alle Amerikaner zum Jahresende ausgelaufen. Die Regierung verteidigte die Zugeständnisse. Die Erleichterungen würden das mittel- und langfristige US-Defizit nicht verschlimmern, hieß es in einer Mitteilung. Es gilt als wahrscheinlich, dass der Plan auf Kritik aus den Reihen der Demokraten stoßen wird. Je nachdem, wie viele seiner Parteifreunde Obama die Unterstützung dazu verweigern, ist der Präsident im Kongress auf die Hilfe der Republikaner angewiesen.

Die EU-Kommission hat das Kartellverfahren wegen überhöhter Gebühren gegen den Bankkartenanbieter Visa Europe eingestellt. Das Unternehmen habe sich dazu bereit erklärt, die Preise für das Bezahlen mit Debitkarten in neun EU-Staaten deutlich zu senken, erklärte die Behörde in Brüssel.

Visa habe sich dazu verpflichtet, die Gebühren für vier Jahre auf durchschnittlich maximal 0,2 Prozent des Zahlungsbetrags zu beschränken. Die Preise für inländische Transaktionen gingen dadurch um 60 Prozent, für grenzüberschreitendes Bezahlen um 30 Prozent zurück. "Die Senkung der Interbankenentgelte wird Händlern wie Verbrauchern unmittelbar zugutekommen", erklärte EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia.

Zudem werde der Wettbewerb auf dem Zahlungskartenmarkt verbessert. Die Gebührensenkung von Visa Europe betrifft neun EU-Staaten, darunter Italien und die Niederlande. In Deutschland war keine Preissenkung notwendig.

Wie sieht eigentlich die Bank von drinnen aus? Viele dürften das schon gar nicht mehr wissen: Jeder zweite Bundesbürger (52 Prozent) besorgt sich sein Bargeld ausschließlich am Bankautomaten. Hingegen nutzt nur noch jeder Zehnte den direkten Kontakt mit einem Angestellten am Bankschalter, wie aus einer Studie der Deutschen Bundesbank hervorgeht.

Bis in die siebziger Jahre sei der Schalter der einzig mögliche Abhebeort gewesen. Heute sei er vor allem bei älteren Menschen mit niedrigem Einkommen und Bildungsgrad beliebt: 68 Prozent der über 65-Jährigen holen sich ihr Bargeld ausschließlich am Schalter, bei den 18- bis 34-Jährigen sind es nur sechs Prozent. Das Fazit der Bundesbank: "Je jünger die Befragten sind, desto eher tendieren sie dazu, gar nicht mehr an den Schalter zu gehen." Die Bundesbank ist überzeugt: Langfristig gewinnen alternative Abhebeorte etwa in Lebensmitteldiscountern oder Tankstellen an Bedeutung. An der Beliebtheit von Bargeld wird sich nach Angaben der Bundesbank auf mittlere Sicht zwar nichts ändern.

Der langsame, aber stetige Trend, im Handel immer häufiger mit Karte statt Bargeld zu bezahlen, werde sich aber fortsetzen. Zudem könne sich langfristig die Bedeutung innovativer Instrumente - etwa Zahlungen mittels Handy oder Fingerabdruck - aus der Nischenanwendung heraus entwickeln. Das führt nach Überzeugung der Bundesbanker dazu, dass in Deutschland weniger Bargeld abgehoben wird.

Betrügereien bei kommunalen Anleihen kommen die Bank of America teuer zu stehen. Das Wall-Street-Haus muss im Rahmen eines Vergleichs mit US-Behörden insgesamt 137 Millionen Dollar berappen, weil es sich Geschäfte mit unlauteren Mitteln erschlichen hatte. Den Schaden hatten Städte, Gemeinden, andere staatliche Stellen wie Schulen sowie wohltätige Organisationen. "Das Gebaren war ungeheuerlich", sagte der Chefermittler der Börsenaufsicht SEC, Robert Khuzami.

Um mit den Kommunen ins Geschäft zu kommen, habe die Bank of America mehrfach Verantwortliche bestochen, führte er aus. Konkret ging es um die Wiederanlage der Gelder, die die Städte und Gemeinden durch die Anleihen eingenommen hatten. Die Bank of America hat demnach das gängige Bieterverfahren manipuliert, mit denen die Kommunen die beste Anlage finden sollen. Laut SEC gab es hinter den Kulissen verbotene Absprachen und die Bank habe Einblick in die Angebote der Konkurrenz erhalten. Korruption sei in diesem Feld weit verbreitet, stellte Ermittler Khuzami fest. Die Bank of America verteidigte sich, sie sei die einzige Bank gewesen, die Eigenanzeige erstattet und damit Licht ins Dunkel gebracht habe.

Die Bank unterstrich zudem, dass die Vorkommnisse weit zurücklägen - in den Jahren 1998 bis 2003. Das Institut habe die personellen Konsequenzen daraus gezogen und sichergestellt, dass sich derartiges nicht wiederhole. Die SEC hatte bei der Aufklärung des Falls mit einer Reihe anderer staatlicher Stellen zusammengearbeitet, darunter dem Justizministerium, der Steuerbehörde IRS, der Notenbank Fed und den Generalstaatsanwaltschaften von 20 Bundesstaaten.

"Die Ermittlungen gehen weiter", sagte der Generalstaatsanwalt von Connecticut, Richard Blumenthal. Die Bank of America habe wertvolle Hinweise auf das Fehlverhalten anderer Finanzfirmen geliefert. Erst vor wenigen Tagen war ein früherer Mitarbeiter der Schweizer Großbank UBS bei seiner Ankunft auf dem New Yorker Flughafen JFK festgenommen worden. Ihm drohen bis zu 20 Jahren Gefängnis wegen Schwindeleien mit kommunalen Anleihen. Im Zuge der weitreichenden Ermittlungen haben sich bis dato acht Beteiligte schuldig bekannt. Präsident Barack Obama hatte Finanzbetrügereien den Kampf angesagt.

Die EU schließt weitere Schlupflöcher für Steuerflüchtlinge. Nach jahrelangen Debatten einigten sich die EU-Finanzminister auf eine verbesserte Amtshilfe in Steuerangelegenheiten. "Das ist ein guter Kompromiss", sagte der österreichische Finanzminister und Vizekanzler Josef Pröll. Das Bankgeheimnis in seinem Land werde nicht angetastet. Laut EU-Gesetz werden künftig mehr Informationen über die Grenzen hinweg ausgetauscht, um Steuerflucht und Steuerbetrug besser zu bekämpfen. Von 2013 an sind Anfragen von Behörden bei vermuteten Verstößen möglich - es müssen dazu jedoch präzise Angaben wie die Identität der gesuchten Person und zum Grund der Suche gemacht werden. "Datenfischerei wird es nicht geben", meinte ein Experte.

Von 2014 an sollen dann auch Daten automatisch zwischen den Mitgliedsländern ausgetauscht werden. Bedingung ist aber, dass diese Informationen für die jeweiligen nationalen Behörden überhaupt verfügbar sind. Dabei geht es um Gehaltszahlungen, Vergütungen für Aufsichts- und Verwaltungsratsmitglieder von Unternehmen, Renten, Lebensversicherungen oder Einkommen aus Immobilien. 2017 soll der Erfolg des Gesetzes bewertet werden.

Der luxemburgische Ressortchef Luc Frieden sagte, auch beim automatischen Informationsaustausch würden keine Bankdaten abgefragt. Luxemburg und Österreich - beide Länder haben das Bankgeheimnis - hatten sich lange gegen den Kompromiss gewehrt. Bei dem Gesetz geht es nicht um die Überarbeitung der grenzüberschreitenden Zinsbesteuerung, die von der EU vor fünf Jahren eingeführt wurde. Die Revision der Zinssteuer-Richtlinie ist ausgesprochen schwierig und dürfte sich laut Diplomaten noch länger hinziehen.

Unternehmen rund um den Globus wagen nach der Krise zunehmend wieder den Gang an die Börse. Dank anhaltend starker Aktivitäten in den Schwellenländern sei der weltweite Markt für Börsengänge (Initial Public Offering/IPO) auf Rekordkurs, stellte die Unternehmensberatung Ernst & Young für 2010 fest. Bis zum Jahresende werde der globale IPO-Markt mit Emissionserlösen von insgesamt mehr als 300 Milliarden Dollar den Rekord des Jahres 2007 (295 Mrd Dollar) übertroffen haben, rechnete Ernst & Young am Mittwoch hoch. Allerdings gingen deutlich weniger Unternehmen an die Börse als 2007, obwohl bereits in den ersten elf Monaten des laufenden Jahres mit 1199 schon mehr als doppelt so viele Unternehmen den Schritt wagten wie im Gesamtjahr 2009 (577).

2007 gab es weltweit 2014 Börsengänge. Der Deutsche IPO-Markt sei in diesem Jahr hinter den Erwartungen zurückgeblieben: Zwar gingen von Januar bis Ende November 13 Unternehmen in Deutschland an die Börse, nachdem es im Vorjahr nur drei gewesen waren. Allerdings hatten Beobachter nach einem starken Jahresauftakt mit deutlich höheren Zahlen gerechnet.

Haupttreiber des aktuellen IPO-Booms sind der Ernst & Young-Studie zufolge aufstrebende Volkswirtschaften wie Brasilien, Indien, Russland und China: 71 Prozent aller Börsengänge gab es in den ersten elf Monaten dieses Jahres in den sogenannten Emerging Markets. Fünf der zehn größten Börsengänge des Jahres entfielen auf Schwellenländer.

© sueddeutsche.de/Reuters/dpa/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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