Datenskandal:Die Frau, die Facebook jagt

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Elizabeth Denham ist die oberste Datenschützerin Großbritanniens. (Foto: AP)
  • Die dubiose Beratungsfirma Cambridge Analytica wertete illegal beschaffte Facebook-Daten von Millionen Nutzern aus. Das Unternehmen arbeitete für die Kampagne von Donald Trump.
  • Elizabeth Dunhem leitet als oberste Datenschützerin des Landes die Untersuchungen gegen Facebok wegen des Datenskandals.
  • Weil das Verhalten des Unternehmens der Demokratie geschadet habe, fordert sie nun die höchstmögliche Strafe. Doch die dürfte Facebook leicht verschmerzen.

Von Björn Finke, London

Schon wieder Facebook: Elizabeth Denham ist Information Commissioner des Vereinigten Königreichs, also oberste Datenschützerin. Früher hatte sie ähnliche Posten in ihrem Heimatland Kanada inne. Dort leitete sie die weltweit erste Untersuchung einer Datenschutzbehörde gegen Facebook, das soziale Onlinenetzwerk. In Großbritannien droht sie dem milliardenschweren US-Konzern nun mit der höchsten Strafe, die ihr Amt, das Information Commissioner's Office (ICO), je verhängt hat.

Denham schlägt eine halbe Million Pfund als Buße dafür vor, dass wegen Facebooks Schlampereien eine dubiose Analysefirma Informationen von bis zu 87 Millionen Nutzern auswerten konnte. Facebook kann dazu Stellung beziehen, bevor die endgültige Entscheidung fällt.

Die Strafe führt Denham im Zwischenbericht über Ermittlungen auf, die ihre Behörde vor einem guten Jahr begonnen hat. Das ICO untersucht, wie Parteien, die Kampagnengruppen für das EU-Referendum, Analysefirmen und soziale Netzwerke mit Wählerdaten umgegangen sind. Die inzwischen insolvente Beratungsgesellschaft Cambridge Analytica aus London wertete Informationen von Facebook-Nutzern aus, die 2014 und 2015 illegal beschafft worden waren. Das Unternehmen half politschen Kampagnen, zielgenau Werbebotschaften zu platzieren.

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Facebook hat Glück, dass die Verstöße damals geschahen. Denn seit Mai dieses Jahres gilt die Datenschutzgrundverordnung der EU, und die erlaubt Strafen von bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes. Da hätte eine gute Milliarde fällig sein können. Die 500 000 Pfund, die Denham vorschlägt, sind die Höchststrafe unter dem vorher geltenden britischen Regelwerk.

Die Kanadierin ist eine der mächtigsten Frauen im Wirtschaftsleben des Königreichs. Der Branchendienst Data-IQ kürte sie in diesem Jahr zur einflussreichsten Person Großbritanniens für die Themen Datenverarbeitung und -sicherheit.

Denham fing im Sommer 2016 als Information Commissioner an, ihr Fünfjahresvertrag ist mit jährlich 140 000 Pfund dotiert. Zuvor saß sie auf dem gleichen Posten in der kanadischen Provinz British Columbia an der Pazifikküste. Sie hat auch in der Bundesbehörde für Datenschutz in der kanadischen Hauptstadt Ottawa gearbeitet. Denham studierte in Vancouver in British Columbia Geschichte, Archivwesen und Informationswissenschaft. Ihr erster Job mit Verantwortung war die Leitung des Stadtarchivs im kanadischen Calgary.

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Ansonsten hält sich Denham mit Angaben zu ihrer Herkunft, ihrer frühen Karriere oder ihrem Privatleben zurück - irgendwie passend für die oberste Datenschützerin. Da sie ihr Studium 1977 angefangen hat, dürfte sie heute Ende 50 sein. Überhaupt nicht zurückhaltend ist sie, wenn es darum geht, in Interviews oder auf Podien die Wichtigkeit des Datenschutzes und ihrer Behörde herauszustellen. Sie schreckt auch nicht davor zurück, die Regierung öffentlich um mehr Geld anzugehen.

So beklagte sie im vergangenen Jahr, dass ihr Amt Fachleute an Unternehmen verliere, weil das ICO nicht gut genug bezahle. Zugleich gebe es wegen der Vorbereitungen für die neue Datenschutzgrundverordnung mehr zu tun. Die Arbeit der Behörde gleiche einem "Reifenwechsel am fahrenden Auto".

Die hohe Strafe gegen Facebook und die ausführliche Untersuchung von Parteien und Kampagnen begründet sie damit, dass solche Skandale der Demokratie schaden könnten. Geldbußen und Verfahren seien die gerechte Strafe für Übeltäter, doch "mein wirkliches Ziel ist es, Änderungen herbeizuführen und das Vertrauen in unser demokratisches System wiederherzustellen", sagt sie. Die Ermittlungen ihrer Behörde dauern an.

© SZ vom 12.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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